In den USA boomen sie seit Jahren, journalistisch aufbereitete Podcasts. Welchen Stellenwert haben Podcasts bei den Deutschlandradio-Programmen und was macht sie so beliebt?
Wir bieten via Itunes und die Webseiten von Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova seit vielen Jahren Podcasts an und sind schon lange erfolgreich damit – auch wenn die Medienöffentlichkeit das Potenzial erst seit zwei, drei Jahren wahrnimmt. Die Plattformen und Apps, über die Podcasts für Nutzerinnen und Nutzer erhältlich sind, haben zugenommen, das hat die Auffindbarkeit von Podcasts verbessert. Denn die technische Hürde, die Nutzer nehmen müssen, ist seit Jahren unverändert: Podcasts werden mit gängigen Suchmaschinen nicht gefunden; wer auf Mobilgeräten Podcasts hören möchte, muss Apps, sogenannte Podcatcher benutzen, von denen die meisten englischsprachig sind; auf Desktoprechnern ist das Anlegen von Playlisten und Abonnieren nicht umstandslos möglich - kurz: Wer Podcasts hört, muss sich ein bisschen mit den zugehörigen technischen Bedingungen beschäftigen. Apple war ja nicht nur „Erfinder“ von Podcasts (das Wort geht auf den Ipod zurück), sondern bietet mit Itunes und der Podcast-App auf den eigenen Geräten bis heute die führende Plattform für ihre Verbreitung an. Erst kürzlich hat Google angekündigt nachzuziehen, indem Podcasts künftig nicht nur in der Suche direkt auftauchen, sondern auch abspielbar sein sollen. Das wird den Stellenwert von Podcasts noch mal erhöhen. Beliebt macht Podcasts zum einen, dass sie zeit- und ortsunabhängig hörbar sind. Zum anderen geht es oft um tolle Inhalte, die sehr gut produziert sind. Letzteres beherrschen viele US-amerikanische Produzenten unglaublich gut. Podcasts haben oft eine eigene Ansprechhaltung, mit der sich die Moderatoren oder Gastgeber an ihr Publikum wenden, und die unterscheidet sich von der des Radios durchaus. Sie ist direkter, intimer, und sie bezieht ihr Publikum oft ein, indem Gastgeber Fragen stellen und Kritik oder Vorschläge einbeziehen.
Welche Audio-Formate bieten Sie zusätzlich zum linearen Hörfunk an?
Weil die Küchenradios nicht mehr so selbstverständlich sind wie früher und mobile Geräte zunehmend zum Hören im heimischen WLan genutzt werden, haben wir eine App fürs zeitunabhängige Hören gemacht, die Dlf Audiothek. Aus den tausenden Podcasts unserer drei Programme suchen wir nach Themen und Sendungen sortiert Passendes aus und schlagen es unseren Hörerinnen und Hörer vor. So machen wir Inhalte zugänglich, die sie vielleicht sonst nicht gefunden hätten. Die Livestreams unserer Programme sind natürlich auch über die App aufrufbar. Dabei probieren wir auch immer wieder neues aus. Nehmen Sie den Deutschlandfunk-Podcast „Der Tag“, in dem jeweils ab 17 Uhr die Themen des Tages durch eine Moderatorin oder einen Moderator anders beleuchtet werden als im Radioprogramm, eben persönlicher und mit direkter Ansprache der Nutzer erzählt. Ein anderes aktuelles Beispiel ist der Podcast „Radfunk“. Es gibt zur Zeit einen Themenschwerpunkt „Fahrrad“ bei Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Nova, der mit einem Podcast begleitet wird – für Fahrradfahrer und alle, die die sich mit dem Radeln beschäftigen. Überhaupt haben sich unsere Ausspielwege vervielfacht: Was es früher nur über UKW und Mittelwelle gab, lässt sich heute auch via DAB+ hören, übers Internet linear und zeitversetzt. Drittplattformen spielen eine wichtige und nicht mehr wegzudenkende Rolle, dazu gehören neben Itunes auch Spotify und Deezer.
Sind Audio-Podcasts vielleicht sogar journalistisch höher als TV oder Print zu bewerten und inwieweit taugt das Format für echten digitalen Qualitätsjournalismus? (aufgrund der redaktionellen Vertiefungsmöglichkeiten ohne vorgegebene Zeichenzahlen oder Sendeminuten)
Inhalte lassen sich meines Erachtens fürs Fernsehen journalistisch genauso anspruchsvoll aufbereiten wie in gedruckter Form oder fürs Radio. Auch wenn Podcasts keine Sendezeit einhalten müssen, hören sie irgendwann auf, ohne dass wirklich alles zu einem Thema gesagt wäre. Die entscheidenden Aspekte eines Themas gut darzustellen, ist doch eine journalistische Kernaufgabe, und sie funktioniert mit jedem Medium auf seine Weise.
Wie interessant sind Podcast ggf. als Marken- und Kundenbindungstools?
Wenn Podcasts gut sind, dann stellen sie eine eigene Beziehung zum Hörer her, nämlich über die Ansprechhaltung des Gastgebers seinem Publikum gegenüber. Wenn sie dann noch Inhalte transportieren, die mit der Marke korrespondieren, unter deren Namen sie stehen, dann kann kaum noch was schiefgehen in Sachen „Marken- und Kundenbindung“. Was abstrakt so einfach klingt, ist in der Umsetzung schwer, aber es lohnt sich!