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Wer will das individualisierte Radio?

Wie radio NRW sich den digitalen Herausforderungen stellt

Christopher Witte, Leiter Digital bei radio NRW Quelle: radio NRW/ Roland Breitschuh Christopher Witte Leiter Digital radio NRW 20.06.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Neue Technologien sind für die Macher von radio NRW Technologien "eher stimulierend und inspirierend als Angst einflößend". Christopher Witte (Leiter Digital bei radio NRW) und Thomas Rump (Programmdirektor von radio NRW) über die Konkurrenz von Streamingdiensten, klassisches Radio und neue Features aus der digitalen Zukunft.







Das klassische lineare Radiohören ist noch immer eine Erfolgsformel. Passt das angesichts von Streaming und Co. noch in unsere digitale und individualisierte Medienwelt?
Analog zu linearem TV und VoD-Diensten verhält es sich auch mit Radio, Audiostreaming und z. B. Podcasts. Hier geht es um verschiedene Bedürfnisse der Nutzer, die situationsbedingt entweder das eine oder das andere einsetzen wollen. Radio wird sich auch in Zukunft weiter auf seine Kernkompetenzen wie tagessituative Begleitung, Emotionalität, Lokalität, Unterhaltung, Einordnung von Ereignissen und Lokalität fokussieren müssen, um den entscheidenden Unterschied zu Streamingdiensten deutlich zu machen.

Schon bald sollen Köpersensoren nicht mehr nur unsere körperliche Belastung auswerten, sondern auch unsere Stimmungslage analysieren und daraufhin die passende Musik abspielen? Wie bewerten Sie solche Trends?
Aus technischer Sicht im Sinne einer Massentauglichkeit würden solche Sensoren nur dann schlüssig sein, wenn sie in gängigen Devices wie Smartphones verbaut wären und dann je nach Stimmung, in der sich der Nutzer befindet, die Musikauswahl anpassen würden. Das ist allerdings derzeit maximal Zukunftsmusik. Ob man sich als Hörer bzw. Nutzer so weitgehend in seiner Stimmungslage analysieren lassen will, das müsste sich erst zeigen. Ein technischer Vorgang, der emotionale Belange bewertet und dann auf Basis einer Programmierung die Musikauswahl entsprechend steuert, kommt einer emotionalen Entmündigung und einer großen Fremdbestimmtheit sehr nahe. Die Frage wird sein, ob solch ein Eingriff in die Persönlichkeit des Nutzers in diesem Ausmaß gewünscht ist.

Welche Möglichkeiten haben die Radiomacher individueller auf Hörerbedürfnisse einzugehen, bsw. während der Autofahrt?
Technisch ist da derzeit nur wenig möglich – sowohl bei UKW als auch DAB+, weil beide keine Rückkanäle besitzen. Das klassische Radioprogramm ist immer von Kompromissen geprägt, da man nicht den individuellen Geschmack jedes einzelnen Hörers punktgenau treffen kann. Aber es gibt natürlich auch viele Gemeinsamkeiten wie z. B. die Primetime am Morgen oder die Drivetime am Nachmittag. In diesen Zeitspannen befindet sich ein Großteil der Hörer in einer ähnlichen emotionalen Verfassung, in der man ihn gut abholen kann. Es ist nicht so entscheidend, welche Inhalte man im Detail setzt, sondern welche Anmutung eine Programmstrecke hat. Und diese wird hauptsächlich über die Musikauswahl geprägt. Die Frage ist, ob die Hörer sich in bestimmten Situationen überhaupt eine Individualisierung von ihrem Radio wünschen oder sich lieber von einem Programm überraschen lassen wollen.

Revolutionäre Software wie Googles Duplex im Zusammenhang mit KI könnten bald sogar den Job eines Radiomoderators übernehmen. Machen Ihnen solche Trends Angst oder stimulieren sie das Produkt Audio und Radio?
Google Duplex ist derzeit noch weit davon entfernt, die Rolle eine Radiomoderators zu übernehmen. Zunächst hat Google selbst verlauten lassen, dass Duplex bisher nur in sehr engen Korridoren der Interaktion funktioniert (z. B. Telefonate, die auf Abfrage bzw. Austausch von Fakten beruhen) und dann bezieht sich die Funktionalität tatsächlich auf eine Interaktion mit einem Gegenüber. Eine gesprächsähnliche Situation ist bei Radiomoderatoren nicht gegeben. Sie richten sich natürlich in ihrer Moderation an die Hörer, interagieren aber nicht direkt mit ihnen. Google Duplex benötigt aber noch einen direkten Input, um reagieren zu können. Von daher sind diese Technologien für uns derzeit eher stimulierend und inspirierend als Angst einflößend.

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