Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) sollen ab 2022 Verwaltungsleistungen über digitale Verwaltungsportale angeboten werden – wie weit sind die Verwaltungen auf dem Weg dahin?
Was wir gerade erleben – die Digitalisierungsinitiativen nehmen immer weiter zu und ermöglichen transparentere und effizientere Abläufe in den Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen. Laut Onlinezugangsgesetz sollen bis zum Jahr 2022 575 Verwaltungsleistungen in Deutschland auch online zur Verfügung stehen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Umständliche Abläufe, inkompatible Technik, langwierige Gesetzesänderungen, Mitarbeiterüberzeugung sind alles Steine, die es auf dem Weg zum Ziel zu meistern gilt. Der Föderalismus lässt hier kaum schnelle Lösungen zu. Um das zu erreichen, brauchen Verwaltungen passende Strategien und Werkzeuge – und vielleicht an der ein oder anderen Stelle den richtigen Mentor. Der Status Quo zeigt, dass Verwaltungen sich noch am Anfang des Digitalisierungsmarathons befinden und dass es sehr schwierig wird, das Ziel rechtzeitig zu erreichen. Aber es gibt positive Umsetzungsbeispiele, wie Familienleistungen oder die Umstellung auf elektronischen Rechnungsempfang, welche schon weit fortgeschritten sind. So sind z.B. nahezu alle Bundesverwaltungen bereits seit Ende letztem Jahres bereit für den elektronischen Rechnungsempfang.
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Welchen Schub hat die Corona-Krise der Digitalisierung in Verwaltungen gegeben und wie nachhaltig ist dieser ggf.?
Die Corona-Krise zeigt sehr deutlich, was in den vergangenen Jahren versäumt wurde – egal ob in Schule oder Verwaltung. An der weiteren Digitalisierung führt kein Weg vorbei. Spätestens jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um anzugreifen, und die Digitalisierung der Verwaltung nicht dem Zufall zu überlassen. Dies gilt übrigens analog auch für viele Unternehmen. Wir freuen uns, dass viele aus dem jahrelangen Dornröschenschlaf erwacht sind und beginnen, interne Prozesse zu überdenken und neu und nachhaltig zu gestalten sowie Tools einzuführen, die Verwaltungen in ihrer Zusammenarbeit nachhaltig unterstützen sollen. Wir sagen immer: Das Back-Office einer jeden Verwaltung sollte so digitalisiert sein, dass Prozesse möglichst nahtlos ablaufen. Das ist das Ziel unserer Arbeit.
Als größtes Hindernis für eine weitere Digitalisierung der Verwaltung gelten nach einer neuen Studie Medienbrüche und Schnittstellenprobleme. Wie können diese aus Ihrer Sicht über die verschiedenen Verwaltungsstufen in einem föderal organisierten Land überwunden werden?
Zu diesem Thema lassen sich etliche Beispiele finden. Wo die Konsolidierung der vom Bürger zu erhebenden Daten rund um die Hundesteuer schon innerhalb eines Bundeslandes aufgrund verschiedener kommunaler Regelungen misslingt, braucht man an eine einfache bundesweite Oberfläche gar nicht zu denken. Insbesondere die Entwicklung und das Zusammenspiel der Portale stellt sich als Engpass heraus. Und innerhalb der Verwaltung entstehen Medienbrüche und Ineffizienzen aufgrund der Vielzahl von Fachanwendungen. Bis in einer Kommune die Datenströme nahtlos laufen, ist es ein weiter Weg, der oftmals – auch aufgrund mangelnder interner Ressourcen – von den Anbietern gesteuert wird. Hier ist es nie zu spät für eine Digitalisierungsstrategie – idealerweise eine konkrete Roadmap, denn Hochglanz-Broschüren mit bunten Bildern und Allgemeinplätzen helfen bei der Umsetzung nur bedingt. Die Initiativen des Bundes zu einer Vereinheitlichung im Rahmen der IT-Strategie gehen hier aber in die richtige Richtung.
Die Verwaltungsmitarbeiter gelten als Schlüssel bei der digitalen Transformation – wie sollten die Mitarbeiter auf diesem Weg begleitet werden?
Für eine nachhaltige Digitalisierung wird neben dem Einsatz neuer Technologien die Gestaltung der notwendigen Veränderungsprozesse immer wichtiger. Dabei spielen Mitarbeiter die entscheidende Rolle. In vielen Digitalisierungsprojekten erleben wir, dass sich Verwaltungen mit der Vorbereitung ihrer Belegschaft auf die Transformation vonProzessen, Technik und Arbeitsweisen schwertun. Hauptgrund für das Scheitern von Digitalisierungsprojekten ist die mangelnde Mitarbeiterakzeptanz – leider wird diese erst sehr spät im Projekt sichtbar. Deshalb sollten Beteiligte von Beginn an in das jeweilige Projekt einbezogen werden. Eine offene Kommunikationskultur und die Mitarbeiterbefähigung sind dabei genauso wichtig wie das Vorangehen der Führungskräfte. Man muss nicht Digitalisieren zum Selbstzweck – aber da wo es nötig ist, sollte man positiv und ohne Angst herangehen. Digitalisierung geht nur gemeinsam und bei allen digitalen Inhalten sollten wir die Menschen nicht vergessen.