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Kolumne10.05.2016

Notwendige Maßnahmen zur Weiterentwicklung von DAB+

Was Deutschlands oberste Medienwächter jetzt konkret fordern

Siegfried Schneider, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Medienanstalten (DLM) und Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) Quelle: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) Siegfried Schneider Präsident Landeszentrale für neue Medien (BLM)
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Zukunft des Radios digital sein wird. Ebenso offensichtlich ist, dass es im Hinblick auf die digitale Verbreitung von Radioprogrammen zumindest derzeit keinen Königsweg gibt. Mit DAB+ und dem Internet stehen zwei Verbreitungswege zur Verfügung, die beide Vor- und Nachteile für Verbraucher und Anbieter haben und sich gerade deshalb ideal ergänzen: DAB+ ist nach einer notwendigen Simulcastphase deutlich kostengünstiger für die Anbieter als UKW und Internetradio. Für die Hörer bietet es im Vergleich zu UKW eine bedeutend größere Programmvielfalt, die andererseits aber nicht annähernd an die Vielfalt des Internets heranreicht. Auch die Rückkanalfähigkeit des Internets ist bei DAB+ nicht gegeben. Dafür ist DAB+ im Gegensatz zum Internetradio kostenfrei sowie problemlos mobil und ohne vertragliche Bindung empfangbar. Zudem lassen sich mit DAB+ Versorgungsprobleme von lokalen und regionalen UKW-Radios beheben und damit Chancengleichheit in der Versorgung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk herstellen. Darüber hinaus erscheint es politisch und gesellschaftlich geboten, etwa in Krisensituationen über einen flächendeckenden terrestrischen Kommunikationsweg zu verfügen.

Nichts ist also naheliegender, als auf beide Systeme zu setzen, wäre da nicht eine völlig unterschiedliche Ausgangslage für die beiden Seiten des dualen Systems. Während die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) den Landesrundfunkanstalten 89,4 Mio. Euro und Deutschlandradio 63,6 Mio. Euro für die weitere Entwicklung von DAB+ in der Beitragsperiode zwischen 2017 und 2020 zur Verfügung stellt – für den Bayerischen Rundfunk sind das beispielsweise über 14 Mio. Euro, also pro Jahr mehr als 3,5 Mio. Euro - müssen die privaten Anbieter die Kosten für eine unbestimmt lange Simulcastphase aus ihren Werbeeinnahmen finanzieren. Vor allem für lokale und regionale Hörfunkanbieter stellt das eine sehr hohe und im Grunde nur schwer leistbare Finanzierungshürde dar.

Um hier faire Ausgangsbedingungen zu schaffen, müssen sowohl die Politik als auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Beitrag leisten, um eine erfolgreiche Marktdurchdringung von DAB zu erreichen. Notwendig sind insbesondere folgende Maßnahmen:

- Eine schrittweise Reduzierung der Werbung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk auf 60 Minuten nach dem Beispiel des NDR- und des WDR-Gesetzes, um die Einnahmesituation der privaten Hörfunkanbieter zu verbessern.
- Die Bereitstellung von kostengünstigen Sendeplätzen für lokale und landesweite private Angebote auf den DAB-Multiplexen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In Bayern wird das derzeit zwischen dem Bayerischen Rundfunk und der BLM für den regionalen Multiplex Oberfranken verhandelt. Die privaten Anbieter könnten dadurch ihre Programme zu kalkulierbaren Fixpreisen verbreiten. Auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk würde das zu einer Senkung der eigenen Kosten führen. Die Netze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind von allen Rundfunkteilnehmer durch ihre Beiträge finanziert. Sie sollten daher auch privaten Marktteilnehmern zumindest für eine Übergangsphase zur Verfügung stehen.
- Verzicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Frequenzwechsel von bisher rein digitalen Programmen auf das analoge UKW, wie das der Bayerische Rundfunk mit seinem Jugendprogramm Puls für 2018 plant. Ein solches Vorgehen schmälert die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Privatprogrammen in einem erheblichen Ausmaß und verhindert wiederum notwendige Investitionen in die digitale Zukunft.

Die genannten Maßnahmen sind notwendig, aber nicht ausreichend, um eine annähernde Chancengleichheit bei der Einführung von DAB+ zwischen dem öffentlich-rechtlichem und dem privaten Rundfunk sicherzustellen. Unabdingbar ist darüber hinaus eine zeitlich begrenzte staatliche Förderung während der Simulcastphase. Aus der Versteigerung der Rundfunkfrequenzen im vergangenen Jahr (Digitale Dividende II) haben Bund und Länder insgesamt 1,33 Milliarden Euro Gesamterlöse erzielt, die zu gleichen Teilen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt wurden. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass die Mittel für den Breitbandausbau und die Digitalisierung eingesetzt werden sollen. Es wäre meines Erachtens also naheliegend, aus diesen Erlösen für die privaten Anbieter eine bestimmte Fördersumme zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel sollten zumindest solange zur Verfügung stehen, bis eine Hörfunknutzung auf DAB erreicht ist, die eine realistische Möglichkeit bietet, die privaten Programme erfolgreich vermarkten zu können.

Ergänzt werden müssen diese Maßnahmen um zwei weitere Aspekte:

- Auf europäischer Ebene muss im Rahmen der Diskussion zur Universaldienste-Richtlinie eine verpflichtende Ausstattung von Audio-Empfangsgeräten mit Multinorm-Empfangschips erreicht werden. Neue Radios müssen UKW-, DAB+- und Internetempfang anbieten.
- Die Automobilbranche sollte verpflichtet werden, dass jedes angebotene neue Autoradio sowohl UKW als auch DAB+ empfangen kann.       

Für die Landesmedienanstalten spielt bei der Digitalisierung des Hörfunks die terrestrische Verbreitung weiterhin eine wichtige Rolle. Deshalb unterstützen die Landesmedienanstalten die Markteinführung von DAB mit zahlreichen Maßnahmen:

- Die Landesmedienanstalten sprechen sich für die Einrichtung eines zweiten bundesweiten DAB+-Multiplex aus und werden die entsprechenden Kapazitäten nach einem Frequenzzuordnungsverfahren bundesweit ausschreiben
- Für ihren jährlichen Digitalisierungsbericht beauftragen die Landesmedienanstalten eine Studie über Stand und Entwicklung der Digitalisierung des Hörfunks in Deutschland und legen damit jährlich aktuelle Zahlen vor.
- Die von den LMAs 2015 beauftragte Reichweitenstudie hat den Anbietern von privaten Digitalradioprogrammen erstmals repräsentative Reichweitendaten zur Werbevermarktung geliefert.
- In 2016 wollen sich die Landesmedienanstalten an einer Studie beteiligen, deren Zielsetzung es ist, die Grundlage für einen Ausweis regelmäßiger Reichweitendaten von DAB+ Angeboten über die AGMA zu schaffen.


DAB+ wird nie das einzige System sein, über das Digitalradio verbreitet wird. Aber es gibt eine Reihe guter Gründe, warum DAB+ eine wichtige Rolle bei der digitalen Verbreitung von Hörfunkprogrammen spielen kann und sollte. DAB+ wird in Deutschland aber nur dann erfolgreich sein, wenn sich beide Säulen des dualen Systems engagieren.

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