Bislang gibt es keine Einigung auf einen künftigen Rundfunkbeitrag. Welche Höhe halten Sie auf längere Sicht für angemessen?
Die Länder verhandeln nicht über die Höhe des Rundfunkbeitrags, sie ringen vielmehr um eine grundsätzliche Reform der Beauftragung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Der Gesetzgeber darf den Rundfunkbeitrag nicht dazu nutzen, auf kaltem Wege das Programm zu beeinflussen. Das ist verfassungsrechtlich verboten. Die Höhe des Rundfunkbeitrags folgt dem Programmauftrag – nicht umgekehrt. Deswegen sollten wir zuerst gucken, wie wir den Programmauftrag neu definieren. Wir wollen ihn flexibler gestalten, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk schnell auf sich verändernde Rahmenbedingungen und ein sich veränderndes Nutzungsverhalten reagieren kann. Dazu gehört u.a. darüber zu diskutieren, welche Programme gesetzt bleiben und welche ins Ermessen der Anstalten gestellt werden. Darauf aufbauend müssen die Finanzierungsgrundlagen entsprechend angepasst werden. Im Ergebnis sind das kommunizierende Röhren.
Parallel dazu muss natürlich die Höhe des Rundfunkbeitrags im Auge behalten werden. Es gibt Schätzungen, die davon ausgehen, dass der Rundfunkbeitrag ab 2021 um bis zu 2€ monatlich steigen könnte, wenn sich am jetzigen System nichts ändert. Das könnte die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nachhaltig schädigen. Das wollen wir verhindern. Deshalb ist Eile geboten. Wir plädieren deshalb für eine Umstellung der Finanzierung, bei der der Rundfunkbeitrag an einen Index gekoppelt wird – bei gleichzeitiger Flexibilisierung des Programmauftrags – möglichst schon ab 2021. Das sind für uns zwei Seiten ein und derselben Medaille. Zugleich schafft dies Planungssicherheit für Rundfunkanstalten und Beitragszahlern.
Es gibt den Vorschlag, den Rundfunkbeitrag an die Verbraucherpreise zu koppeln. Was halten Sie von der Idee?
Mit der Flexibilisierung des Auftrags sollen auch die Finanzierungsgrundlagen anpasst werden. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, die Entwicklung des Rundfunkbeitrags zukünftig an einen Index (zum Beispiel den Inflationsausgleich) zu koppeln, wobei der Index die funktionsgerechte Finanzierung der Rundfunkanstalten abbildet.
Hinsichtlich des Basiswertes steht die Idee im Raum, dass wir zunächst noch einmal schauen, welchen Bedarf die Anstalten für 2021 und 2022 nach bisherigem System hätten und welcher Rundfunkbeitrag sich daraus ergäbe. Dieser Wert wäre gleichzeitig „Absprungpunkt“ für die Indexierung des Rundfunkbeitrags ab 2023. Von da an würde der Beitrag automatisch alle zwei Jahre um den Inflationsausgleich der beiden zurückliegenden Jahre erhöht.
Welche Rolle könnte die KEF noch spielen, wenn der Rundfunkbeitrag an die Verbraucherpreise gekoppelt sein sollte?
Aus unserer Sicht würde die Rolle der KEF in einem neuen System gestärkt. Wesentliche Aufgabe der KEF im bisherigen System ist es, „unter Beachtung der Programmautonomie der Rundfunkanstalten den von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarf fachlich zu überprüfen und zu ermitteln“. Auch zukünftig prüft die KEF, ob eine auskömmliche Finanzierung der Rundfunkanstalten sichergestellt ist. – nur nicht mehr vor, sondern nach einer Beitragsperiode.
Das System eines Indexierungsmodells setzt grundsätzlich auf eine „ex-post“-Kontrolle, das heißt, die KEF prüft erst am Ende eines Beitragszeitraums, ob eine Fehlentwicklung vorliegt, auf die ggf. reagiert werden muss.
Die KEF kontrolliert übrigens nicht nur eine Unterfinanzierung der Rundfunkanstalten. Vor dem Hintergrund des EU-Beihilferechts ist es ebenso wichtig, Überkompensationen zu vermeiden. Auch das müsste die KEF im Blick haben.
Zuletzt ganz grundsätzlich: Wie viel öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann und sollte sich Deutschland künftig leisten?
Wir brauchen einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der auch in einem zunehmend digitalisierten Umfeld alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten der Bevölkerung erreicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Sommer in seinem Urteil zum Rundfunkbeitrag auch grundsätzliche Anmerkungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemacht. So hebt das Urteil die Bedeutung des beitragsfinanzierten Rundfunks im digitalen Zeitalter sehr stark hervor. ARD und ZDF werden ausdrücklich ermahnt, ein Gegengewicht zu Privatsendern und sozialen Netzwerken zu bilden. Denn sie müssten aufgrund ihrer Beitragseinnahmen nicht gewinnorientiert arbeiten. Im Urteil heißt es wörtlich:
„Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken."
Dies ist genau der Ansatz der Initiative, welche von SH maßgeblich unterstützt wird und welche schon vor dem Urteil verfolgt wurde.