Menue-Button
WERBUNG
LIVE-WEBINAR FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE - Mit Personality und Fachwissen zur starken Marke werden
← FACHDEBATTE
Interview07.03.2025

Was ein wettbewerbsfähiger und nachhaltiger Standort Europa braucht

Der WEPA-Vorstandsvorsitzende über Wege zur ressourcenschonenden und klimaneutralen Industrie

Martin Krengel - Vorstandsvorsitzender der WEPA Gruppe Quelle: WEPA Martin Krengel Vorstandsvorsitzender WEPA Gruppe
INITIATORIN DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
Founder & Herausgeberin
Meinungsbarometer.info
ZUR FACHDEBATTE

Ein europäischer Industrievertrag sollte aus Sicht des WEPA-Vorstandsvorsitzenden Martin Krengel, "Initiativen vorantreiben, die eine ressourcenschonende und klimaneutrale Industrie ermöglichen". Von der Politik wünscht er sich pragmatische Vorgaben und ein zielorientiertes Vorgehen.





Die energieintensiven Unternehmen fordern einen neuen Industrievertrag in Europa und Unterstützung. Welche Rahmenbedingungen brauchen die Unternehmen konkret?
Als WEPA produzieren wir innovative Hygienepapierlösungen, mit denen wir jeden Tag und überall für Wohlbefinden und ein sicheres Hygienegefühl sorgen. So leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft und Millionen Menschen in Europa. Damit wir diesen Mehrwert langfristig sichern können, müssen wir nachhaltig wirtschaften. Dabei verfolgen wir einen holistischen Ansatz, der wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.

Ein zentraler Bestandteil dieses Ansatzes ist die Kreislaufwirtschaft. Indem wir Ressourcen effizient und so sparsam wie möglich einsetzen, fördern wir die Wiederverwendung und das Recycling von Materialien. Das bedeutet, dass wir konsequent auf nachhaltige Produktionsprozesse setzen und Produkte aus recycelten Fasern und alternativen Rohstoffen herstellen. Dies ist ein entscheidender Hebel, um den Ressourcenverbrauch zu senken und die Klimaneutralität voranzutreiben. Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft brauchen wir jedoch eine sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Energieversorgung – bestenfalls standortnah produziert und zu wirtschaftlich tragfähigen Bedingungen.

Daher setzen wir uns für industriepolitische Rahmenbedingungen ein, die Investitionen in Schlüsseltechnologien fördern, ein verlässliches wirtschaftliches Umfeld schaffen und Unternehmen bei der Transformation hin zur CO₂-Neutralität unterstützen. Diesen industriepolitischen Ansatz sehen wir auch in der „Antwerp Declaration“ verankert, zu der wir uns im Februar 2024 bekannt haben. Europa braucht eine Industriepolitik, die sich am ordnungspolitischen System der Sozialen Marktwirtschaft orientiert. Dazu gehören neben einem wettbewerbsfähigen Energiekonzept auch Impulse zur Förderung der Kreislaufwirtschaft sowie Maßnahmen zur Unterstützung nachhaltiger Produktionsweisen.

Ein europäischer Industrievertrag sollte daher Initiativen vorantreiben, die eine ressourcenschonende und klimaneutrale Industrie ermöglichen – durch den Ausbau erneuerbarer Energien, den verstärkten Einsatz recycelter Materialien und die Förderung einer nachhaltigen Bioökonomie. Denn nur wenn diese Faktoren zusammenspielen, können Unternehmen wie WEPA ihren gesellschaftlichen Beitrag langfristig leisten und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Europa erhalten.

Gefordert wird auch ein schnellerer Ausbau der Windenergie - wie sehen Sie diese Forderung?
Ein schnellerer Ausbau der Windenergie ist essenziell für die Transformation der Industrie und die Erreichung der Klimaziele. Als europäisches Familienunternehmen mit 14 Werken, fühlt sich WEPA in hohem Maße seinen Standorten verbunden und übernimmt auch über das eigene Unternehmen hinaus gesellschaftliche Verantwortung gemäß unserer Unternehmenswerte Respekt, Engagement und Nachhaltigkeit. Mit unserer Energie- und Nachhaltigkeitsstrategie legen wir die Grundlage, um dazu beizutragen, die Erderwärmung auf 1,5° C zu begrenzen. Bis 2030 wollen wir unsere CO2 Emissionen um 52,5 % in den Scopes 1,2 und in 3 reduzieren. 2023 hat sich WEPA der Science Based Targets Initiative (SBTi) angeschlossen und sich im Zuge dessen dazu verpflichtet, dem Net-Zero Standard der Initiative zu folgen – mit der Zielsetzung, bis 2040 net-zero* zu sein. Die Nutzung erneuerbarer Energien, und damit auch der Windenergie, ist vor dem Hintergrund unserer energieintensiven Produktionsprozesse von entscheidender Bedeutung für unsere Zielerreichung und die nachhaltige Entwicklung unserer Produktionsstandorte. 

Erneuerbare Energien spielen eine zentrale Rolle in der Energiestrategie von WEPA. Sie bieten nicht nur eine umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen, sondern tragen auch zur Stabilität und Sicherheit unserer Energieversorgung bei. Durch die Nutzung von Wind- und Solarenergie können wir unsere Abhängigkeit von importierten Energieträgern reduzieren und gleichzeitig unsere CO2-Emissionen signifikant senken. Dazu haben wir bereits verschiedene Verträge, sogenannte Power Purchase Agreements (PPA) abgeschlossen, die uns dabei helfen, unsere eigene Energietransformation voranzutreiben und die Infrastruktur für Grünstrom am Markt zu erweitern. WEPA vertritt die Position, dass der Abschluss von PPAs für die energieintensive Industrie zur Versorgung mit grünem Strom durch rechtliche Rahmenbedingungen unterstützt werden sollte, da die PPAs in den vergangenen Jahren ein elementarer Baustein für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland, aber auch in der Europäischen Union geworden sind. Staatliche Garantien für die Finanzierung über die Europäische Investitionsbank könnten dabei helfen, diesen Ausbau – und damit auch den Ausbau der Windenergie – zu beschleunigen. Regionale Sondernetzentgelte oder vereinfachte und unbürokratische Genehmigungsverfahren für PPAs könnten zudem die direkte Strombelieferung von Industriestandorten begünstigen. Momentan sind standortnahe Stromlieferungen aufgrund von europäischen Regelungen nicht uneingeschränkt möglich. Solche Rahmenbedingungen wären wichtige Schritte, damit wir unsere ambitionierten Klimaziele erreichen können und die ökologischen Auswirkungen unseres unternehmerischen Handelns weiter minimieren.

Gefordert wird auch, beim Ausbau der Windenergie möglichst viel Wertschöpfung in Europa zu behalten - was muss dafür geschehen?
Insbesondere durch den Ausbau der Windenergie können wettbewerbsfähige Energiepreise geschaffen werden, wodurch sichergestellt ist, dass die Wertschöpfung in Europa bleibt. Dieser Transformationsprozess kann nur gelingen, wenn die ökologischen und ökonomischen Zielsetzungen zusammen betrachtet werden. Aus der Perspektive eines energieintensiven Unternehmens, welches mit eigenen Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien ein erhebliches Engagement in den Ausbau von Windenergie steckt und fest in den Regionen seiner Produktionsstandorte verwurzelt ist, funktioniert der Ausbau der Windenergie nur mit einer breiten Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort. Wir sind der Auffassung, dass der Ausbau von Windenergie das Potenzial hat, erhebliche wirtschaftliche Vorteile für die europäischen Regionen zu bringen, in denen sich unsere Werke befinden.

Durch den Ausbau der Windenergie können nicht nur Arbeitsplätze abgesichert, sondern auch die lokale Wertschöpfung gesteigert werden. Regionale Unternehmen profitieren von Aufträgen im Bereich Bau, Wartung und Betrieb der Windkraftanlagen. Darüber hinaus können Gemeinden durch Pachteinnahmen und Steuereinnahmen zusätzliche finanzielle Mittel generieren, die wiederum in die örtliche Infrastruktur und soziale Projekte investiert werden können (beispielsweise über Bürgerstiftungen). Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, gilt es die Vor- und Nachteile von Windenergieprojekten transparent zu kommunizieren. Zudem sollten finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten geprüft und Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen sowie Belange des Tourismus sorgfältig austariert werden. Als WEPA haben wir uns zum Ziel gesetzt, den Energiebedarf für unsere Standorte langfristig aus regionalen Quellen zu sichern. So können wir die Wertschöpfung vor Ort unterstützen und nachhaltig mitgestalten.

Energieintensive Unternehmen müssen nach der EU-Energieeffizienz-Richtlinie künftig Maßnahmen ergreifen - welche Potenziale und Herausforderungen sehen Sie hier?
Insgesamt sprechen wir uns für pragmatische Vorgaben und ein zielorientiertes Vorgehen im Bereich der Energieeffizienz aus. Der effiziente Einsatz von Energie ist schon allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen im Interesse der energieintensiven Industrie und des industriellen Mittelstands. Daher ist es seit jeher unser Ziel, als Unternehmen und unabhängig von regulatorischen Vorgaben, so effizient wie möglich zu arbeiten und Energie einzusparen, wo immer möglich – um nachhaltig zu agieren und gleichzeitig Kosten zu senken. Für uns sind die Energiekosten mit ca. 20 % an den Gesamtkosten einer der wesentlichen Faktoren. Niedrige Energiekosten durch Energieeffizienzmaßnahmen bedeuten daher, dass wir unsere Produkte zu wettbewerbsfähigeren Preisen am Markt anbieten können. Ein Beispiel für eine solche Maßnahme ist die Implementierung von energieeffizienten Technologien und Prozessen, wie etwa Maschinen und Beleuchtungssystemen, die weniger Energie verbrauchen. Die Einführung von Energiemanagementsystemen, wie ISO 50001, versetzt uns in die Lage den Energieverbrauch systematisch überwachen und kontinuierlich optimieren zu können. Die Nutzung der Abwärme aus Produktionsprozessen bietet ferner großes Potenzial, um Gebäude zu heizen, Strom zu erzeugen oder über Wärmepumpen wieder in den Produktionsprozess integriert zu werden. Eine zunehmend wichtige Herausforderung ist die Optimierung unseres eigenen Energieverbrauchs durch sogenanntes Lastmanagement – um Spitzenlasten zu vermeiden und gleichzeitig die Energiekosten zu senken. Zudem führt WEPA regelmäßige Energieaudits durch, um Einsparpotenziale sowie Verbesserungsmaßnahmen in diesem Bereich zu identifizieren. Ein gutes Beispiel, wie wir durch Kooperationen voneinander lernen können, ist das Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerks Che Pap Rhein-Ruhr. Hier leisten wir bereits jetzt schon unseren Beitrag, um freiwillige Einsparungen beim Einsatz von Energie und Ressourcen zu fördern.


* Ein Net-Zero-Emissionsziel eines Unternehmens bedeutet, dass es seine Treibhausgasemissionen (THG) auf netto null reduzieren will. Dies wird durch eine Kombination aus Emissionsvermeidung, -reduktion und -kompensation erreicht.

■■■ WEITERE BEITRÄGE DIESER FACHDEBATTE

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Janek Steitz
Direktor
Dezernat Zukunft - Institut für Makrofinanzen

Janek Steitz - Direktor, Dezernat Zukunft - Institut für Makrofinanzen
Industrie | Erneuerbare Energie

Europäische Förderprogramme für einen ■ ■ ■

Wie die Unternehmen preiswerte Energie bekommen

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Janek Steitz
Direktor
Dezernat Zukunft - Institut für Makrofinanzen

WERBUNG

EMPFEHLUNGEN FÜR ENTSCHEIDER

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Prof. Dr. Mario Liebensteiner
Forscher
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Prof. Dr. Mario Liebensteiner, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Industrie | Erneuerbare Energie

Wie Wertschöpfung in Europa bleibt

Und wie sich Europa als attraktiver Standort ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Prof. Dr. Mario Liebensteiner
Forscher
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Hubert Culik
Obmann
Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO)

Hubert Culik, Obmann des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO)
Industrie | Erneuerbare Energie

Für einen "Industrial Deal“ im Zentrum ■ ■ ■

Was für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Hubert Culik
Obmann
Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO)

ZUR FACHDEBATTE

ÜBER UNS

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.