Experten sehen die Landwirtschaft in einer digitalen Transformation hin zum Smart Farming. Wie unterstützen Sie die Betriebe in Ihrem Land auf diesem Weg?
In der Tat befinden wir uns in Mitten eines Transformationsprozesses hin zu einer digitalen Landwirtschaft der alle Agrarsektoren und Wirtschaftsweisen betrifft.
Um im Wettbewerb bestehen zu können, sind unsere Landwirte gefordert, umweltschonend, rationell und nachhaltig zu wirtschaften. Mit der Digitalisierung kann ein sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltiges Wirtschaften in der Agrarwirtschaft gefördert werden. So können Böden zum Beispiel schonender bewirtschaftet oder Pflanzenschutz-, Düngemittel und Treibstoffe effizienter eingesetzt und eingespart werden. Bereits heute werden Betriebsleiter durch „Smart Farming“ wie zum Beispiel moderne Informations- und Kommunikationstechnologien in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt, aber auch bei Arbeiten entlastet wie beispielsweise durch automatische Spurführungssysteme oder Robotertechnologien.
Damit ist es aber noch nicht getan. Wir müssen die Betriebe bei der digitalen Transformation begleiten. Wir bündeln in Baden-Württemberg unsere Aktivitäten über das integrierte Programm „Landwirtschaft 4.0 – nachhaltig.digital“, welches Teil der Digitalisierungsstrategie digital@bw des Landes ist. Landwirtschaft 4.0 – nachhaltig.digital steht für das Leitbild einer modernen, technologieaffinen, nachhaltigen Landwirtschaft. Unter dem Feld „Landwirtschaft 4.0“ wird in Projekten des Pflanzenbaus, Tierhaltung und Bildung geforscht, gelehrt und die Betriebe werden durch gewonnen Erkenntnisse bei der digitalen Transformation begleitet sowie durch verschiedene Förderangebote unterstützt.
Selbstfahrende landwirtschaftliche Maschinen, Drohnen über den Feldern, Roboter im Stall – wie kann sichergestellt werden, dass kleinere Betriebe in solche Zukunftstechnologien angemessen investieren können?
Selbstverständlich müssen wir dafür sorgen, dass unsere kleineren Betriebe bei der Digitalisierung nicht abgehängt werden. Auch Sie müssen von der Digitalisierung profitieren können.
Damit ein wirtschaftlicher Einsatz digitaler Technologien unter hiesigen Bedingungen wirtschaftlich wird muss der überbetriebliche Einsatz noch stärker forciert werden. Hier unterstützen wir etwa über die Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP) ein Projekt des Landesverbandes der Maschinenringe, bei dem die digital unterstützte überbetriebliche Bewirtschaftung im Mittelpunkt steht. Das ist für unsere vielfältigen Betriebsstrukturen von enormer Bedeutung, insbesondere etwa bei der Umsetzung der zukünftig geforderten bodennahen Gülleausbringung.
Außerdem fördern wir durch unser Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) Precision Farming Maßnahmen zur teilflächenspezifischen und sensorgesteuerten Düngung mit 80 €/ha, reduzierte Bodenbearbeitung im Strip-Till-Verfahren mit GPS-Unterstützung mit 120 €/ha und die Ausbringung von Trichogramma in Mais mit 80 €/ha, welche den Einsatz der Drohnentechnologie in der Landwirtschaft deutlich befördert hat.
Im Rahmen unseres Beratungsprogramms „Beratung.Zukunft.Land.“ fördern wir ein Spezialmodul „Digitalisierung und Vernetzung“, das auf die Einführung und Integration digitaler Technik in landwirtschaftlichen Unternehmen abzielt. Beratungsinhalte sind die Information über Chancen und Risiken der Digitalisierung etc. Dieses Beratungsmodul wird in Höhe von 80 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten, bis zu 1.100 €, gefördert.
Im Rahmen unseres Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) besteht die Möglichkeit einer finanziellen Förderung von Pflanzenschutzgeräten mit Sensorsteuerung, von Geräten zur mechanischen Unkrautbekämpfung mit elektronische Reihenführung mittels optischer Sensoren oder von Satellitentechnologie. Auch bei Investitionen im Bereich Tierhaltung können Technologien der Innenwirtschaft wie Melkroboter, Spaltenroboter, Fütterungsroboter oder Anlagen zur Tiererkennung gefördert werden.
Welchen Beitrag kann die Digitalisierung auf dem Weg zu nachhaltigerer Landwirtschaft leisten?
Die Digitalisierung nimmt eine Schlüsselrolle ein, wenn es darum geht, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz in der Landwirtschaft der Zukunft zu kombinieren. Die Landwirtschaft arbeitet in der Natur und mit der Natur. Wenn es darum geht, Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, kommen wir an moderner digitaler Technik nicht vorbei. Precision Farming kann dazu beitragen, dass Kraftstoff, Dünger und Pflanzenschutzmittel effizienter eingesetzt und so eine klima- und ressourcenschonendere Landwirtschaft betrieben werden kann. Dies fördert auch die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Wir arbeiten in Baden-Württemberg auf vielen Ebenen und mit unseren Partnern daran, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und den Ausbau des Ökolandbaus weiter voranzutreiben. Auch hierbei werden digitale Technologien zur punktgenauen Applikation von Pflanzenschutzmitteln oder zur digital mechanische Kulturpflege eine sehr wichtige Rolle spielen.
Wie lässt sich sicherstellen, dass genügend Fachkräfte für Smart Farming zur Verfügung stehen?
Ein zentraler Punkt bei der Begleitung neuer Technologien ist der Wissenstransfer. Sowohl im Rahmen der Beratung als auch in der berufsbezogenen Aus-, Fort- und Weiterbildung muss das Wissen über Digitalisierung im Agrarsektor und insbesondere an die Landwirte, Gärtner und Winzer weitergegeben werden. Dieser Wissenstransfer muss durch Digitalisierung effektiv, zielgerichtet und modern gestaltet werden, denn nur so können wir eine Vorbereitung auf eine digitalisierte Arbeitswelt gewährleisten. Genau hier setzten die vom MLR über die Landesstrategie geförderten Projekte „Einführung von Blended Learning an Fachschulen für Landwirtschaft“ und „Zentrale Lernwerkstatt 4.0 für Landwirtschaft und Gartenbau“ an der DEULA an.