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Interview14.01.2025

Was KI im Radio kann - und was nicht

Und was die Politik dringend klären sollte

Corinna Drumm - Geschäftsführerin, Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) Quelle: VÖP/ Michael Gruber Corinna Drumm Geschäftsführerin Verband Österreichischer Privatsender
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info
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"KI-Systeme sind in der Lage, die Arbeitsprozesse im Mediensektor gravierend zu verändern", sagt Corinna Drumm vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP). Sie spricht über die enormen Potenziale und großen Risiken. Und sie hat klare Forderungen an die Politik.






Voice-Cloning, automatisierte Spot-Produktion, optimierte Programm-Planung - wie wird KI das Radio in den nächsten fünf Jahren ganz grundsätzlich verändern?
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), vor allem von generativer KI, eröffnet Medien völlig neue Perspektiven bei der Gestaltung, Produktion, Verbreitung und Vermarktung ihrer Angebote und stellt erhebliche Qualitäts- und Produktivitätssteigerungen in Aussicht. Gleichzeitig birgt der Einsatz von KI viele neue Gefahren und Risikopotentiale.

KI-Systeme sind in der Lage, die Arbeitsprozesse im Mediensektor gravierend zu verändern. Die größten Potentiale für die Radiobranche liegen darin, KI-Anwendungen für die Verbesserung des eigenen Angebots zu nutzen, den digitalen Transformationsprozess zu beschleunigen, Kosten zu senken und die Vielfalt und Qualität des eigenen Angebots zu steigern.

KI-Systeme eignen sich für Privatsender vor allem für die Automatisierung von routinemäßigen oder repetitiven Arbeitsprozessen. Anwendungsfälle im Bereich der Produktion von Rundfunkinhalten betreffen z.B. die Unterstützung einfacher Recherchetätigkeiten oder automatisierte Übersetzung. Da KI-Systeme Muster und thematisch zusammenhängende Tendenzen leichter erkennen können, bieten sie auch neue Möglichkeiten der Datenanalyse und -interpretation. Themen können mithilfe von KI präziser und rascher erarbeitet und Daten in Echtzeit aktualisiert und visualisiert werden.

Auch die Steuerung und Personalisierung der Angebote kann verbessert werden. Hier geht es z.B. um die Individualisierung von Angeboten und/oder Empfehlungen, um verstärkte Interaktion mit den Nutzerinnen und Nutzer, Verbesserungen in der Programmsteuerung auf Basis von Nutzungsdaten, oder um text- bzw. sprachgesteuerte Suchfunktionen (zB. zur Suche in Archiven). Inhalte können immer gezielter an die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Nutzerinnen und Nutzer angepasst werden, wodurch sich Qualität, Attraktivität und Nutzerfreundlichkeit erhöhen.

Verbesserungen sind auch in der Qualitätssicherung möglich, etwa durch eine KI-unterstützte Qualitätsüberwachung. Dies betrifft zum einen die technische Qualität der Rundfunk- und Abrufangebote, zum anderen aber auch die Qualitätssicherung der Inhalte selbst.

Welche Potenziale sehen Sie in KI generierten personalisierten Radioprogrammen?
KI-Systeme sind mittlerweile in der Lage, auf entsprechende Aufforderung praktisch jede Art von Medieninhalt zu produzieren, egal ob Text, Bild, Stimme, Video oder gar Musik. Daher liegt es nahe, die internen Produktionsprozesse auf dieser Grundlage neu zu gestalten. Zugleich kann eine Fülle neuer und stärker personalisierter Inhalte angeboten werden.

Vieles ist schon heute möglich, wie etwa die KI-generierten Radioprogramme „Absolut Radio AI“ und „BigGPT“ vor Augen führen. Die gesprochenen Inhalte sind computergeneriert und nutzen synthetische Stimmen. Auch die Musikprogrammierung und die Online-Verbreitung basieren auf KI-gesteuerten Prozessen. Virtuelle Moderatorinnen und Moderatoren sind sogar zur Interaktion mit dem Publikum in der Lage.

Was KI jedoch nicht kann (und meiner Einschätzung nach auch nie können wird), sind jene Faktoren, die Radio einzigartig machen: Emotion, Humor und originäre menschliche Kreativität.

In einer aktuellen Studie stehen viele Befragte KI namentlich im journalistischen Bereich kritisch gegenüber - wie bewerten Sie das?
Radiosender leben vom Vertrauen ihrer Hörerinnen und Hörer. Nationale und internationale Studien zeigen regelmäßig die hohen Vertrauenswerte, die Radio entgegengebracht werden. Es gehört zu den obersten Zielen von Medienhäusern, das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die eigene Medienmarke durch konstant hohe Qualität der Inhalte abzusichern.

Damit das gelingt, muss die Qualität des eigenen Angebots kontinuierlich sichergestellt werden, insbesondere durch Faktentreue und Objektivität der Programminhalte. Die journalistischen Grundprinzipien – allen voran „check, re-check, double-check“ – sind heute wichtiger denn je. Ebenso müssen die Bedürfnisse, Erwartungen und Gewohnheiten der Hörerinnen und Hörer erfüllt werden.

Den Inhalten, die generative KI-Modelle und darauf aufbauende Anwendungen liefern, kann nicht blind vertraut werden. Immer wieder werden fehlerhafte, unvollständige oder falsche Ergebnisse geliefert. Durch vermehrten Einsatz von KI in der Produktion von Medieninhalten kann diese Qualitätssicherung jedoch sehr herausfordernd werden. Im Kontext von Rundfunkangeboten muss der Einsatz von KI daher stets von menschlicher Kontrolle begleitet sein („human in the loop“ – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen vorab und ordnen ein, v.a. in inhaltlich relevanten oder sensiblen Bereichen).

Welchen Regulierungsbedarf aus der Politik sehen Sie in diesem Bereich? 
Medien, die redaktionelle Verantwortung für ihre Programme und Inhalte übernehmen, stehen vor enormen, v.a. wirtschaftlichen Herausforderungen. Ob der Einsatz von KI den österreichischen Medienunternehmen helfen kann, diese zu meistern, ist offen. Viel wird davon abhängen, ob es gelingt, die Übermacht der großen Social-Media- und Sharing-Plattform-Anbieter, die nun auch als Bereitsteller generativer KI-Modelle auftreten und damit den KI-Wertschöpfungsprozess kontrollieren, einzuhegen.

Klar ist, dass eine Kontrolle der Marktmacht dieser Konzerne durch staatlichen Eingriff erfolgen muss. Es wäre illusorisch zu glauben, dass es Medienunternehmen aus eigener Kraft gelingen kann, die Dominanz der großen Technologiekonzerne zu brechen.

Klar ist auch, dass die Möglichkeit des Zugangs zu verlässlichen, faktenbasierten Informationen eine Voraussetzung für das Funktionieren demokratischer Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse ist. KI-generierte Inhalte werden diesen Qualitätsanspruch nicht erfüllen können und es ist auch nicht ersichtlich, wie KI-Anwendungen jemals journalistische Arbeit in ihrer Gesamtheit ersetzen können sollten. Redaktionelle Medien werden daher noch auf lange Zeit eine zentrale Rolle für das Funktionieren demokratischer Meinungsbildungsprozesse spielen.

Die großen Tech- und Online-Plattform-Konzerne müssen stärker in Verantwortung genommen werden. Ganz besonders dort, wo durch die Kombination aus KI generierten Inhalten, einschließlich der Erzeugung von deep fakes, und der unkontrollierten Verbreitung über Social-Media riesige Gefahren für liberale demokratische Gesellschaftsformen entstehen.

Sie sollten sich auch an den Kosten einer „Medien-Grundversorgung“ beteiligen, z.B. in Form eines fairen steuerlichen Beitrags für ihre Aktivitäten im Inland, der an heimische redaktionelle Medien zu verteilen wäre. Und ebenso in Form angemessener Remuneration, wenn KI-Modellen zum Training auf österreichische Medieninhalte zurückgreifen.

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