Deutschland steht vor einem Problem: Dürre und Starkregen werden immer häufiger. Dabei haben viele Regionen haben ein dauerhaftes sogenanntes "Wasserbilanz-Risiko". Prof. Dr. Dr. Walter Leal von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) fordert daher in der Fachdebatte auf Meinungsbarometer.info integrierte Lösungen für eine nachhaltige Wasserversorgung und gerechte Verteilung in Regionen mit dauerhaftem Wasserbilanz-Risiko. „Klimaanpassungsstrategien, etwa trockenresistente Pflanzen und Agroforstwirtschaft, erhöhen die Resilienz. Entscheidend ist zudem Bewusstseinsbildung, um sparsamen Umgang mit Wasser in der Gesellschaft zu verankern“, erklärt der Forscher. Durch technologische Innovation, strikte Regulierung und gemeinschaftliche Mitwirkung lasse sich langfristig eine ausgeglichene Wasserbilanz erreichen.
Das ist bei der Politik angekommen. NRW-Umweltminister Oliver Krischer betont, dass sein Land eigentlich kein Wasser-Mangel-Land ist. Aber auch er erlebt immer häufiger in trockenen Zeiten wie in diesem Frühjahr, dass regional die Ressource Wasser auch knapp werden kann. Daher sagte: „Wir müssen genauer bilanzieren und ganz konkret in den Regionen klären: Wo bekommt ihr das Wasser her, wenn ihr zu wenig habt?“ Zurzeit laufen in NRW mehrere Pilotprojekte, aus denen Standards abgeleitet werden sollen, um die Verteilung besser zu steuern. Landesweit soll daraus eine neue Wasserstrategie folgen.
Seit Thüringer Amtskollege Tilo Kummer Minister berichtet, dass sein bereits seit 2022 an der Umsetzung der Thüringer Niedrigwasserstrategie arbeitet. Es geht etwa darum, den Bedarf für Trink- und Brauchwasser abzuschätzen und die Versorgungssicherheit der Wasserversorgung zu prüfen. „Auf dieser Grundlage (Bilanzrisiken) können spezielle Maßnahmen für unterschiedliche Regionen geplant werden“. Hierzu zählen nach seinen Worten etwa mehr Verbundleitungen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit, aber auch die Überprüfung und Anpassung von wasserrechtlichen Entnahmeerlaubnissen.
In Rheinland-Pfalz sind laut Umweltminiseriun Katrin Eder eine Vielzahl von Maßnahmen im „Zukunftsplan Wasser“ verankert. „Diese betreffen sowohl den Schutz der Wasserressourcen als auch die Sicherstellung der Wasserversorgung in Kommunen, Landwirtschaft und Industrie.“
Der „Zukunftsplan Wasser“ bündelt dafür kurzfristige und langfristige strukturelle Anpassungen, um Rheinland-Pfalz gegenüber Trockenperioden, Hochwasser und Starkregenereignissen klimaresilient aufzustellen. Besonderen Wert legt das Land auf regionale Differenzierung, Sektor übergreifende Kooperation, digitale Werkzeuge, Risikokommunikation und innovationsgestützte Effizienz gelegt.
Hessens Umweltminister Ingmar Jung verfolgt ein integriertes Wasserressourcen-Management. Grundlage ist laut Jung der Zukunftsplan Wasser, der gemeinsam mit dem Klimaplan Hessen aufzeigt, wie wir eine langfristig sichere und gerechte Wasserversorgung gestalten – auch angesichts von Klimawandel und Bevölkerungswachstum. „Der Plan wurde in einem breiten Dialog mit Kommunen, Wasserversorgern, Umwelt- und Fachverbänden sowie der Landwirtschaft erarbeitet. Dabei setzen wir auf Maßnahmen wie die Stärkung der Grundwasserneubildung durch Rückhalt und Versickerung („Schwammstadt“), den Schutz vor Schadstoffeinträgen sowie den Ausbau interkommunaler Verbundsysteme, um Regionen in Trockenzeiten besser miteinander zu vernetzen.“ Auch der sparsamere Umgang mit Trinkwasser – etwa durch den Einsatz von Regen- oder Brauchwasser – ist ein wichtiges Thema.
Für Saarlands Umweltministerim Petra Berg ist in Anbetracht des Wasserbilanz-Risikos ein entschlossenes Handeln erforderlich. „Ein Paradigmenwechsel ist nötig: Statt Wasser vorrangig abzuleiten, müssen wir es in der Landschaft halten – für niederschlagsarme Zeiten.
Das gilt für landesweite und kommunale Konzepte, ebenso wie für private Grundstücke.“ Planungen müssen aus ihrer Sicht künftig Wassermangel und hohe Temperaturen berücksichtigen, die unsere Gewässer belasten. Nachhaltigkeit bedeute diese Ressourcen für heutige und künftige Generationen zu bewahren und zu schützen. Dabei gelte es auch Zielkonflikte in Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, die der Klimawandel verschärft, gemeinsam zu lösen.
In Sachsen-Anhalt rechnet Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann infolge des fortschreitenden Klimawandels mit mehr Starkregen. „Ende 2024 haben wir deshalb eine Hinweiskarte zu Starkregengefahren für unser Land veröffentlicht. Damit können Kommunen nun abschätzen, wo genau Starkregen zu Überflutungen führen kann – und entsprechend vorsorgen, um Menschenleben zu schützen und Schäden zu verhindern.“ Dafür hat das Land ein millionenschweres Förderprogramm aufgelegt. Mit „Klima III“ unterstützt das Land die Kommunen unter anderem bei Starkregenmanagement und Investitionen in die entsprechende Vorsorge.
Für seinen sächsichen Amtskollen Georg-Ludwig von Breitenbuch lassen sich Extremregen bzw. Starkregenereignisse sich als Naturereignisse nicht verhindern, sie können überall auftreten. Das heißt, es kann jeder potenziell betroffen sein. „Bisher sind diese Naturereignisse in Bezug auf Ort, Eintrittszeit und Intensität nicht exakt vorhersagbar. Das erschwert die Gefahrenabwehr oder macht diese sogar unmöglich.“ Deshalb sind ihm die Einführung und Umsetzung eines Starkregenrisikomanagements wichtig. Zunächst soll örtlich Gefährdung und Risiko z.B. unter Nutzung der sachsenweit verfügbaren „Hinweiskarten Starkregengefahren“ ermittelt werden.
Dirk van Riesen vom Umweltministerium in Schleswig-Holstein berichtet, dass sein das Beratungsangebot der Energie- und Klimaschutzinitative (EKI) für die Kommunen um dieses Thema erweitert hat. „Neben Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung von kommunalen Anpassungsmaßnahmen veranstaltet EKI Fachforen, Runde Tische und weitere Formate, um die Vernetzung der Kommunen zum Thema Klimaanpassung zu fördern.“ Darüber hinaus ist ihm das Thema Flächenentsiegelung wichtig. Damit mehr Wasser auch im städtischen Raum versickern könne, müssten weniger Flächen neu versiegelt und mehr Flächen entsiegelt werden. Dafür stünden Landes- und EU-Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bereit.
Laut Prof. Dr. Mark Oelmann Studiengangsleitung von Hochschule Ruhr West lassen sich Wasserverfügbarkeitsprobleme lassen sich angebots- sowie nachfrageseitig abmildern. Angebotsseitig verweist er etwa auf einen möglichen weiteren Bau von Talsperren oder dezentrale Formen der Niederschlagsentwässerung (Bsp.: Mulden- oder Rigolenversickerung) Wasser länger in der Region halten. Neben Trinkwasser für die Nutzung in Haushalten/Gewerbebetrieben lasse sich Niederschlagswasser etwa für die Parkbewässerung oder auch aufbereitetes Abwasser angepasst für die Bewässerung der unterschiedlichen Arten von Feldfrüchten oder der Belieferung von Industrie einsetzen. Auch Grundwasserkörper lassen sich künstlich anreichern. Und last but not least lässt sich Wasser zwischen Regionen transportieren. Nachfrageseitig sei man in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern zumeist noch „unterbelichtet“. „Die Region Kapstadt etwa zeigte eindrücklich, wie dort in der großen Wasserkrise 2015 bis 2018 das nachfrageseitige Eingreifen die nachgefragte Menge um 55% vermindern half.“ Nur so kam es nicht zu dem bereits ausgerufenen „Day Zero“. „Vereinfacht gesprochen geht es hier stets um eine Kombination aus Ge- und Verboten, technischen Lösungen, Informationsbereitstellung für die Bevölkerung und preislichen Anreizen."



