Ein Ziel der geplanten Wasserstrategie ist es, Nutzungskonflikten vorzubeugen. Wer sollte aus Ihrer Sicht bei den aufzustellenden Nutzungshierarchien ganz oben stehen?
Absolute Priorität genießt die Trinkwasserversorgung, also die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, selbstverständlich auch für die persönliche Hygiene. Davon abzugrenzen ist allerdings die öffentliche Wasserversorgung, die neben dieser Trinkwasserversorgung im engeren Sinne ja auch Wasser für Zwecke wie beispielsweise die Gartenbewässerung, das Befüllen von Pools und ähnlichem beinhaltet. Dieser Aspekt der öffentlichen Wasserversorgung muss gleichrangig behandelt werden wie die notwendige Wasserführung der Gewässer für die Aufrechterhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit, wie die Wassernutzung in der Industrie und in der Landwirtschaft sowie in der Energieversorgung. Hier brauchen wir bundesweite Rahmenregeln, damit die Entscheidungen vor Ort getroffen werden können. Grundsätzlich muss es aber Ziel sein, durch ein langfristiges intelligentes Wassermanagement Nutzungskonflikte weitestgehend zu vermeiden. Neben dem Rückhalt des Regenwassers vor Ort zählen dafür definitiv auch Maßnahmen zur Verringerung des Wasserverbrauches in Industrie, Landwirtschaft und Energiewirtschaft.
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Ihr Verband setzt nicht zuletzt auf eine wasserbewusste Stadtentwicklung. Wie sehen Sie dieses Anliegen in der geplanten Wasserstrategie abgebildet?
Wesentlicher Teil der Klimaanpassung ist der Umbau der urbanen Ballungsräume zu wasserbewussten Zukunftsstädten. Das Bundesumweltministerium setzt in der Nationalen Wasserstrategie auf das Schwammstadtprinzip zum Wasserrückhalt in der Fläche. Leitlinien für die Anpassung der Wasserinfrastruktur sollen entwickelt werden, um die Ziele Versorgungssicherheit, Starkregenvorsorge und Hitzeminderung durch Verdunstungskühlung zu erreichen. Die DWA steht bei der Entwicklung der Leitlinien als kompetente und erfahrene Partnerin zur Verfügung. Blau-Grüne Infrastruktur stärken, Fläche multifunktional nutzen, Stadtklima verbessern, Gewässer aufwerten, Umsetzungshemmnisse abbauen, Akteure vernetzen – die Kernelemente der Nationalen Wasserstrategie sind zentrale Aussagen des aktuellen DWA-Positionspapiers „Wasserbewusste Entwicklung unserer Städte“. Technisch ist der Umbau der Städte realisierbar, volkswirtschaftlich und ökologisch sehr sinnvoll. Wir erleben gerade, dass die ersten Bundesländer eigene Klimaanpassungsgesetze verabschieden beziehungsweise vorbereiten. Hier brauchen wir ambitionierte rechtliche Rahmenbedingungen und eine entsprechende Förderkulisse vom Land und vom Bund.
Im Rahmen der Strategie soll auch der Datenaustausch zwischen den zuständigen Stellen in Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen verbessert werden. Welchen Beitrag kann die Digitalisierung in diesem Bereich leisten?
Sowohl Pandemie-Verfolgung als auch die Probleme bei der Hochwasser-Warnung zeigten, dass Deutschland beim Thema Digitalisierung großen Nachholbedarf hat. Die Verfügbarkeit von aktuellen Daten ist insbesondere in Krisensituationen von höchster Bedeutung. Die 2020er Jahre müssen daher ein Digitalisierungs-Jahrzehnt für die öffentliche Hand werden. Ich sehe die Wasserwirtschaft dabei allerdings vergleichsweise gut aufgestellt. Hier kommen moderne Methoden der Anlagensteuerung, Planungen mit BIM-Methoden, Netzüberwachung mit Drohnen oder KI-Lösungen zum Einsatz. Insgesamt lässt sich jedoch in der Wasserstrategie ablesen, dass die Bewirtschaftung unserer natürlichen Wasserressourcen komplexer und aufwendiger wird. Die technischen Anforderungen an unsere Systeme werden daher kontinuierlich steigen.
In einem Sofortprogramm sollen in den kommenden 10 Jahren jeweils 100 Millionen Euro für einen besseren Zustand der Gewässer eingesetzt werden. Was sagen Sie zu dieser Summe?
Das zusätzliche Engagement des Umweltministeriums ist zunächst einmal zu würdigen. Die Umweltministerin hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass ihr das Thema Wasser wichtig ist. Gleichzeitig wissen wir jedoch, dass die notwendigen Investitionsmaßnahmen, die die Nationale Wasserstrategie nach sich zieht, mit einer solchen Summe nicht zu stemmen sind. Es sind daher vor dem Hintergrund wachsender Herausforderungen durch den Klimawandel, neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Für den Bereich Klimafolgenanpassung ist es beispielsweise sinnvoll, Geld aus der CO2-Bepreisung zu verwenden, weil hier ja ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Emissionen und der Notwendigkeit zu Anpassungsmaßnahmen besteht. Ich hoffe, dass wir hier nach den Bundestagwahlen in einen entsprechenden Austausch kommen werden.