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Wie Insurtechs den Versicherungsmarkt verändern

Und welche Regeln künftig gebraucht werden

Prof. Dr. Hato Schmeiser - Geschäftsführender Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universtät St. Gallen Quelle: I.VW Prof. Dr. Hato Schmeiser Geschäftsführender Direktor Institut für Versicherungswirtschaft an der Universtät St. Gallen 19.10.2020
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"Die Schweizer Assekuranz befindet sich in einer digitalen Transformation", stellt Prof. Dr. Hato Schmeiser von der Universität St. Gallen fest. Der renommierte Experte für Versicherungswesen und Risikomanagement kennt dafür eine Reihe von Gründen. Nun brauche es bei den klassischen Unternehmen neben der Modernisierung der IT-Infrastruktur einen Kulturwandel in der Belegschaft.







Die Prozesse in der Versicherungswirtschaft werden durch die Digitalisierung verändert. Wo steht die Branche in der Schweiz aus Ihrer Sicht auf dem Weg der digitalen Transfor­mation?
Die Schweizer Assekuranz befindet sich in einer digitalen Transformation. Ausgelöst wurde dieser Wandel vor allem dadurch, dass immer mehr innovative Startups – sogenannte Insur­techs – mit digitalen Geschäftsmodellen in den Versicherungsmarkt eindrangen. Durch die zunehmende Bedeutung von Insurtechs waren etablierte Versicherer gezwungen, sich einge­hend mit ihrer Digitalstrategie zu beschäftigen. Als zentrale Herausforderung wurde dabei vor allem das Modernisieren der IT-Systeme identifiziert. Denn ohne eine moderne IT-Infra­struktur lassen sich digitale Geschäftsmodelle nicht realisieren. Angesichts der seit Jahren ge­wachsenen Strukturen nahm die Modernisierung der IT-Systeme viele Ressourcen in An­spruch und wurde bei zahlreichen Versicherern erst vor kurzem abgeschlossen oder dauert immer noch an.

Ein weiterer Aspekt, der für den Erfolg von Digitalisierungsprojekten eine wichtige Rolle spielt, ist die Frage, inwiefern der Kulturwandel zu einem digitalen Mindset in der eigenen Belegschaft gelingt. Hier versuchen Versicherer durch verschiedene Projekte, die Offenheit für Innovationen bei den Mitarbeitenden zu fördern.

Insgesamt kann man festhalten, dass die Schweizer Assekuranz bereits einige Hürden auf dem Weg der digitalen Transformation genommen hat, aber noch viele Herausforderungen auf sie warten. Insbesondere die Covid-19-Pandemie könnte den Digitalisierungsdruck dabei noch einmal erhöhen, da sich nun mehr Kunden digitale Dienstleistungen wünschen. Von Vorteil könnte sein, dass grosse Teile der Belegschaft von Versicherungsunternehmen während des Lockdowns positive Erfahrungen mit digitalen Technologien machen konnten und so dem digitalen Wandel im eigenen Unternehmen offener gegenüberstehen.

Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich für die Produkte der Branche aus datengetrieben Anwendungen wie etwa «Predictive Analytics»?
Datengetriebene Anwendungen bieten für Versicherer zahlreiche Möglichkeiten. Auf Ebene der Kundenbeziehung kann man mit Hilfe der bereitgestellten Daten Produkte stärker indivi­dualisieren. Ausserdem kann man die Customer Experience verbessern, indem man an aus­gewählten Stellen automatisierte Kommunikationskanäle anbietet. Aus interner Sicht bieten datengetriebene Anwendungen ausserdem viele Möglichkeiten, Kosten zu senken. So kann man beispielsweise die Schadenbearbeitung teilweise automatisieren oder die Betrugserken­nung mit Hilfe neuer Software verbessern.

Will man die oben beschriebenen Geschäftsmöglichkeiten realisieren, muss man einige Her­ausforderungen meistern. Hierzu zählen zum einen die Modernisierung der IT-Infrastruktur und ein Kulturwandel in der Belegschaft, worauf bereits eingegangen wurde. Weiterhin ist zu beachten, dass datengetriebene Anwendungen nur so gut wie die Daten sind, auf denen ihre Entscheidungen basieren. Nur wenn man genau festlegt, wie man eine hohe Datenqualität sichern will, lassen sich Technologien wie «Predictive Analytics» sinnvoll implementieren und nutzen.

Welche Möglichkeiten und Gefahren sehen Sie, wenn Algorithmen und KI-Anwendungen mit Kundendaten arbeiten?
Zunächst bieten KI-Anwendungen die Möglichkeit, die asymmetrische Informationslage zwi­schen Versicherer und Versicherten abzubauen. Dadurch können Versicherungsleistungen ef­fizienter bereitgestellt werden. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass die Gesamtheit der Versi­cherten hiervon in aller Regel profitiert, dies aber nicht für jeden einzelnen Versicherungsneh­mer gilt.

Demgegenüber stehen Gefahren, die im Zusammenhang mit KI-basierten Entscheidungen ste­hen. Eine Gefahr, die in diesem Kontext von besonders hoher Bedeutung ist, ist, dass Regulie­rungsbehörden, Kunden sowie die Öffentlichkeit nicht transparent nachvollziehen können, wie ein Algorithmus zu einer Entscheidung kommt. Hier müssen Versicherer Wege finden, die Entscheidungsfindung adäquat zu kommunizieren.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssten eventuell angepasst werden, um die di­gitale Transformation der Versicherungsbranche zu unterstützen?
Hier gibt es vor allem zwei Felder, die für die Assekuranz von grosser Bedeutung sind. Ein Feld resultiert aus der zunehmenden Tendenz zur Kopplung von Versicherungsprämien und Datenüberlassung, die man zum Beispiel bei Pay-As-You-Drive-Konzepten in der Motorfahr­zeugversicherung findet. Hier bezahlt der Versicherte die erhaltenen Leistungen nicht nur durch Geld, sondern auch durch die Daten, die er im Rahmen des Versicherungsvertrags dem Versicherer überlässt. Da diese Art von Verträgen relativ neu ist, besteht dahingehend Klä­rungsbedarf, wie eine solche Datenüberlassung als entgeltliche Leistungen aus rechtlicher Sicht ausgestaltet werden sollte.

Ein zweites Feld, in dem rechtliche Rahmenbedingungen eventuell angepasst werden sollten, umfasst die Regulierung von Insurtechs. Diese sehen sich häufig mit hohen aufsichtsrechtli­chen Anforderungen konfrontiert, was mitunter dazu führen kann, dass innovative Geschäfts­modelle nicht realisiert werden. Hier stellt sich die Frage, wie man Insurtechs teilweise von regulatorischen Anforderungen befreien kann, ohne Kundenansprüche unverhältnismässig zu gefährden – insgesamt keine leichte Aufgabe.

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