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Problemfall User-Generated Content

FSM für mehr Klarheit innerhalb der bestehenden Regulierung

Martin Drechsler, Geschäftsführer Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) Quelle: Imo/ FSM Martin Drechsler Geschäftsführer Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) 24.10.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Für FSM-Geschäftsführer Martin Drechsler muss der Fokus von Jugendmedienschutz und Medienbildung "auf der Sensibilisierung und Orientierung liegen – bei den Kindern selbst, aber vor allem auch bei den Eltern". Regeln gibt es viele und dennoch bleiben Grauzonen und Herausforderungen.







Kinder sind inzwischen häufig als Protagonisten in Internetvideos zu sehen. Sehen darin eher eine Chance, weil Kinder so mit moderner Kommunikationstechnik umgehen lernen - oder eher Gefahren für die Persönlichkeitsentwicklung?
Das kommt sehr darauf an. Natürlich müssen die Videoinhalte kind- und zielgruppengerecht sein. Es gibt im Bereich „positive Kinderonlineinhalte“ bereits hilfreiche Guidelines für altersangemessene, sichere und attraktive Inhalte, die sich vor allem an der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen orientieren. Das Internet kann für Kinder ein Ort der Kreativität und Selbstverwirklichung sein. Aber es gibt auch Risiken z.B. bei Datenschutz und Privatsphäre, die es zu adressieren gilt. Hinzu kommt, dass Kinder oft noch nicht in der Lage sind, die Folgen dessen abzuschätzen, was sie online tun. Wie viel Reichweite ein Video tatsächlich hat, der mögliche Kontrollverlust über die Inhalte und das nicht immer nur positive Feedback einer oft anonymen Öffentlichkeit sind Dinge, die Kinder nur schwer absehen können. Der Fokus von Jugendmedienschutz und Medienbildung muss daher auf der Sensibilisierung und Orientierung liegen – bei den Kindern selbst, aber vor allem auch bei den Eltern. Oft sind Eltern auch als Produzenten von Onlinevideos aktiv und benötigen Unterstützung, wie sie in diesem Spannungsfeld ihren Erziehungs- und Schutzauftrag erfüllen können.

Neben vielen unkommerziellen Videos gibt es auch solche, in denen Kinder als sogenannte Influencer auftreten – sehen Sie auf diesem Gebiet Regulierungsbedarf?
Es gibt bereits umfangreiche Regulierung auf diesem Gebiet in den werberechtlichen Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrages. Im deutschen Werberecht gilt der Trennungs- und Kennzeichnungsgrundsatz, das heißt Werbung muss klar erkennbar und vom übrigen Inhalt des Angebotes eindeutig getrennt sein. Außerdem sind in Videos, in denen Kinder als Protagonisten auftreten, besondere werberechtliche Anforderungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages zu beachten. Treten Kinder als Darsteller in Werbevideos auf, so dürfen diese Videos den Interessen von jungen Zuschauern nicht schaden oder deren Unerfahrenheit ausnutzen. Auch das Verbot der Kinderarbeit in Deutschland und der Schutz des Persönlichkeitsrechts von Kindern müssen beachtet werden. Erforderlich ist zudem stets eine Einwilligung in die Veröffentlichung von Bild- und Videoaufnahmen. Bei jüngeren Kindern ist dies die alleinige Aufgabe der Eltern, mit zunehmendem Alter haben Kinder und vor allem Jugendliche aber auch das Recht, hier mitzubestimmen. Natürlich gibt es auf diesem Gebiet auch Grauzonen. Wie wird z.B. das unbezahlte Testen von Spielzeug bewertet oder wie verhält es sich, wenn Kinder in kommerziellen Videos der Eltern die Protagonisten sind? Hier wünsche ich mir künftig mehr Klarheit in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht und die Einordnung von kommerziellen und nicht-kommerziellen Angeboten innerhalb der bestehenden Regulierung.

Kinder sind als Protagonisten besonders für andere Kinder vertrauenswürdig – vor welche Herausforderungen stellen junge Influencer die Medienbildung?
Die Herausforderungen für die Werbekompetenzvermittlung nehmen durch neue Kommunikationswege und Inszenierungsformenbeispielsweise auf Videokanälen und über Social Media zu. Wenn Kinder dabei als Protagonisten erscheinen, ist diese Herausforderung besonders hoch. Durch Social-Media-Kanäle werden vermeintliche Nähe und Authentizität vermittelt. In diesen Fällen ist die gezielte Auseinandersetzung mit Hintergründen und Absichten sowie absolute Transparenzbezüglich kommerzieller Absichten notwendig. Für die Medienbildung liegt die Herausforderung auch in der Unterstützung der Eltern. Für Eltern als Produzenten von Kinder-Influencern muss die Medienbildung eine Kontroll- und Begleitfunktion ausüben, und sie muss Reflexionsprozesse zur eigenen Rolle anstoßen und begleiten. Für Eltern von kindlichen Nutzern der Influencer-Videos müssen Maßnahmen der Medienbildung Hilfestellungen zur Begleitung der Kinder liefern. Die Influencer selbst können aber natürlich auch als Unterstützer für eine altersgerechte Medienkritik auftreten, die Strukturen hinterfragen und die eigene Rolle sowie die Rolle von Kindern in der Medienwelt reflektieren.

Auf den großen Plattformen kommen Kindern mitunter auch mit nicht altersgerechten Inhalten in Berührung – sehen Sie in dieser Frage Regelungsbedarf?
Die großen Plattformen leben davon, dass die Nutzer selbst riesige Mengen an Inhalten hochladen, austauschen und kommentieren. Das macht die Kontrolle über diese Inhalte sehr schwierig. Außerdem richten sich viele der Plattformen nicht explizit an Kinder. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, der Anbietern von Inhalten, die Kinder schädigen könnten, Vorgaben gibt, stößt bei User-Generated Content an seine Grenzen. Für die FSM besteht ein gelungener Jugendmedienschutz aber gerade aus einer Verbindung zwischen Schutz und Befähigung. Mit gezielter Medienbildung, die das Mediennutzungsverhalten, die Begleitung durch die Eltern, Aufklärung über kindgerechte Plattformen und geeignete technische Schutzlösungen thematisiert, kann zusammen mit dem vorhandenen regulatorischen Rahmen ein ganzheitlicher Jugendmedienschutz gelingen.

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