Was bedeutet aus Ihrer Sicht für Menschen mit einer körperlichen, sozialen oder geistigen Einschränkung gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben?
Ich habe vor meinem Einstieg in die Pharmaindustrie einige Jahre als Arzt gearbeitet. Dabei habe ich selbst erlebt, wie schnell es passieren kann, dass man plötzlich vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen ist. Denken Sie zum Beispiel an Senior*innen in Pflegeheimen oder an Hochrisikopatient*innen während der Corona-Pandemie, die sich aus Sorge um ihre Gesundheit schon seit zwei Jahren stark isolieren. Und gerade Menschen mit Behinderung kämpfen, wie wir wissen, seit jeher für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben.
Ich bin davon überzeugt, dass wir als Gesellschaft in allen Bereichen unseres Lebens Konzepte vorantreiben müssen, die Menschen mit Behinderungen, altersbedingten Einschränkungen oder chronischen Erkrankungen in ihrem Alltag besser integrieren. Denn eine gleichberechtigte Teilhabe bedeutet, dass alle Menschen – ob mit oder ohne Behinderungen - unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten. Und dafür setzen wir uns als pharmazeutisches Unternehmen gezielt ein.
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Sind technische Neuerungen der Königsweg in Sachen Teilhabe? Oder können sich technische Lösungen auch als Inklusionshindernis erweisen?
Novartis setzt konsequent auf Digitalisierung. Wir sehen darin großes Potenzial, Lücken in der Versorgung zu schließen und gleichzeitig Kosten zu senken. Ärzt*innen können auf neue wirksame Instrumente zugreifen, um die Lebensqualität von Patient*innen zu verbessern. In der Tat müssen wir jedoch aufpassen, dass wir mit diesen Technologien nicht genau die Menschen ausschließen, für die sie eine Hilfestellung sein können. Wir beobachten zum Beispiel, dass e-Health-Lösungen häufig noch nicht barrierefrei sind.
Entscheidend für den Erfolg aller medizinischen Digitalisierungsprojekte ist, dass wir die Sicht der Patient*innen berücksichtigen, die von diesen Lösungen profitieren sollen – und zwar von Anfang an. Ihre Bedürfnisse müssen wir kennen, um ihnen Angebote mit einem echten Mehrwert zu machen. Deshalb binden wir idealerweise Patientenorganisationen schon zu Beginn in unsere Entwicklungsprojekte ein, um die Chancen und Herausforderungen digitaler Gesundheitslösungen aus Patientensicht zu verstehen.
Was kann getan werden, dass es in diesem Bereich mehr Innovationen gibt?
Innovationsfähigkeit ist nicht nur eine Frage des Know-hows, sondern auch der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Partnern. Bei Novartis wollen wir in Zukunft stärker unsere wissenschaftlichen Erfolge mit innovativen digitalen Technologien kombinieren, um die Behandlungsergebnisse für Patient*innen zu verbessern. Dazu suchen wir Kooperationspartner aus der Tech-Industrie und Unterstützer aus Wirtschaft und Politik.
Es gibt in Deutschland ein pulsierendes Ökosystem an innovativen e-Health-Projekten, und wir sehen uns in der Verantwortung, gute Ideen auch außerhalb des Konzerns zu fördern. Deshalb hat Novartis Deutschland vor fünf Jahren den Digitalen Gesundheitspreis (DGP) ins Leben gerufen. Seitdem ehren und unterstützen wir mit dem DGP zahlreiche Unternehmen und Projektinitiator*innen, die kreative Ideen für die Gesundheitsversorgung der Zukunft entwickeln.
Für die fünfte Ausgabe des DGP im März haben wir uns zusätzlich das Ziel gesetzt, die Inklusion durch Digitalisierung noch weiter voranzubringen. Daher haben wir unter der Schirmherrschaft der Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. den Sonderpreis #TeilhabeDurchDigitalisierung ins Leben gerufen. Mit dem Sonderpreis werden wir nicht nur ein Projekt fördern, das Menschen mit Behinderungen dabei hilft, alltägliche Aufgaben selbständig zu bewältigen, sondern möchten auch andere dazu anspornen, es den Preisträger*innen gleichzutun.
Wie lässt sich das Zusammenspiel von neuer Technik und gesellschaftlicher Akzeptanz in Sachen Inklusion/Teilhabe optimal organisieren?
Wir müssen uns noch stärker für eine barrierefreie Teilhabe einsetzen. Wir versuchen unseren Beitrag zu leisten: Novartis sponsort beispielsweise den Deutschen Hörfilmpreis und hat auch die Grundlagenarbeit für das Projekt „Inklusives Design“ des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes unterstützt, das die sehbehindertengerechte Gestaltung von Internetseiten und Printprodukten erleichtert. Auch auf unseren Webseiten arbeiten wir daran, möglichst barrierearm zu sein. Und als Arbeitgeber bekräftigen wir unser globales Engagement für die Gleichstellung und Integration von Mitarbeiter*innen mit Behinderungen und beziehen ihre Perspektive in relevante Standards und Praktiken ein.
Ich denke, es ist entscheidend, dass wir die Inklusion im Bewusstsein aller Menschen in sämtlichen Bereichen des Lebens weiter verankern, sei es im Gesundheitsweisen, durch soziales und kulturelles Engagement oder in der Verantwortung als Arbeitgeber. Wenn wir diese breite gesellschaftlichen Basis schaffen, schaffen wir damit auch den fruchtbaren Boden für technische Neuerungen und kreative Innovationen.