Das BGH hat aktuell ein Urteil zu Dashcams gesprochen, nach dem Aufnahmen von Dashcams bsw. bei Unfällen vor Gericht verwendet werden dürfen. Ist damit die Rechtsunsicherheit jetzt vollkommen vom Tisch, oder bleiben weiter ungeklärte Fragen für Anwender aber auch für Geschädigte?
Das Urteil hat noch keine abschließende Rechtssicherheit hergestellt. Zwar können Aufnahmen von Dashcams künftig bei Zivilverfahren als Beweismittel herangezogen werden. Zum Beispiel bei Vergehen wie Nötigung werden damit nun objektivere Beweise möglich. Der Einsatz der Kameras selbst ist aber nach wie vor problematisch. Die dauerhafte Überwachung des Straßenverkehrs mit einer Kamera verstößt gegen den Datenschutz. Je nachdem, wie die Kamera die Daten speichert, könnte es also sein, dass der oder die Fahrende sich für einen Verstoß gegen den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte verantworten muss. Durch die Berichterstattung ist leider der Eindruck entstanden, der Einsatz von Dashcams sei grundsätzlich unbedenklich. Dabei ist diese Frage im Kern nicht Bestandteil des Urteils gewesen. Es ging vielmehr darum, ob eine bestehende Aufnahme als Beweismittel genutzt werden kann. Der grundsätzliche Schutz der Persönlichkeitsrechte wird dadurch aber nicht berührt.
Muss die Politik hier ggf. gesetzgeberisch nachbessern?
Derzeit sehe ich keinen akuten Handlungsbedarf. Datenschutz und Persönlichkeitsrechte sind aus gutem Grund geschützt. Ich denke nicht, dass hier eine Aufweichung in irgendeinem Verhältnis zum möglichen Nutzen steht. Den Einsatz solcher Kameras hingegen gänzlich zu verbieten, ist aus meiner Sicht nach derzeitigem Kenntnisstand ebenfalls nicht notwendig. Sollte sich aber im Nachgang des Urteils herausstellen, dass es vermehrt zu Datenschutzverstößen kommt oder die Verkehrssicherheit gefährdet wird, wäre gegebenenfalls eine Nachbesserung geboten.
Wie schätzen Sie grundsätzlich den Nutzen von Dashcams für die Verkehrssicherheit ein? (Stichwort Dashcam oder Crashcam?)
Der kontrollierte Einsatz von Kameras durch die Polizei hat sich bewährt. Hier gibt es klare Vorschriften zum Umgang. Die immer weiter verbreitete Aufnahme des Verkehrsgeschehens durch Private ist hingegen deutlich zwiespältiger zu beurteilen. Dashcams sind neben anderer Ausstattung ein weiterer Ablenkungsfaktor für Fahrende. Das Bestreben der Politik war es in den vergangenen Jahren, mögliche Ursachen für Ablenkungen zu minimieren. So wurde zum Beispiel das Handyverbot modernisiert, so dass auch die Benutzung von Touchscreens und Ähnlichem erfasst ist. Immer mehr Unfälle passieren, weil die Fahrenden abgelenkt sind. Da ist ein weiteres technisches Gerät in der Fahrendenkabine nicht sinnvoll. In Einzelfällen mag es möglich sein, bestimmte Verkehrssituationen besser aufklären zu können. Dafür ist aber ein dauerhafter Betrieb der Kamera notwendig, der aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu rechtfertigen ist. Wenn Fahrende überhaupt über eine Kamera nachdenken, sind Crashcams sinnvoller, die nur für einen kurzen Zeitraum Aufnahmen speichern und danach die Daten überschreiben.
Welche Empfehlungen und Richtlinien haben Sie für Nutzer von Dashcams? Was können Autofahrer tun, die Ihre Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte durch Dashcams eingeschränkt sehen?
Vor allem bei schwerwiegenderen Unfallgeschehen gibt es bei der polizeilichen Unfallaufnahme technische Mittel, die zur Aufklärung beitragen. Teilweise werden auch Sachverständige beauftragt. Die Unfallursache ist in diesen Fällen fast immer feststellbar. Bei Bagatellunfällen können Aufnahmen von Dashcams durchaus Hinweise zum Unfallhergang liefern. Hier ist die Faktenlage auch durch die Polizei vor Ort ohne Aufzeichnungen nicht immer eindeutig zu klären. Jeder und jede muss jedoch für sich selbst entscheiden, ob der Vorteil im Verhältnis zum Risiko beim Einsatz einer solchen Kamera einen wirklichen Mehrwert bringt. Falls jemand eine Kamera einbaut, ist er oder sie dazu verpflichtet, die Datenschutzbestimmungen einzuhalten und die Persönlichkeitsrechte der anderen Verkehrsteilnehmenden zu achten.