Bei öffentlich-rechtlichen Angeboten soll künftig der Schwerpunkt auf Audios und Videos liegen, Texte sollen aber weiter zulässig sein. Wie beurteilen Sie diesen Kompromiss?
Der Konflikt zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und privaten Presseverlagen hat uns lange beschäftigt. Daher begrüßen wir es, dass es zu einem Kompromiss zwischen beiden Parteien gekommen ist. Während die privatwirtschaftliche Presse die Hoheit über das Textformat behält, werden die Öffentlich-Rechtlichen den Scherpunkt auf Audio- und Videoinhalte legen. Was bei diesem Kompromiss im Auge behalten werden muss, ist die Tatsache, dass die meisten Menschen Medien heutzutage über mobile Endgeräte konsumieren, z.B. in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Dabei werden Nachrichten von vielen Bürgerinnen und Bürgern in Textform präferiert. Es stellt sich also die Frage, inwiefern dieser Kompromiss mit dem Nutzerverhalten und –bedarf übereinstimmt. Problematisch ist auch, dass eigentlich der Inhalt die Form bestimmen sollte: Manchmal bietet sich ein Fernsehinterview an - manchmal eher ein redaktioneller Text. Mit dem Kompromiss wird die Wahl des Formats aber an den Produzenten des Inhalts geknüpft, was nicht immer unbedingt sinnvoll ist. Hier ist der Weisheit letzter Schluss eventuell noch nicht gefunden.
Über Streit mit privaten Medien über die Online-Angebote sollen künftig Schiedsgerichte entscheiden. Was erwarten Sie von deren Arbeit?
Wir GRÜNE erwarten von den Schiedsgerichten, dass sie im Streifall zu einer zugigen Entscheidung kommen, die Rechtssicherheit für beide Parteien schafft und beide Interessen zu einem fairen Ausgleich bringt.
Die Anstalten dürfen – in Absprache mit den Gremien – Videos und Audios künftig länger als sieben Tage in den Mediatheken lassen dürfen. Wie bewerten Sie das?
Die für einige Programme geltende Sieben-Tage-Regel ist gestrichen, was sicherlich viele Bürgerinnen und Bürger freut, da es mittlerweile üblich geworden ist, Serien, Filme und Nachrichten „on demand“ zu schauen. Die neue Regelung sorgt also für eine Anpassung an aktuellen Entwicklungen auf dem digitalen Medienmarkt, was wir befürworten. Nichtsdestotrotz muss bei der neuen Regelung darauf geachtet werden, dass die audiovisuellen Kultur- und Kreativwirtschaft nicht zum Leidtragenden wird, wenn z.B. die Verkaufschancen ihrer Produkte an private Streaming-Anbieter durch die längere Verweildauer in den Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen sinken. Hier erwarten wir eine faire Anpassung der Vergütung und Rechteverwertung.
Die Anstalten sollen zeit- und kulturgeschichtliche Archive mit informierenden, bildenden und kulturellen Inhalten aufbauen. Wie sollten diese aus Ihrer Sicht aussehen?
Der Hessische Rundfunk ist beispielsweise beauftragt „als Medium und Faktor freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen“. Dass dieser Auftrag mittels zeit- und kulturgeschichtlicher Archive nun auch verstärkt im Netz ausgeführt werden soll, ist im Zeitalter der Digitalisierung ein konsequenter Schritt. Damit dieses Angebot gut angenommen wird, sollte es zunächst nutzerfreundlich gestaltet sein. Dazu gehören ein benutzerfreundlicher Aufbau des Archivs, eine gut Suchfunktion sowie eine sinnvolle Kategorisierung der Inhalte. Abgesehen von einer guten Benutzeroberfläche müssen natürlich die Inhalte dem Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen entsprechen. Das bedeutet vielfältige Inhalte, die nicht nur der Masse gefallen und tiefgreifende Recherchen abbilden.
Nun muss der Telemedienauftrag noch durch die Parlamente der Bundesländer. Welche Regelungen müssten aus Ihrer Sicht noch ergänzt werden?
Wir haben uns vor kurzem im Hessischen Landtag mit der Frage der Rundfunklizenzpflicht für Livestreaming-Angebote auseinandergesetzt. Wir sehen hier einen dringenden Regelungsbedarf, um Rechtssicherheit zu schaffen. Entscheidend ist die Frage, ob Livestream Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags ist. Das muss genauer definiert werden.
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