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Probieren die deutschen Unternehmen zu wenig Neues aus?

Was für mehr Home Office spricht

Karl Brenke - Volkswirt, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) Quelle: Anna Blancke Karl Brenke Volkswirt Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) 28.03.2019
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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DIW-Experte Karl Brenke findet es "erstaunlich, dass Deutschland bei modernen Arbeitsformen international weit hinterherhinkt." Dabei würde mehr Home Office allen helfen: denn Mitarbeitern, den Unternehmen, der Umwelt. Was muss also passieren?







Die Zahl der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Arbeit im Home Office erlauben, ist stark angestiegen. Worin liegen die Vorteile der Heimarbeit für Unternehmen und Beschäftigte?
Man muss differenzieren. In der EU ist in den letzten Jahren der Anteil derjenigen abhängig Beschäftigten gestiegen, die überwiegend oder hin und wieder zu Hause ihrem Beruf nachgehen. In Deutschland gab dagegen lediglich eine Stagnation auf unterdurchschnittlichem Niveau. So ist in den skandinavischen EU-Ländern, den Niederlanden, in Frankreich, im UK oder in Österreich der Anteil der Arbeitnehmer mit Home-Office-Tätigkeiten zwei- bis dreimal so hoch wie in Deutschland.

Das ist erstaunlich, denn die Vorteile liegen auf der Hand. Die Arbeitnehmer könnten mehr Zeitautonomie erreichen und es könnte erhebliche Zeit gespart werden, da weniger häufig von zu Hause zum betrieblichen Arbeitsplatz gependelt werden müsste. Das schont auch die Umwelt. Die Arbeitgeber könnten Produktivitätsgewinne realisieren.

Untersuchungen zeigen, dass im Home Office mehr Überstunden geleistet werden. Wie sollten die Mitarbeiter vor sich selbst und den Erwartungen ihrer Vorgesetzten geschützt werden?
Als Arbeitnehmer muss man diszipliniert mit der Zeit umgehen. Ablenkungen und Trödeleien werden dazu führen, dass die Arbeit zu Hause übermäßig lang wird. Das kann man vermeiden. Es muss aber auch dafür gesorgt sein, dass das von den Vorgesetzten verlangte Arbeitspensum fair bemessen ist. Ist das häufiger nicht der Fall, muss ein Gespräch gesucht werden – notfalls auch mit dem Betriebs- oder Personalrat.

40 Prozent der heutigen Arbeitsplätze wären Home-Office-fähig. In welchem Umfang wird das klassische Präsenz-Büro künftig überhaupt noch gebraucht?
Wahrscheinlich immer weniger. Dafür sorgen auch die modernen Kommunikationstechniken. Home-Office wird überdies selbst Veränderungen in der Arbeitswelt vorantreiben. Schrittweise dürfte sich die Leistungsbemessung verändern. Dann wird Leistung immer weniger daran gemessen, wieviele Stunden jemand im Büro verbracht hat – sondern daran, was er oder sie tatsächlich geschafft haben. Es wird immer weniger der Input, also die Anwesenheit der Maßstab sein, sondern der tatsächliche Output, also das erbrachte Produkt. Hier liegen große Möglichkeiten für Produktivitätssteigerungen. Wahrscheinlich wird dann auch auf manche Meetings verzichtet werden, da sie ohne nur Rituale sind oder der Selbstbestätigung dienen.

Die SPD strebt ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Home-Office-Arbeit für Arbeitnehmer mit entsprechenden Arbeitsplätzen an. Wie bewerten Sie das?
Ich bin eigentlich immer skeptisch, wenn die Politik mit neuen Regulierungen daher kommt. Aber vielleicht hat eine gesetzliche Regelung bei Home-Office die Funktion eines Weckrufs. Denn es ist schon erstaunlich, dass Deutschland bei modernen Arbeitsformen international weit hinterherhinkt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass in nicht wenigen Betrieben die Mühe gescheut wird, Neues auszuprobieren. Das spricht nicht gerade für das Führungspersonal in vielen Unternehmen oder Behörden in Deutschland.

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