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Radio über Mobilfunk ist frequenzökonomischer Wahnsinn

Was DAB+ aus Sicht eines Geräteherstellers braucht

Lars Grothe, Marketing Manager JVCKENWOOD Deutschland GmbH Quelle: JVCKENWOOD Deutschland GmbH Dipl. Des. Lars Grothe Leiter Marketing JVCKENWOOD Deutschland GmbH 22.07.2019
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"Die Entscheidung für DAB+ ist längst gefallen und es gibt seitens der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum weiteren Ausbau der DAB+ Infrastruktur", sagt Lars Grothe, Marketing Manager JVCKENWOOD Deutschland GmbH mit Blick auf die Entscheidung des Niedersächsischen Landtags gegen DAB+. Er befürchtet, dass der Konflikt um den digitalen Standard letztlich auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen wird.







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Welche Auswirkungen hat der Beschluss des Niedersächsischen Landtags - den Antrag der FDP Niedersachsen anzunehmen (Beendigung der Förderung von DAB+) -  auf die Zukunft des digitalen Radioübertragungs-Standards in Deutschland?
Faktisch wird der Niedersächsische Beschluss hoffentlich keine Auswirkungen haben, denn die Entscheidung für DAB+ ist längst gefallen und es gibt seitens der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum weiteren Ausbau der DAB+ Infrastruktur. Sowohl Staatsministerin Dorothee Bär als auch Staatssekretärin Heike Raab haben sich bei der Veranstaltung „DAB im Dialog“ im März diesen Jahres deutlich für Digitalradio ausgesprochen und die nationale Umsetzung der von der EU beschlossenen Interoperabilitätsverpflichtung angekündigt.

Nicht zu unterschätzen sind allerdings die Auswirkungen auf die öffentliche Debatte, da es immer noch eine große Anzahl von DAB-Skeptikern gibt. Das ist umso ärgerlicher, als dass die Akzeptanz von Digitalradio beim Kunden in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen hat und DAB-Produkte mittlerweile kontinuierlich nachgefragt werden.

Insofern ist es bedenklich, dass ein ökonomisch und technisch sinnvolles Projekt durch privatwirtschaftliche Eigeninteressen torpediert wird und der Konflikt dann letztlich auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen wird. Allerdings sind die zunächst zögerliche Förderung des Digitalradios und das nach wie vor fehlende UKW-Abschaltszenario nicht ganz unschuldig an dieser Situation. Hier hätte man sich von Anfang an ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zur Digitalisierung des Runkfunks und einen langfristigen „Masterplan“ gewünscht, denn letztlich brauchen alle Beteiligten inklusive der Verbraucher vor allem Planungssicherheit.

Was bedeuten derartige Signale für Sie als Gerätehersteller, der jahrelang in DAB+ investiert hat und gerade auch im Automotive-Bereich als Hersteller von DAB+ Geräten führend ist?
Für uns als Hersteller, der Unterhaltungselektronik weltweit vermarktet, hat der Beschluss keine wesentliche Bedeutung. Wir produzieren Radioempfangsgeräte für analoge und verschiedene digitale Rundfunksysteme und können unseren Kunden die Produkte anbieten, die nachgefragt werden.

Laut dem Beschluss des Niedersächsischen Landtags  ist DAB+ nur eine Übergangslösung und digitales Radio werde künftig über breitbandiges Internet wie den Mobilfunkstandard 5G übertragen. Für wie haltbar schätzen Sie diese Bewertung ein?
Angesichts des stetig wachsenden Datenverkehrs und der immer neuen Anforderungen an Breitbandinternet – vom rapiden Wachstum der Streamingdienste bis hin zu Zukunftstechnologien wie dem autonome Fahren – ist es eigentlich frequenzökonomischer Wahnsinn, individuelle Radiostreams über Mobilfunk zu verbreiten.

Wir sehen doch heute schon bei jeder Großveranstaltung, wie schnell das Mobilfunknetz überlastet ist und weder Telefonate noch Messengerdienste funktionieren. Darüber hinaus stellt sich natürlich die Frage, wie schnell 5G überhaupt flächendeckend ausgebaut werden kann und wie das finanziert werden soll. Es hat sich ja bereits bei LTE gezeigt, dass der Ausbau viel langsamer voranschreitet als geplant und LTE längst noch nicht flächendeckend vorhanden ist.

Das DAB-Sendernetz ist in Deutschland mittlerweile gut ausgebaut und es ist volkswirtschaftlich absolut sinnvoll, diese Infrastruktur zu nutzen, denn hier spielt die Anzahl der Empfänger keine Rolle. Das ist übrigens auch im Falle einer Krisensituation ein wesentliches Argument für die terrestrische Verbreitung von Rundfunk.

In Österreich sind gerade Ende Mai eine ganze Reihe Privatradios auf DAB+ on Air gegangen, in Norwegen ist UKW abgeschaltet. Wie bewerten Sie den niedersächsischen Vorstoß im europäischen Kontext?
Im Grunde führt der Beschluss in Niedersachsen die vom EU-Parlament verabschiedete Digitalradiopflicht für Neuwagen und die Interoperabilitätsverpflichtung für Radioempfänger ad absurdum. Während andere europäische Länder ihre DAB-Infrastruktur konsequent ausbauen und Digitalradio auf dem Weg zum europäischen Rundfunkstandard ist, möchte Niedersachsen die Förderung von Digitalradio beenden. Für uns als Unternehmen und für mich persönlich als Steuerzahler ist der Beschluss des Niedersächsischen Landtags angesichts der Faktenlage nicht nachvollziehbar.

Welche neuen DAB+ Produkte planen JVC und Kenwood  in den kommenden Monaten?
JVC und Kenwood haben sich im Laufe der Jahre als führende Anbieter von DAB-Autoradios etabliert. Da die Marke Kenwood auf eine lange Audiotradition zurückblicken kann, ist es nur konsequent die steigende Nachfrage nach DAB-Heimempfänger auch mit Audioprodukten von Kenwood zu befriedigen. Wir werden daher zur IFA 2019 ein ganzes Sortiment von Kenwood Home-Audio-Produkten mit DAB+ Empfang vorstellen – angefangen vom smarten DAB-Kompaktradio bis hin zum klangstarken DAB-HiFi-System. Und auch bei JVC erweitern wir unser DAB-Audiosortiment und präsentieren eine Neuauflage des legendären JVC Boomblasters – natürlich mit DAB+ Empfänger.

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