Im Jahr 2020 rechnet der VDA mit 16 Millionen sogenannten „Connected Cars“, die über eine Internetverbindung verfügen. Wie wird sich das Car-Entertainment im Zuge dessen verändern?
Wir sehen aktuell zwei Einflüsse: Einerseits die Hersteller, die versuchen, alles Mögliche ins Auto zu integrieren – und auf der anderen Seite die Experten aus dem Bereich Verkehrssicherheit, die ganz klar sagen: Nicht alles, was möglich ist, muss und sollte auch ins Auto integriert werden. Vor allem dann nicht, wenn es von der eigentlichen Hauptaufgabe – dem Fahren – ablenkt. Und bis sich der Fahrer in einer (teil-)autonomen Zukunft so zurücklehnen kann, dass er das Steuer aus der Hand geben kann, wird es eben noch dauern.
Wir fordern die Hersteller auf, reine Unterhaltungsangebote für den Fahrer während der Fahrt auszublenden – denn weder WhatsApp noch Facebook sind so wichtig, dass sie es wert sind, ein Leben zu riskieren. Für den Beifahrer hingegen kann eine Menge integriert werden, da Autos aber in der Regel nicht voll besetzt sind, liegt das Hauptaugenmerk der Marketing-Strategen auf Produkten und Entertainment-Angeboten für den Fahrer.
Derzeit nutzen hören laut MA 44 % der Autofahrer Radio. Haben die klassischen Sender und die Verbreitung über UKW/DAB+ noch eine Chance im „Connected Car“?
Die Digitalisierung bietet auch eine Menge Chancen für das Radio: Ich kann mir beispielsweise vorstellen, dass das Programm viel individueller wird – mich nervt es in Stuttgart eher, dass ich (egal ob im Auto oder zuhause) im Info-Radio Verkehrsnachrichten und Wetterinformationen für Norddeutschland vorgetragen bekomme – und zwar auch dann, wenn ich den ganzen Tag nicht vorhabe, Auto zu fahren. Der Pendler braucht doch nur die Information für seine Fahrtstrecke, das können viele Navis heute schon viel besser abdecken. Mein „Radio“ müsste mir dann nur noch die Informationen ausspielen, die für mich auch relevant sind. Und wenn wir ehrlich sind: Drei Minuten Verkehrsinformationen jede halbe Stunde hört sich doch niemand gerne an.
Beim „Connected Car“ fallen umfangreiche Daten an. Wie kann künftig ein hinreichender Schutz der Nutzerdaten gewährleistet werden?
Eine heiß diskutierte Frage. Eines ist klar: Die Fahrzeugdaten gehören aus unserer Sicht ganz klar dem Besitzer beziehungsweise Nutzer des Autos – nur er darf entscheiden, wie diese Informationen ausgewertet werden. Das heißt dann eben auch, dass verschiedene Funktionen nicht unterstützt werden, wenn der Nutzer zum Beispiel die GPS-Ortung nicht zulässt. Die Hersteller müssen entsprechende Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass ein Fahrprofil eben nicht an jemand Unberechtigten weitergeleitet wird. Denn eines ist auch klar: Überall wo Daten erhoben werden, können Daten auch abgegriffen werden.
Google und Apple haben bereits eigene Betriebssysteme fürs Auto. Wachsen hier neue Player auf dem Automobilmarkt heran?
Wir sehen den Markt im Umbruch, während in den letzten zwanzig Jahren vor allem Marken und Hersteller von der Bühne verschwunden sind oder aufgekauft wurden, kamen in den letzten Jahren erstmals wieder neue Hersteller hinzu (Tesla) oder wurden alte Marken wiederbelebt (Borgward) – bei Saab hingegen sieht es nun tatsächlich so aus, als würde die Marke nicht mehr am Markt auftreten.
Konkurrenz belebt den Markt, das werden auch die deutschen Hersteller merken, wenn Google und Apple weiter in den Markt drängen. Hier wird sich zeigen, ob die beiden Unternehmen aus dem Silicon Valley wirklich in diesen Markt wollen – oder nur eine Verknüpfung zwischen Auto und dem restlichen „smarten“ Alltag (Smartphone, Smartwatch, Smart Home, Smart Grid…) herstellen wollen. Die deutschen Hersteller müssen sich nicht verstecken, allerdings eine Schippe oben drauf legen, um in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben. Genug Geld und Erfahrung haben sie, jetzt geht es drum, dieses auch richtig einzusetzen.