Welche Auswirkungen hat der Konsum von Social-Media-Angeboten auf unser Verhalten, Familienleben und soziale Kompetenz von Heranwachsenden?
Social-Media-Angebote sind in der Digitalität selbstverständlicher Bestandteil der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen. Alles, was schon immer zum Aufwachsen dazugehörte, findet heute in vielfacher Weise auch in sozialen Medien statt. Diese sind Orte der Vergemeinschaftung, des Austauschs und Quellen für persönliche Interessen und die eigene Entwicklung – bieten also zunächst einmal sehr viel Anregungspotential für Heranwachsende. Dennoch bewerten viele Jugendliche bzw. deren Eltern ihre Social-Media-Nutzung als übermäßig, wenngleich der Anteil derjenigen, deren Nutzung suchtähnliche Tendenzen aufweist, derzeit gering ist. Der Umgang mit entsprechenden Angeboten wird in den meisten Familien irgendwann zum Thema. Dabei ist die Begrenzung der Nutzungszeiten deutlich verbreiteter als eine Auseinandersetzung mit oder Beschränkung von konkreten Inhalten. Social-Media-Plattformen sind zudem nicht neutral, sondern gewinnorientiert gestaltet. Diese Perspektive findet in Familien noch kaum Berücksichtigung bei der Beurteilung des Umgangs mit den Angeboten.
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Wie kann man Kinder und Jugendliche für manipulative Funktionen bei Social-Media-Plattformen sensibilisieren?
Unsere Daten zeigen, dass manipulative Mechanismen von Social-Media-Plattformen den wenigsten Jugendlichen bekannt bzw. bewusst sind. Stattdessen suchen die Heranwachsenden Gründe für eine übermäßige Nutzung meist bei sich selbst. Es zeigte sich aber auch, dass schon vergleichsweise niedrigschwellige Hinweise bei den meisten Jugendlichen dazu führen, dass sie entsprechende Mechanismen als solche wahrnehmen und reflektieren. Eine Sensibilisierung kann aus meiner Sicht weder Eltern noch Pädagog*innen allein überlassen bleiben. Stattdessen gilt es zuallererst die Verantwortlichen für den Einsatz manipulativer Mechanismen in die Pflicht zu nehmen. Deutlich sichtbare Warnhinweise können Heranwachsende bzw. ihre Eltern aufmerksam machen. Ein ethisches Design unter Verzicht auf manipulative Mechanismen sowie die Verpflichtung, das Alter der Nutzenden korrekt festzustellen, sollten entsprechende Hinweise ergänzen. Dennoch spielt auch die Auseinandersetzung der Jugendlichen mit Dark Patterns/Digital Nudging eine zentrale Rolle. Hierfür eignen sich pädagogische Settings innerhalb und außerhalb von Schule, sowie die Familien.
Strategien wie Dark Patterns und Digital Nudging wurden als manipulativ entlarvt. Sollte es gesetzlich geregelte Grenzen für verhaltensbeeinflussende Mediendesigns geben?
Auch wenn Selbstverpflichtungen von Plattformbetreibenden und das Ziel eines ethischen Designs wünschenswerte Entwicklungen wären, muss eine gesetzliche Regulierung des Einsatzes manipulativer Mechanismen diskutiert werden. Dabei ist es besonders wichtig Kinder und Jugendliche in ihren Lebenswelten ernst zu nehmen und ihnen Gehör zu verschaffen, anstatt über ihre Köpfe hinweg Regulierungen anzustreben, die sie in der Konsequenz womöglich aus für sie wichtigen Plattformen ausschließen. Selbstverpflichtungen und/oder Regulierungen sollten darüber hinaus insbesondere kein Anlass sein, die Bestrebungen der Medienkompetenzförderung zu reduzieren.
Wie kann die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen insgesamt gestärkt werden?
Es existieren unzählige sehr gute (medien-)pädagogische Angebote, welche den Umgang mit digitalen Angeboten bearbeiten. Eine Vielzahl von ihnen verfolgt das Ziel der Medienkompetenzförderung. Dabei kommen neben informativen Angeboten auch kreativ-gestaltende Angebote zum Einsatz. Viele außerschulische Angebote werden jedoch nur von einem Teil der Bevölkerung wahr- und angenommen. Eine stärkere Verankerung entsprechender Bildungsangebote in formalen Schulsettings aller Altersstufen und Fachbereiche kann hier die Medienkompetenzförderung noch deutlich vorantreiben. Dabei bietet es sich an, auf die langjährige Erfahrung der außerschulisch tätigen Pädagog*innen z.B. im Rahmen von Kooperationen zurückzugreifen. Zu berücksichtigen ist auch, dass nicht nur Kinder und Jugendliche in ihrer Medienkompetenz unterstützt werden müssen, sondern auch ihre Eltern.