Das Digitalradio-Board beim BMVI hat eine Roadmap für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter entworfen. Das Papier enthält ein Maßnahmenbündel aber keine verbindlichen Termine. Wo sehen Sie Deutschland auf dem Weg zur Hörfunk-Digitalisierung?
Die Consumer-Electronics-Industrie unterstützt die Digitalisierung des Hörfunks und insbesondere den Standard DAB+. In Zeiten der Digitalisierung und Vernetzung aller Lebensbereiche kann Hörfunk nicht als einzige Infrastruktur im Analogen verbleiben, zudem bringt Digitalradio zahlreiche Vorteile für Hörer und Veranstalter. Es hat sich aber gezeigt, dass es aufgrund vielschichtiger Interessen der Marktteilnehmer einer Moderation durch die Politik bedarf. Daher begrüßen wir die Initiative des BMVI, auf eine schrittweise Überführung des Hörfunks ins Digitale hinzuwirken. Der Aktionsplan des BMVI greift die unterschiedlichen Aufgabenfelder auf und benennt klar die Herausforderungen. Dass es nicht möglich war, über einen verbindlichen – bzw. überhaupt über einen Zeitpunkt zur Beendigung der analogen Hörfunkverbreitung – Konsens zu erzielen, bedauern wir. Von einer klaren Roadmap für die Ablösung von UKW durch Digitalradio sind wir noch weit entfernt. Ein unbegrenzter Parallelbetreib wird den nötigen Anschub für die Migration nicht leisten können. Anzuerkennen ist aber, dass es das BMVI mit dem Aktionsplan geschafft hat, die unterschiedlichen Interessen zu vereinbaren. Der ZVEI hat sich im Rahmen des Digital Radio Board eingebracht und unterstützt das Ergebnis. Über die Umsetzung der Maßnahmen wird man sich im Einzelnen noch verständigen müssen. Der ZVEI begleitet den Prozess und steht hierzu im Dialog mit verschiedenen Marktbeteiligten.
Eine der zentralen Maßnahmen ist die Smart-Radio-Regelung, nach der künftig alle Hörfunkempfangsgeräte mindestens eine digitale Schnittstelle enthalten soll. Was halten Sie von diesem Vorschlag?
Die so genannte Smart-Radio-Regelung sehen wir als politisches Signal für die Digitalisierung des Hörfunks, und als solches ist sie anzuerkennen. Ob damit der gewünschte Anschub bei der Haushaltsausstattung zu erreichen ist, bleibt abzuwarten. Um eine wirkliche Wirkung zu entfalten, wäre eine europaweit geltende Regelung notwendig. Wichtiger ist aus unserer Sicht allerdings das Bekenntnis, dass alle EU-Mitgliedsstaaten beim Digitalradio auf die gleiche Technologie setzen. Denn dann wird es für die Hersteller von Endgeräten deutlich einfacher, den Markt mit den passenden Empfängern auszustatten. Zu begrüßen ist, dass das BMVI auf eine technologieneutrale Formulierung abzielt und die Verbraucherinteressen im Blick behält.
Klar ist ohnehin: Eine Geräte-Regulierung ist kein Allheilmittel für den Erfolg von Digitalradio. DAB+-Geräte sind, ebenso wie Internetradio, bereits verfügbar – in allen Preisklassen und oft auch als Kombi-Geräte (DAB+/IP). Entscheidend ist vielmehr eine klare Migrationsstrategie der Inhalte-Anbieter, einschließlich Kommunikations-und Marketing-Aktivitäten. Es gibt bereits viele gute und interessante Programmangebote die den Mehrwert von DAB+ erlebbar machen.
UKW-Frequenzen, die öffentlich-rechtliche Anbieter nicht mehr nutzen, sollen nicht mehr zur Verfügung stehen. Wie bewerten Sie diese Maßnahme?
Das gemeinsame mittelfristige Ziel der an der Roadmap Beteiligten ist die Weiterentwicklung des Rundfunks in die digitale Welt, deshalb trägt auch der ZVEI die vorgeschlagenen Maßnahmen grundsätzlich mit. Die Entwicklung von neuen Programmangeboten sollte ab jetzt in DAB+ stattfinden.
Breitband-Internet und DAB+-Infrastruktur sollen ausgebaut werden. Wie weit hängt Deutschland in dieser Frage hinter der internationalen Entwicklung her? Und: Reichen die Bemühungen der Politik aus?
Mit Blick auf DAB+ ist die Abdeckung in Deutschland bereits sehr gut und wird stetig verbessert. Der bundesweite Multiplex ist mit 110 Senderstandorten zu Ende 2016 nahe an der Vollversorgung. Ein zweiter bundesweiter Multiplex wird folgen. Auch die (Weiter-) Entwicklung regionaler und lokaler Sendenetzwerke ist in vollem Gange und wird hoffentlich bald bundesweit zu entsprechend guter Versorgung führen. Für die netzseitige Verfügbarkeit des digitalen Radios in Deutschland ist also gesorgt. Der Breitbandausbau ist eines der erklärten Ziele der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode und wird auch sicher auf der Agenda der neuen Regierung stehen. Hier sind wir auf einem guten Weg, aber einiges liegt noch vor uns. Der ZVEI fordert daher für Industrie und Gewerbe bis 2025 flächendeckend Zugang zu Gigabitnetzen.