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User zahlen schneller, einfacher und mehr als je zuvor

Warum die hiesigen Anbieter trotzdem Probleme haben

Cosmin Ene, CEO von LaterPay Quelle: LaterPay Cosmin Ene CEO LaterPay 04.04.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Die Content-Nutzung entwickelt sich zunehmend zu einem hoch individuellen Prozess, in dem der User Abos und Einzelkäufe so kombiniert, wie er sie gerade braucht", konstatiert Cosmin Ene, CEO von LaterPay. Sein Unternehmen bietet ein Zahlungssystem an, das auch als "digitaler Bierdeckel" bezeichnet wird. Inhalte werden zunächst konsumiert, erst wenn eine bestimmte Summe erreicht ist, zahlt der Nutzer.







Nach der aktuellen DCI-Paid-Content-Studie nimmt die Zahlungs-Bereitschaft für Inhalte ab. Was bedeutet das für die Geschäftsmodelle von Anbietern?
Ich denke, hier müssen wir etwas differenzieren, um Schlüsse zu ziehen: Ja, insgesamt ging die Nutzung digitaler Angebote gegen Bezahlung zurück. Zugleich geben die User aber über alle Altersgruppen hinweg mehr Geld für digitale Services und Content-Angebote aus und auch die Zufriedenheit mit den bisher genutzten Angeboten steigt im Vergleich zum Vorjahr. Aus meiner Sicht zeigt sich damit: Die Akzeptanz bezahlter Angebote im Web ist da, ebenso die Zahlungsbereitschaft.

Für Anbieter bedeutet das, dass sie selbst in Sachen Paid Content viel mehr ausprobieren müssen. Die User zahlen schneller, einfacher und mehr für Inhalte im Web als je zuvor. Inhalteanbieter müssen nun also herausfinden, welche Konsumenten wie für welche Inhalte zahlen wollen. Das heißt, sie müssen verschiedenste Content-Modelle erproben, verschiedene Dareichungsmöglichkeiten und Zahlungsverfahren, die dem User die Wahlfreiheit lassen und somit ein emanzipiertes Nutzungsverhalten erlauben. Der Studie nach zahlen User zunehmend in Form von Einzelkäufen, 84,3 Prozent konsumieren inzwischen so. Zugleich steigen auch die Abonnement-Zahlen: Haben 2016 noch 31 Prozent der Befragten Subscriptions genutzt, sind es inzwischen 51 Prozent, viele davon parallel zum Einzelkauf. Das korrespondiert auch mit unseren Erfahrungen: Die Content-Nutzung entwickelt sich zunehmend zu einem hoch individuellen Prozess, in dem der User Abos und Einzelkäufe so kombiniert, wie er sie gerade braucht. Anbieter sollten hier rechtzeitig differenzieren. Dem User die Wahlfreiheit zwischen den Content-Modellen, also Einzelartikeln, Flatrate-Modellen und Abos, zu lassen, ist essentiell und führt nicht nur zu mehr Umsatz, sondern auch zu einer besseren User-Experience und somit Zufriedenheit.

Insbesondere ältere Nutzer scheinen das Interesse an zahlungspflichtigen Inhalten zu verlieren. Woran kann das liegen?
Ich denke, hier gibt es einen Zusammenhang mit der Art von Content, den sie nutzen: Die Zielgruppe 65+ zahlt vor allem für Nachrichten und Fachinformationen – den zwei Angeboten mit der höchsten Unzufriedenheit in der Studie. Korrespondierend damit ist diese Altersgruppe auch am wenigsten zufrieden mit Paid Content.

Woran liegt das? Meiner Erfahrung nach ist eine positive Nutzungserfahrung im Content-Markt an zwei Dinge geknüpft: Erstens, dass Markenversprechen und konsumierter Content zusammenpassen. Und zweitens, dass der Nutzer einen einfachen, nahtlosen und seinem aktuellen Konsumbedürfniss angepassten Kaufprozess geboten bekommt. Bei letzterem vermute ich die Unzufriedenheit: Während User in Bereichen wie Musik, TV und Film oder E-Books flexibel entscheiden können, wie sie kaufen wollen – in Einzelkäufen, in Zeitpässen oder in Abonnements – stehen ihnen bei redaktionellen Angeboten online noch immer oft nur Abonnements zur Verfügung. Das schreckt ab. Und die Bereitschaft, einem Angebot eine erneute Chance zu geben, sinkt ebenso mit der harten Bezahlschranke.

Während die Zahlungsbereitschaft für News steigt, sinkt das Interesse im Segment Games. Wie erklären Sie sich das?
Dass die Bereitschaft für Nachrichten zu zahlen steigt, hängt für mich eher an den Medien und nicht an den Nutzern. Die waren schon immer bereit, für gute Inhalte zu zahlen, auch online. Inzwischen haben das immer mehr Medienhäuser verstanden und schaffen entsprechende Angebote, vor allem, um ihre Printinhalte digital zugänglich zu machen. Und das sind schließlich die Inhalte, für die User besonders bereitwillig zahlen: Artikel mit Mehrwert, gern exklusiv.

Beim Gaming-Markt müssen wir differenzieren: Die Studie trennt nicht zwischen kleineren Mobile Games und großen spielerischen Gesamtkunstwerken. Für hochwertige Spiele zahlen User aber immer noch bereitwillig. Aber: Die User Acquisition Costs liegen oft bei €5 und darüber, was für Games Verhältnisse sehr viel ist und den Games Anbietern zusetzt.

Die vier beliebtesten Paid-Content-Plattformen sind die amerikanischen Internetriesen Amazon, Netflix, Google und Apple. Warum können deutsche oder europäische Anbieter nicht in die Phalanx einbrechen?
Diese Unternehmen haben alle ein historisch gewachsenes Quasi-Monopol auf ihr jeweiliges Content-Segment, weil sie die Dinge anders gemacht haben als die damals großen Player am Markt. Sie haben sich auf das fokussiert, was sie am besten konnten, und das haben sie unendlich skaliert. Gnadenlose Fokussierung auf die Kernprodukte, klare Vision und pragmatische Ausführung prägen die Internetriesen. Dem stehen bei europäischen Anbietern oft Konzernpolitik, das Not-Invented-Here-Syndrom und der Drang ganze Wertschöpfungsketten abzubilden entgegen.

Napster konnte dem klassischen Musikhandel den Rang ablaufen, weil es Musik nicht nur digital anbot, sondern auch einfach zugänglich machte und entbundlete – iTunes und Amazon setzten darauf mit legalen Angeboten auf, die zudem super einfach zu bedienen waren, und übernahmen den Musikmarkt. Dasselbe im Video-Bereich: Netflix beerbte Blockbuster, weil es bereit zur Innovation war und dem Kunden das Leben erleichterte, in dem es ihm alle Videos überall verfügbar machte. Ich bin dennoch überzeugt, dass auch jeder deutsche Anbieter, wenn er sein Content-Angebot stärker am Nutzer ausrichtet und sich auf seine Kernkompetenzen fokussiert, Erfolg haben kann. Und zwar, ohne dass die Politik sich einklinkt. Das heißt: Innovation wagen, das eigene Angebot entbündeln, um es besser bündeln zu können und auf der eigenen Plattform, also Website, verkaufen.

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