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Programmkürzungen wären der einfachste Weg, Reformen zu umgehen

Warum Sachsen-Anhalt auf andere Vorschläge der ARD wartet

Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und Minister für Europa- und Medienangelegenheiten des Landes Sachsen-Anhalt Quelle: Staatskanzlei/Andreas Lander 25.01.2018
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Sachsen-Anhalts Staatskanzlei-Chef Rainer Robra wundert sich darüber, "dass der neue ARD-Vorsitzende anscheinend glaubt, sich der Effizienzverbesserung der ARD entziehen zu können, indem er den Abbau des inhaltlichen Angebots zur Option macht." Im Übrigen sollten die Rundfunkanstalten im Internet im Schwerpunkt audiovisuelle oder auditive Inhalte anbieten.







Der neue ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm kündigt Einschnitte im Programm an, falls die Rundfunkbeiträge nicht wenigstens um einen Teuerungsausgleich ansteigen. Wie bewerten Sie das?Insbesondere auch da die KEF im Dezember verbreitete, dass die Öffentlich-Rechtlichen bis 2020 mit weniger Geld auskommen müssten, als sie angemeldet haben.
Die Ländergemeinschaft ist sich einig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Sicherung der Meinungsvielfalt wichtiger ist, denn je. Zugleich eint die Länder das Ziel, die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Rundfunkanstalten auf allen Gebieten zu verbessern, die für die Herstellung der Angebote relevant sind. Unter der Überschrift „Auftrag und Strukturoptimierung“ läuft derzeit eine intensive Diskussion der Länder mit den Rundfunkanstalten, wie dieses Ziel erreicht werden kann, und zwar möglichst ohne das Einschnitte ins Programm notwendig werden. Einsparungen durch Programmkürzungen  wären für die Rundfunkanstalten natürlich der einfachste Weg, die längst fälligen Änderungen in ihren Verwaltungen und Strukturen zu umgehen. Den Schaden hätte die gesamte Gesellschaft, die für ein geschrumpftes Angebot denselben oder sogar einen höheren Rundfunkbeitrag zahlen müsste, während die Rundfunkanstalten es sich in ihren veralteten Strukturen weiter bequem machen könnten. Ich wundere mich daher, dass der neue ARD-Vorsitzende anscheinend glaubt, sich der Effizienzverbesserung der ARD entziehen zu können, indem er den Abbau des inhaltlichen Angebots zur Option macht. Besser wäre es, die ARD würde endlich Vorschläge auf den Tisch legen, die auch nach kritischer Prüfung dazu führen, dass die Höhe des Rundfunkbeitrags möglichst lange stabil bleibt. Und was den scheinbar bescheidenen Wunsch nach einem Teuerungsausgleich angeht: Der ARD-Vorsitzende sollte wissen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ab 2013 bis Ende 2020 allein durch die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag nach Angabe des 20. KEF-Berichts eine Mehreinnahme von rund 3,9 Mrd. Euro erzielt.  

Programmlich sieht der neue ARD-Vorsitzende vor allem die Talkshows als „zu dominant an - sind diese Formate aus Ihrer Sicht überpräsent im öffentlich-rechtlichen Fernsehen?
Die ARD-Talkshows befassen sich grundsätzlich mit Themen, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden oder zumindest diskussionswürdig sind. Zudem haben sie zeitlich gute Sendeplätze und erreichen daher relativ viele Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Format als solches halte ich daher zur Vermittlung gesellschaftlich relevanter Themen für durchaus geeignet. Wenn man die Anzahl der Talkshows reduziert, fragt sich, was an ihrer Stelle gesendet werden soll. Noch mehr Unterhaltung wäre sicherlich die verkehrte Alternative. Sollte sich der ARD-Vorsitzende hingegen dafür einsetzen wollen, den seit langem vernachlässigten Dokumentarfilm wieder prominent ins Programm aufzunehmen und diese Produktionen auskömmlich zu finanzieren, könnte er mit breiter Unterstützung rechnen.

Bei vielen strukturellen Änderungen wie Sender-Zusammenlegungen oder -Kooperationen verweist der neue ARD-Vorsitzende auf die Rechtslage, wobei sich aus Rundfunk- und Kartellrecht Widersprüche ergeben. Welches sind die wichtigsten Veränderungen am Rechtsrahmen, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk für seine Zukunft braucht?
Dieser Hinweis ist zutreffend. Deswegen haben die Länder aktuell im 21. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausdrücklich eine Regelung geschaffen, die die ARD-Landesrundfunkanstalten zur Zusammenarbeit ermächtigt. Ein abgestimmtes Verhalten der ARD, das zu mehr Effizienz beiträgt, ist erforderlich und sollte daher nicht sofort auf wettbewerbsrechtliche Hindernisse stoßen. Der ARD-Vorsitzende wird dieses Argument also schon bald nicht mehr heranziehen können, um damit Ideen- und Tatenlosigkeit auf dem Weg zu mehr Effizienz zu begründen.

Streit gibt es insbesondere auch um die öffentlich-rechtlichen Digitalangebote, insbesondere Presseverlage fühlen sich durch diese bedroht. Welche Inhalte sollten die Öffentlich-Rechtlichen im Netz verbreiten?
Die Rundfunkanstalten sind bereits heute mit umfangreichen Telemedienangeboten im Netz unterwegs. Die Nutzungszahlen sind über viele Jahre langsam, aber kontinuierlich gestiegen.  Besonders für jüngere Menschen ist das Internet das alleinige Medium. Deswegen gilt der qualitative Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Grundsatz auch für die Telemedienangebote. Als Beispiel sei die Regelung des § 11 g Rundfunkstaatsvertrag für das ARD-ZDF-Jugendangebot „Funk“ genannt. Bei der aktuellen Diskussion um die zeitgemäße Formulierung des Telemedienauftrags zeigte sich aber, dass die ARD-Landesrundfunkanstalten durch den Umfang ihrer textbasierten Telemedien in Gefahr sind, der gedruckten Presse zu starke Konkurrenz zu machen. Um das schon seit langem geltende Verbot pressähnlicher Telemedienangebote zuverlässiger und klarer als bisher zu formulieren, sollten die Rundfunkanstalten im Internet daher nach meiner Ansicht verpflichtet werden, im Schwerpunkt audiovisuelle oder auditive Inhalte anzubieten.

Das ZDF verhält sich bereits so und der WDR hat sich nun auch zu diesem Ziel bekannt. Eine solche Lösung wäre für die weitere Entwicklung unserer Qualitätsmedien wohltuend.

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