ARD und ZDF brauchen einen angemessenen Zugang zum Netz, um ihr Publikum erreichen zu können. Es ist gut, dass der jahrelange Streit der Sender und Verlage um öffentlich-rechtliche Inhalte im Internet nun endlich ein Ende gefunden haben. Der Kompromiss, dass Angebote von ARD und ZDF sich deutlich von jenen der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage unterscheiden sollen, jedoch weiterhin Texte zulässig sein sollen, muss sich erst noch als praxistauglich erweisen. Es wird sicherlich weiterhin Angebote geben, die strittig sind. Genaue Abgrenzungen, wann Texte nötig sind, wann sie einen eindeutigen Sendungsbezug haben etc. sind schwierig. Um in diesen Fällen zu einer Einigung zu kommen, wird eine gemeinsame Schlichtungsstelle der öffentlich-rechtlichen Sender und der Verlage geschaffen, die Empfehlungen ausspricht. Es handelt sich nicht um eine Schiedsstelle und der Rechtsweg steht beiden Parteien weiterhin offen, wenn sie mit den Empfehlungen der Schlichtungsstelle nicht einverstanden sind. Ein festes Gremium, in dem vertrauensvoll strittige Inhalte diskutiert und Einigungen gefunden werden können, ist sinnvoller als endlose Gerichtsverhandlungen. Nur wenn beide Seiten in der Schlichtungsstelle angemessen repräsentiert sein werden, wird die Arbeit der Stelle Erfolg haben können.
Im Gegenzug dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Sender Texte begrenzter veröffentlichen dürfen als bisher, ist es ihnen künftig erlaubt, ihre Inhalte länger als sieben Tage im Netz zu belassen – mit gewissen Einschränkungen. Sie können damit ihre Mediatheken attraktiver gestalten und den Erwartungen der Rundfunkbeitragszahler*innen entgegenkommen. Auch erhalten sie damit etwas bessere Chancen im Wettbewerb mit anderen VoD-Anbietern. Doch letztlich wird es wohl anderer Mediatheken oder Plattformen bedürfen, damit die öffentlich-rechtlichen Angebote tatsächlich eine angemessene Sichtbarkeit erhalten.Es ist zudem erfreulich, dass der Staat nun auch seine Verantwortung hinsichtlich der Archivierung des Fernseh- und Radioerbes übernimmt und den Telemedienauftrag entsprechend definiert. Diese Archive sollten dauerhaft zu sämtlichen Inhalten Zugang verschaffen. Dieser Zugang muss nicht zu sämtlichen Inhalten kostenfrei sein, entscheidend ist, dass es ein Angebot gibt.
Sowohl hinsichtlich des Wegfalls der 7-Tage-Regel als auch hinsichtlich des Aufbaus der zeit- und kulturgeschichtlichen Archive dürfen jene nicht vergessen werden, die die Inhalte produzieren. Die Regierungschefs der Länder haben in einer Protokollerklärung zum neuen Telemedienstaatsvertrag erneut auf die Notwendigkeit fairer Vertragsbedingungen zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern und der Film- und Medienproduktionswirtschaft verwiesen. Doch auch in dieser Erklärung wird hervorgehoben, dass die Vertragsbedingungen nur insoweit verbessert werden können, als dies mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbar ist. Die Fakten zu längeren Verweildauern wurden geschaffen, für eine angemessene Vergütung wurde hingegen noch nichts erreicht. Fair wäre es, festzulegen, dass zuerst klar sein muss, welche Vergütung für längere Nutzungsdauern gezahlt werden und danach die längeren Nutzungsdauern einzuführen, wenn diese Vergütungen angemessen sind. Hier wurde ein Kompromiss zugunsten der Verlage und zugunsten der Sender ausgehandelt. Die Film- und Medienproduktionswirtschaft als Lieferant vieler Inhalte muss sich dagegen mit einer Protokollerklärung zufriedengeben.
Zwar wird der Telemedienstaatsvertrag noch in den Landesparlamenten behandelt werden. Doch wie bei jedem Rundfunkstaatsvertrag können keine Änderungen mehr eingebracht werden, sondern der Staatsvertrag kann lediglich von den Parlamenten in seiner Gesamtheit abgelehnt oder angenommen werden. Dieses Verfahren bedarf dringend einer Reform, damit in Zukunft Staatsverträge nicht immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner reflektieren, sondern substantielle Verbesserungen erzielt werden können.