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Digitalisierung als Querschnittsaufgabe

Worin Deutschland gut ist - und wo Nachholbedarf besteht

Jutta Croll M. A. - Vorsitzende des Vorstands, Stiftung Digitale Chancen Quelle: SDC/Mark Bollhorst Jutta Croll Vorsitzende des Vorstands Stiftung Digitale Chancen 02.09.2022
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
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"Eine kluge Digitalstrategie ist ein wesentlicher Baustein im Fundament der Zukunftsfähigkeit des Landes", sagt Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen. Sie nennt drei Punkte, die eine Digitalstrategie aus ihrer Sicht adressieren muss.







In einem ersten Entwurf für eine Digitalstrategie der Bundesregierung heißt es nach Medienberichten, Deutschland stehe bei der Digitalisierung seit Jahren nur im Mittelfeld. Wie gefährdet sehen Sie die Zukunft des Landes?
Eine kluge Digitalstrategie ist ein wesentlicher Baustein im Fundament der Zukunftsfähigkeit des Landes. Vergleiche mit anderen Ländern, um den eigenen Standort zu bestimmen, machen aber nur Sinn, wenn man diese anhand der jeweiligen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen kontextualisiert. So hinkt der Vergleich mit dem gern als Musterknaben der Digitalisierung angeführten Staat Estland schon deshalb, weil die Einwohnerzahl des Landes mit 1,33 Mio nur rd. ein Drittel der Bevölkerung allein des Bundeslands Berlin (3,82 Mio) ausmacht. Die Herausforderungen für ein Land mit 83 Mio Bürger*innen sind deutlich größer.

Wir sind in Deutschland gut darin, dir rechtlichen Rahmenbedingungen der digitalen Transformation der Gesellschaft zu definieren, scheitern aber zu häufig an der zügigen Umsetzung geplanter Vorhaben – nicht zuletzt auch aufgrund föderaler Strukturen. Das Online-Zugangsgesetz ist ein Beispiel: Der Plan ist gut, aber der Zeitplan der Umsetzung hinkt den ehrgeizigen Vorgaben meilenweit hinterher. Ein anderes Beispiel ist die Bewältigung der Pandemie. Es liegt auf der Hand, dass wir schnellere Informationsketten und verlässlichere Statistiken der Infektionen und damit auch passgenaue Maßnahmen hätten erreichen können, wenn alle Prozesse in den Gesundheitsämtern bereits digitalisiert gewesen wären. Aber zu erwarten, dass dies in einer Hauruck-Aktion unter den Bedingungen der Pandemie nachzuholen wäre, ist unrealistisch. Oder nehmen wir den Digitalpakt: Es ist richtig, von den Schulen zu verlangen, dass diese ein Konzept vorlegen, wie der Einsatz digitaler Endgeräte im Unterricht organisiert und umgesetzt werden soll; einfach nur die Geräte hinzustellen, kann nicht die Lösung sein. Aber wenn man den Personalmangel an den Schulen und die fehlende Aus- und Weiterbildung in Bezug auf Unterricht mit digitalen Medien und die Vermittlung von Medienkompetenz berücksichtigt, verwundert es nicht, dass die Konzepte der Schulen nicht vorliegen und folglich die Mittel aus dem Digitalpakt nicht abfließen wie erwünscht.

Hier muss die Digitalstrategie ansetzen, d. h. nicht nur die Digitalisierung als solche in den Blick nehmen, sondern auch schauen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, Prozesse neu zu gestalten und so die digitale Transformation voranzubringen. Digitalisierung ist kein zusätzliches Handlungsfeld für die Politik, sondern eine Querschnittsaufgabe, dies muss eine smarte Digitalstrategie reflektieren.

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Ende 2025 soll die Hälfte aller Haushalte mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard versorgt sein. Wie bewerten Sie dieses Ziel?
Je schneller, desto besser: Das gilt sowohl für die Geschwindigkeit, mit der das Internet zu den Menschen kommt, als auch für den zeitlichen Horizont der Umsetzung.
In den USA hat die Biden/Harris Administration gerade ein 48 Billion $ Programm aufgelegt mit dem Ziel, allen amerikanischen Haushalten einen schnellen Breitbandzugang zu garantieren (https://www.internetforall.gov) .Und das Programm umfasst nicht nur den Ausbau der Infrastruktur, sondern auch Trainingskampagnen für diejenigen, die bisher noch nicht in der Lage sind, die Möglichkeiten des Internet voll auszuschöpfen. Das wünschen wir uns auch für die Digitalstrategie in Deutschland. In der Pandemie ist der Nachholbedarf nicht nur bei der Infrastruktur, sondern gerade bei der Kompetenzförderung offensichtlich geworden. Jede*r Akteur*in muss künftig auf allen Entscheidungs- und Handlungsebenen in der Lage sein, digitale Instrumente zu nutzen und die Konsequenzen des digitalen Handelns einzuschätzen. Nur so können die Potenziale der Digitalisierung – auch für eine nachhaltige und ressourcenschonende Weiterentwicklung der Gesellschaft – ausgeschöpft werden.

Für die digitale Verwaltung soll es eine sichere digitale Identität geben. Welche Herausforderung sehen Sie diesbezüglich?
Sicherheit ist hier der Schlüsselbegriff: Die digitale Identität muss sehr hohen Sicherheitsanforderungen genügen, damit sie den notwendigen Beitrag zu einem sicheren digitalen Umfeld leisten kann. Aber aus der Gewährleistung von Anonymität und Privatsphäre darf kein Freiraum für kriminelle Handlungen erwachsen. Diese Balance von Freiheits- und Schutzrechten wird gerade auch in der Aushandlung der europäischen Regulierung zur Bekämpfung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs im Internet (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/IP_22_2976) kontrovers diskutiert. Eine ganzheitliche Digitalstrategie muss beides in den Blick nehmen und ausgewogene Handlungsoptionen aufzeigen, einseitiges Handeln oder gar ein gegeneinander Ausspielen der Positionen wären kontraproduktiv.

Was sollte unbedingt noch in der endgültigen Digitalstrategie stehen - und was keinesfalls?
Die Digitale Transformation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, daher muss eine Digitalstrategie die folgenden Punkte adressieren:

- Hindernisse, die sich aus föderalen Strukturen ergeben, überwinden

- Internationale Anschlussfähigkeit gewährleisten

- Chancengerechtigkeit herstellen

Keinesfalls sollte die Digitalstrategie einen Vorrang für Partikularinteressen enthalten.

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