In vielen Ländern gehört die Dashcam längst zur Auto-Ausstattung. Machen Dashcams den Verkehr wirklich sicherer?
Wissenschaftliche Untersuchungen, ob das Verwenden von Dashcams Unfallzahlen minimiert, gibt es nicht. Das bezweifele ich auch. Selbst wenn zu unterstellen wäre, dass in jedem Auto eine Kamera vorhanden ist, beruhen die meisten Unfälle auf Unaufmerksamkeiten, die nicht dadurch seltener vorkommen, nur weil zu befürchten ist, gefilmt zu werden. Man könnte vermuten, dass die Zahl provozierter oder fingierter Unfälle sinken könnte. Jedoch erwarte ich, dass besonders die kriminellen Kreise schnell den Vorteil der Kameras zu nutzen wissen werden.
In Deutschland ist die Nutzung im europäischen Vergleich noch sehr gering. Wie erklären Sie sich die Zurückhaltung der deutschen Autofahrer?
Deutschland ist traditionell beim Thema Datenschutz zurückhaltend. Das beginnt schon in den 80 er Jahren mit den Entscheidungen zur Volkszählung. Auch der Widerstand beispielsweise gegen Google Streetview zeigt die Sorge vor einer Überwachung. Bisher hat vor allem das Bundesverfassungsgericht den Datenschutz als Teil der informationellen Selbstbestimmung immer kritisch gesehen und eine zu weite Aufweichung verhindert. Auf der anderen Seite ist das wohl auch eine Generationenfrage. Wer mit der Digitalisierung und sozialen Medien aufwächst, ist das Preisgeben von Daten gewohnt und sieht das unkritisch. Auf der anderen Seite ist der Gesetzgeber mit der DSGVO aktiv geworden und greift mit dem Datenschutz in viele Bereiche des Alltags ein und erschwert diesen. Es ist eine paradoxe Situation, dass mehr staatliche Regelungen kommen, auf der anderen Seite der Umgang damit immer sorgloser wird.
Was sollten Autofahrer ggf. beachten um Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte Dritter einzuhalten?
Unabhängig von einer Verwertbarkeit vor Gericht bleibt das Filmen und Speichern unzulässig und man läuft Gefahr, ein Bußgeld zu kassieren. Dennoch können sie als Beweismittel vor Gericht zugelassen werden. Das betrifft aber nur Kameras, die von der Windschutzscheibe nach vorne filmen und über eine so genannte Loop – Funktion verfügen, bei der die Aufnahmen nach einem kurzen Zeitraum wieder überschrieben werden. Diese filmen in der Regel Verkehrsvorgänge. Dashcams zur Seite oder nach hinten sollten daher auf keinen Fall verwendet werden, da damit auch Personen gefilmt werden können und deren Persönlichkeitsrechte verletzt werden können. Kameras ohne Löschfunktion sollte man nicht einbauen
Wenn man eine Dashcam verwendet, muss man bedenken, dass die Aufnahmen nicht immer nur zum Vorteil sind. Nach einem Unfall oder bei einem Verkehrsverstoß können die Aufnahmen von der Polizei beschlagnahmt und als Beweismittel gegen verwendet werden. Auch der Unfallgegner, der sich unschuldig sieht, aber weiß, dass ich eine Dashcam im Auto habe, kann beantragen, dass diese Aufnahmen vorgelegt werden. Wenn ich mich weigere, kann ein Richter daraus Rückschlüsse zu meinem Nachteil ziehen. Daher haben Dashcams auch für den Verwender Nachteile und es drohen Gefahren.
Das BGH prüft aktuell die Verwertbarkeit der Aufnahmen von Dashcams bsw. bei Unfällen. Geklärt werden soll, ob Aufnahmen von Videokameras an Armaturenbrett und Windschutzscheibe als Beweis vor Gericht genutzt werden dürfen. Welche Auffassung vertreten Sie?
Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite Aufnahmen datenschutzrechtlich unzulässig sind und der Datenschutz durch die DSGVO noch weiter hochgehalten wird. Auf der anderen Seite lässt man sie als Beweismittel unter bestimmten Voraussetzungen zu und fördert damit deren Einsatz. So lange der Gesetzgeber das nicht regelt, muss aus dem datenschutzrechtlichen Verbot auch die Nichtverwertbarkeit vor Gericht resultieren. Wenn man Dashcams im Straßenverkehr zur Aufklärung von Verkehrsunfällen will, muss der Gestzgeber den Einsatz und die Verwendung regeln und zwar auch für den Fall, dass ein Autofahrer, der im Strafverfahren das Recht zu schweigen hat, nicht gezwungen werden kann, seine Aufnahmen als Beweismittel gegen sich selbst herausgeben zu müssen.