Bei einer Präsentation hat sich die Googles Duplex am Telefon täuschend echt menschlich verhalten – wie realistisch ist es, dass wir persönlich KI-Assistenten in näherer Zukunft auch für Privatpersonen üblich sind?
Schön, dass es Google Duplex gibt. Aber „täuschend echt“ sind eigentlich nur die grammatikalisch richtige Reihenfolge der Wörter in den meisterhaft programmierten Textbausteinen sowie der von begabten Sound-Ingenieuren einfühlsam konstruierte menschenähnliche Klang der Stimme. Mit dem in der langen Evolution des Homo sapiens entwickelten Gesamtkunstwerk der menschlichen Sprache – als wichtigem Teil des außerordentlich vielfältigen menschlichen Sozialverhaltens – haben derartige KI-Lösungen allerdings nur sehr wenig zu tun. Denn der allergrößte Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation, und gerade auch unser wichtigstes Kommunikationsinstrument, die Sprache, funktionieren durch die sehr komplexe Verbindung von kognitiver, emotionaler und sozialer Intelligenz. Dafür sorgen bei jedem Individuum das Zusammenspiel von hunderten Milliarden Nervenzellen sowie die Kooperation mit anderen Menschen. Von dieser neuronalen, sozialen und emotionalen Komplexität der menschlichen Intelligenz ist die sogenannte künstliche Intelligenz (KI) sehr weit entfernt! Deshalb wird sich der Einsatz von Google Duplex (und ähnlichen KI-Lösungen) auch zukünftig auf jene Aspekte der Kommunikation reduzieren, bei denen es vor allem um einen sachlichen Informationsaustausch mit geringem Emotionsanteil geht. Für diese sachlich orientierte Kommunikation gibt es freilich auch in unserem Privatleben viele nützliche Anwendungsmöglichkeiten, von diversen Sprach- und Kommunikationsprogrammen in unseren Smartphones bis hin zur interaktiven Sprachsteuerung vieler Funktionen im Auto und zukünftig wohl auch in unseren – durch das „Internet der Dinge“ vernetzten – Haushalten. Mittelfristig könnten sich derartige Anwendungen zu unserem persönlichen KI-Alltagsassistenten, quasi einem virtuellen Butler James, weiterentwickeln. Allerdings sollten wir bei dem damit verbundenen intimen Einblick in unser Privatleben auf den Datenschutz nicht vergessen.
Welche Auswirkungen könnten menschlich klingende KI-Lösungen auf den Arbeitsmarkt haben – auf Assistenz-Tätigkeiten, aber auch auf Jobs von Callcenter-Agents oder Radiomoderatoren o.ä.?
Auch im Alltag der zukünftigen Arbeitswelt werden wir virtuelle Sprachassistenten auf der Sachebene der beruflichen Kommunikation immer öfter finden. Diese Programme werden für die bereits angesprochene interaktive Sprachsteuerung vieler Arbeitsgeräte sorgen, werden als virtuelle Callcenter-Agents Antworten auf einfache Fragen geben sowie im Radio den Wetterbericht, die Verkehrsmeldungen, die Sportergebnisse und die Lottozahlen präsentieren. Aber der Mensch wird auch in der Arbeitswelt der Zukunft im Mittelpunkt bleiben. So werden etwa in den Medien all jene Formen der Kommunikation, die mit Emotionen und Kreativität verbunden sind, noch langfristig den Menschen vorbehalten sein. Dies gilt für die lebendige Moderation von Talkshows und Nachrichtensendungen ebenso wie für emotionsgeladene Kommentare zu Sport- oder Kulturevents. Und auch im großen Rest der Arbeitswelt werden vor allem Menschen mit Menschen kommunizieren und digitalisierte Maschinen werden Werkzeuge des Menschen bleiben.
Nach welchen Regeln sollten sich derartige KI-Lösungen bei der Kommunikation zu erkennen geben?
Ähnlich wie bei der sinnvollen Pflicht zur Deklaration von Inhaltsstoffen in Lebensmitteln muss auch bei Kommunikationsprozessen klar sein, mit wem wir es zu tun haben. Denn auch „täuschend echt“ ist täuschend! Und wer will schon getäuscht und enttäuscht werden? Es ist kein Problem, wenn der Callcenter-Agent oder der Radiosprecher kein Mensch sondern eine Maschine ist, aber der Konsument muss darüber unmissverständlich informiert werden!
Welche Regeln müssen geschaffen werden, wenn derartige KI-Lösungen (geschäftliche) Absprachen untereinander treffen?
Rechtsverbindliche Absprachen im Geschäftsleben werden wohl auch zukünftig nur Menschen treffen. KI-Lösungen können freilich bei der Vorbereitung von geschäftlichen Vereinbarungen wichtige Dienste leisten, z. B. bei der Aufbereitung von Daten, bei der Zusammenfassung der Inhalte bisheriger Kommunikationsprozesse oder auch beim Vorschlag von Textbausteinen. Der entscheidende Handschlag oder die rechtsgültige Unterschrift werden aber auch in langfristiger Perspektive den Menschen vorbehalten bleiben. Denn bei den meisten Vereinbarungen geht es nicht nur um mathematische Rationalität sondern auch um Emotion und Intuition. Außerdem können Maschinen für die Folgen von Vereinbarungen nicht haften.