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Wer für KI-Werke entlohnt werden muss

Und warum das Urheberrecht dafür dringend modernisiert werden sollte

Dr. Marc Scheufen - Big-Data-Analytics, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Quelle: IW Köln Dr. Marc Scheufen Big-Data-Analytics Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. 23.05.2019
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Wenn das deutsche Urheberrecht also nicht bald eine Antwort auf die Frage hat, wer Urheber KI-erzeugter Produkte ist, so könnte dies gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung neuer KI-Systeme und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Datenzeitalter haben", sagt Dr. Marc Scheufen vom Institut der deutschen Wirtschaft. Er hat klare Vorstellungen, wer Rechte erhalten sollte - und wer oder was nicht.







Kunst-Drucke, Pop-Songs, Stimmungsmusik – immer mehr Werke werden von Künstlicher Intelligenz erschaffen. Inwieweit sehen Sie das Urheberrecht darauf vorbereitet?
Das Urheberrecht soll Anreize schaffen, in die Entwicklung von Werken der Literatur, Kunst und Wissenschaft zu investieren – hier ermöglicht das Urheberrecht in Form eines exklusiven Verwertungsrechts, dass der Produzent von Kunst-Drucken, Pop-Songs oder Stimmungsmusik die Möglichkeit hat, von seiner Arbeit leben zu können. Wenn das deutsche Urheberrecht also nicht bald eine Antwort auf die Frage hat, wer Urheber KI-erzeugter Produkte ist, so könnte dies gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung neuer KI-Systeme und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Datenzeitalter haben.

Das Urheberrecht dahingehend zu ändern, dass einer KI selbst die Urheberschaft zugesprochen werden könnte, ist indes ökonomisch nicht zu rechtfertigen und zudem unvereinbar mit dem Grundgedanken des Urheberrechts kontinentaleuropäischer Herkunft. Schließlich verstehen wir das Urheberrecht und damit einhergehende Persönlichkeitsrechte im Sinne eines naturrechtlichen Verständnisses als Erweiterung der persönlichen und individuellen Identität. Deshalb betont das Urheberrecht den Schutz „persönlicher geistiger Schöpfungen“ (§ 2 UrhG). Eine Maschine wird diesem Anspruch nicht gerecht.

In einigen Ländern werden den Programmierern von KI zugrunde liegender Software Urheberrechte eingeräumt. Wie finden Sie diese Lösung?
Dem Programmierer einer KI das Urheberrecht für KI-erzeugte Produkte zuzusprechen ist aus ökonomischer Sicht der einzige sinnvolle Weg. Schließlich investiert der Programmierer Zeit und Geld in die Entwicklung seiner KI. Mit der Aussicht, von den hieraus erzeugten Produkten nicht profitieren zu können, wird der Programmierer schließlich auch keinen Anreiz haben in die Entwicklung solcher KI-Systeme zu investieren. KI-Entwicklung muss sich lohnen – nur so wird der Wirtschaftsstandort von den enormen Wertschöpfungspotentialen im Bereich Künstlicher Intelligenz profitieren!

Songs im Stil der Beatles, neue Harry-Potter-Kapitel oder Game-Of-Thrones-Bücher. Wie sollten die Referenzen für solche KI-Produktionen geschützt werden?
Selbstverständlich sollten KI-erzeugte Werke der Literatur und Kunst (einschließlich Musik) denselben Schutz genießen, wie John Lennon oder Paul McCartney für ihre Songs und Liedtexte. Allerdings muss sich eine KI dann auch an derselben Schöpfungshöhe messen lassen. Das heißt, um urheberrechtlichen Schutz zu genießen, muss das KI-erzeugte Werk mehr sein als eine bloße Abwandlung eines Songs oder Buchs. Dem Gegenüber stehen aber auch dieselben Pflichten für eine Künstliche Intelligenz. Zwar ist mit wenigen Ausnahmen für die Bearbeitung eines Werks grundsätzlich nicht die Zustimmung des Urhebers notwendig (§ 23 S. 2d UrhG), für die Veröffentlichung einer Bearbeitung hingegen schon (§ 23 S. 1 UrhG). Vor diesem Hintergrund werden die Referenzen für solche KI-Produktionen ausreichend geschützt. Da KI-erzeugte Werke der Literatur und Kunst diese Referenzen als Daten zugrunde legen, auf deren Basis neuartige Werke geschaffen werden sollen, könnte man gegebenenfalls über eine Entlohnung dieser Urheber – z.B. über eine Verwertungsgesellschaft – nachdenken.

Apps wie etwa Humptab erarbeiten ganze Werke aufgrund bruchstückhafter Ideen der Nutzer – wie lässt sich menschliche Schöpfung und die Arbeit von KI voneinander abgrenzen bzw. gewichten?
In diesem Zusammenhang sollte einmal mit den Begriffen „Künstliche Intelligenz“ und „Autonomie“ aufgeräumt werden, zumal diese mehr versprechen, als KI-Systeme in der Lage sind zu leisten. KI-Systeme sind immer noch menschengemachte Produkte und vor diesem Hintergrund sind KI-Entscheidungen letztendlich auch Entscheidungen des Menschen. Hier sollte nicht abgegrenzt werden, geschweige denn – wie in der juristischen Diskussion teilweise debattiert wird – einer KI eine eigene Rechtspersönlichkeit zugeordnet werden.

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