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Verwaltung als Hemmschuh für die Digitalisierung in Deutschland

Was jetzt schnell geschehen muss

Barbara Engels - Senior Economist Digitalisierung, Strukturwandel und Wettbewerb, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Quelle: IW Köln/ Florian Lang Barbara Engels Senior Economist Digitalisierung, Strukturwandel und Wettbewerb Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. 23.08.2022
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Schnelles Internet ist wichtig, aber wir brauchen auch eine Wirtschaft und Gesellschaft, die dieses in Anspruch nimmt und die Vorteile digitaler Anwendungen sieht und nutzt", sagt Barbara Engels vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. An eine Digitalstratgie der Bundesregierung hat sie klare Erwartungen.







In einem ersten Entwurf für eine Digitalstrategie der Bundesregierung heißt es nach Medienberichten, Deutschland stehe bei der Digitalisierung seit Jahren nur im Mittelfeld. Wie gefährdet sehen Sie die Zukunft des Landes?
Wenn die deutsche Wirtschaft weiterhin international wettbewerbsfähig sein soll – und das ist die Grundlage für den Wohlstand in Deutschland – muss jetzt sehr viel sehr schnell passieren. Das Mittelfeld ist für nachhaltigen Wohlstand nicht gut genug. Jüngst ist der Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission erschienen, bei dem Deutschland auf Platz 13 der 27 Mitgliedsstaaten rangiert. Zwar macht Deutschland insgesamt Digitalisierungsfortschritte in den vier bewerteten Dimensionen digitale Wirtschaft, digitale Kompetenzen, digitale Konnektivität und digitale öffentliche Dienste – aber eben oft keine größeren als die anderen EU-Länder. Am Institut der deutschen Wirtschaft messen wir jedes Jahr die Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland* und auch den Status quo der Künstliche Intelligenz.** Bei beiden Indizes sehen wir: Oft hapert es an den Rahmenbedingungen. Gerade die Verwaltung ist und bleibt ein Hemmschuh für die Digitalisierung in Deutschland.

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Ende 2025 soll die Hälfte aller Haushalte mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard versorgt sein. Wie bewerten Sie dieses Ziel?
Grundsätzlich mag ich Ziele, die quantifizierbar sind, dann sind sie nämlich auch eher kontrollier- und überprüfbar. Zum Inhalt des Ziels muss ich sagen: too little, too late. Seit zehn Jahren beschäftigte ich wissenschaftlich mit der Digitalisierung und immer noch kritisiere ich in jedem meiner Vorträge die mangelhafte digitale Infrastruktur in Deutschland. Sie wird besser, aber sie ist immer noch schlecht. Um noch einmal die DESI-Ergebnisse zu bemühen: Wenn es um die Verbreitung von Glasfaseranschlüssen zum Grundstück geht, liegt Deutschland europaweit auf dem vorletzten Platz. Im Jahr 2022. Das ist peinlich und dramatisch. Darüber hinaus gilt natürlich: schnelles Internet ist wichtig, aber wir brauchen auch eine Wirtschaft und Gesellschaft, die dieses in Anspruch nimmt und die Vorteile digitaler Anwendungen sieht und nutzt.

Für die digitale Verwaltung soll es eine sichere digitale Identität geben. Welche Herausforderung sehen Sie diesbezüglich?
Eine sichere digitale Identität ist das A und O einer digitalen Gesellschaft. Nur sind wir leider noch weit von ihr entfernt. Die Digitalisierung der Verwaltung verläuft unfassbar schwergängig. Ausfälle wie beim Elster-Portal zeigen, dass die wenigen Bereiche der Verwaltung, die bereits digital sind, nicht stressresistent sind. Wir sind weit davon entfernt, Verwaltungsdienstleistungen digital zugänglich zu machen: Die Ziele des OZG werden verfehlt. Wir sind noch weiter davon entfernt, Verwaltungsprozesse durchgängig zu digitalisieren. Es gibt derart viele Baustellen, dass es schwierig ist, eine abzuschließen, weil jede Baustelle von vielen anderen Baustellen abhängig ist.

Was sollte unbedingt noch in der endgültigen Digitalstrategie stehen - und was keinesfalls?
Wünschenswert wäre eine Digitalstrategie, bei der hinter jeder Absichtserklärung, jedem Ziel eine konkrete Deadline stünde, verbunden mit der konkreten Angabe, wie die Erreichung des Ziels gemessen und überprüft werden kann. Die Ergebnisse dürfen nicht frei interpretierbar bleiben. Außerdem muss die Digitalstrategie eng mit dem angekündigten Digitalbudget verknüpft werden. Es braucht Zahlen, Fakten und Geld. Oder anders: Der warmen Worte sind genug gewechselt. Wir als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können natürlich dabei helfen, zu prüfen, inwiefern einzelne Ziele wirklich erreicht worden sind.

 

 

* siehe: https://www.de.digital/DIGITAL/Navigation/DE/Lagebild/Digitalisierungsindex/digitalisierungsindex.html#:~:text=Der%20Digitalisierungsindex%20misst%20den%20Stand,verschiedene%20Dimensionen%20der%20Digitalisierung%20ab.

** siehe https://www.bvdw.org/fileadmin/bvdw/upload/publikationen/KI/KI-Monitor_2021.pdf

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