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Nutzerverhalten lässt sich nicht zwangsweise umpolen

Was für DAB+ spricht - und was für IP-basierte Radio-Verbreitung

Dr. Jörg Mielke,  Chef der Staatskanzlei Niedersachsen Quelle: Staatskanzlei Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei Landesregierung Niedersachsen 17.07.2019
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"Der Beschluss des niedersächsischen Landtags gegen DAB+ hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Zukunft des digitalen Übertragungsstandards", sagt der Dr. Jörg Mielke, Chef der Staatskanzlei Niedersachsen. Er weiß um eine Reihe von Vorteilen der digitalen Terrestrik - allerdings spricht aus seiner Sicht auch einiges für IP-basierte Übertragung.







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Welche Auswirkungen hat der Beschluss des Niedersächsischen Landtag gegen DAB+ auf die Zukunft des digitalen Übertragungs-Standards in Deutschland?
Der Beschluss des niedersächsischen Landtags gegen DAB+ hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Zukunft des digitalen Übertragungsstandards. Sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Rundfunkanbieter entscheiden im Rahmen ihrer betrieblichen Konzepte selbständig über die von ihnen gewählten Übertragungswege.

Laut dem Beschluss ist DAB+ nur eine Übergangslösung und digitales Radio werde künftig über breitbandiges Internet wie den Mobilfunkstandard 5G übertragen. Welche Vor- und Nachteile hat IP-basierte Verbreitung von Radioprogrammen gegenüber Broadcast aus Ihrer Sicht?
Aufgrund ihrer unterschiedlichen Vor- und Nachteile bedienen die Übertragungswege DAB+ und Internet unterschiedliche Nutzerbedürfnisse und Gewohnheiten. Vorteile von DAB+ können z.B. sein:
•    DAB+ gewährleistet eine störungsfreie mobile Massenkommunikation und wird daher besonders im Auto genutzt. DAB + kann von beliebig vielen Endgeräten zeitgleich ohne Qualitätsverlust empfangen werden.
•    Die Übertragung via DAB+ ist stabiler als die Übertragung über Mobilfunknetze oder das Internet. Sie funktioniert auch dann noch, wenn bei Blitzeinschlag oder Überlastung im Krisen- oder Katastrophen andere Netze zusammenbrechen oder abgeschaltet werden.

Vorteile des Internetradios können z.B. sein:
•    Über das Internet wird ganz erheblich mehr Vielfalt an Hörfunkprogrammen verbreitet. Diese globale Vielfalt kann DAB+ nicht bieten. Insbesondere fehlen viele kommerzielle Sender, die die UKW-Hörerinnen und Hörer gewohnt sind.
•    Während der Nutzer in der Regel im Besitz internetfähiger Empfangsgeräte ist, müssten DAB+-Empfangsgeräte erstmal beschafft werden. Je nachdem wie viele Radios zu ersetzen sind, entstehen mehr oder weniger hohe Anschaffungskosten.

Der Beschluss verweist darauf, dass die Finanzierung der DAB+-Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Radiostationen aus dem Rundfunkbeitrag die privaten Stationen benachteilige. Inwieweit sehen Sie hier eine Schieflage und ggf. Möglichkeiten diese zu beseitigen?
Inwieweit sich Standards durchsetzen, ist regelmäßig eine Marktfrage. Bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern besteht die Besonderheit, dass seit ca. 20 Jahren sowohl Aufbau als auch Parallelbetrieb von DAB+ nicht am Markt erwirtschaftet werden mussten, sondern beitragsgestützt erfolgt sind. Gleichwohl hat sich die Technik am Markt nicht etabliert, weshalb Investitionen in die Technik für die Privaten bisher unwirtschaftlich waren. Sollte DAB+ zwangsweise eingeführt werden, müssten die Privaten aus eigenen Betriebsmitteln teure Investitionen nachholen.

In Österreich sind gerade Ende Mai eine ganze Reihe Privatradios auf DAB+ on Air gegangen, in Norwegen ist UKW abgeschaltet. Wie bewerten Sie den Niedersächsischen Vorstoß im europäischen Kontext?
Namentlich in Norwegen ist die Radionutzung nach der UKW-Abschaltung signifikant zurückgegangen. Das macht deutlich, dass sich das Nutzerverhalten völlig unabhängig der Sinnhaftigkeit einer Technologie nicht beliebig zwangsweise umpolen lässt. Hierauf liegt der Fokus der niedersächsischen Entschließung.

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