In die Landwirtschaft zieht immer mehr digitale Technik ein. Welche Potenziale sehen Sie für die Agrarwirtschaft mit den neuen Technologien?
Die Anwendungspotentiale digitaler Techniken in der Landwirtschaft sind groß. Intelligente Roboter-, Sensor- und Satellitentechnik in Kombination mit modernen Smartphones, Tablets, Apps sind Treiber dieser Entwicklung. In modernen Landmaschinen ist heute in der Regel mehr High Tech als in einem neuem Auto. Damit sind viele Vorteile verbunden. Beispiel Düngung: Weil nur das gedüngt wird, was Sensoren anhand der Blattfärbung und oder smarte Bodenkarten an pflanzen- und standortspezifischen Bedarf feststellen, kann der Landwirt Kosten einsparen. Mögliche Auswaschungen von Nährstoffen ins Grundwasser können gemindert werden. Da der Traktor mit dem Düngestreuer durch GPS-Empfänger gesteuert wird, lassen sich die Nährstoffe präzise und ohne Überlappung auf oder in den Boden bringen – auch das ist eine Kostenersparnis.
Dank digitaler Techniken ist es möglich, noch besser zu wissen, was jede einzelne Pflanze braucht, und was ein Tier nötig hat, um sich wohlzufühlen. Agrarpolitisch gesehen hat die Digitalisierung damit das große Potential, die kritische öffentliche Diskussion über Landwirtschaft zu versachlichen und überbordendes Ordnungsrecht einzudämmen.
Neue Technologien bringen neue Herausforderungen. Wie muss sich die Ausbildung der Landwirte im Zeichen der neuen Technologien ändern? Und wie kann die Politik dabei helfen?
Die Fähigkeit zur Nutzung digitaler Technologien im landwirtschaftlichen Berufsalltag wird immer mehr zur Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Erwerbsleben. Auf die Vermittlung entsprechender Kompetenzen wird nicht nur die berufliche Aus- und Fortbildung und die akademische Bildung kontinuierlich angepasst, sondern auch die berufsbegleitende Weiterbildung. Dabei geht es nicht nur um Bildungsinhalte, sondern auch um methodisch-didaktische und vermittlungstechnische Aspekte. Rahmen- und Lehrpläne müssen im Regelfall nicht angepasst werden, weil diese in allen inhaltlichen Bereichen, (z. B. Produktionstechnik, Betriebswirtschaft, Management) grundsätzlich technologie- und verfahrensoffen ausgelegt sind. Weitere Verbesserungen sind allerdings an verschiedenen Stellen erforderlich wie beispielsweise bei der Aus- und Weiterbildung von berufsbildenden Lehrkräften, bei der Ausstattung von Bildungseinrichtungen und bei der Ausbilder- und Prüferschulung. Insbesondere die berufliche Weiterbildung wird wegen des rasanten technischen Fortschritts (einschließlich des fortschreitenden Digitalisierungstrends) zukünftig ein zentraler Schlüssel für lebenslanges Lernen und Arbeiten 4.0 sein.
Neue Technologien erfordern Investitionen. Bedroht die Digitalisierung die kleinen Landwirtschafts-Betriebe?
Die fortschreitende Digitalisierung der Landwirtschaft ist nicht nur etwas für größere Betriebe. Über Maschinenringe und Lohnunternehmen sind grundsätzlich alle Betriebe in der Lage sind, Nutzen aus der neuen Technikentwicklung zu ziehen. High-Tech auf dem Acker und im Stall setzt allerdings häufig schnelles Internet voraus, und da gibt es auf dem Land noch erhebliche Defizite. Der besonders in den ländlichen Gebieten stockende Glasfaserausbau ist ein großer Hemmschuh.
Für neue Technologien – etwa die Überwachung von landwirtschaftlichen Flächen mit Drohnen – braucht es ggf. neue rechtliche Rahmen. Wo sehen Sie in nächster Zeit diesbezüglich Handlungsbedarf?
Auch die Drohnentechnik hat in letzter Zeit rasante Fortschritte gemacht. Ihre Einsatzmöglichkeiten in Feld und Flur sind vielfältig. Ich bin davon überzeugt, dass Drohnen vor allem auch bei der Behandlung von Pflanzen (zum Beispiel zielgenauer Trichogramma-Abwurf gegen den Maiszünsler) oder bei der Wildrettung an Bedeutung gewinnen werden. Bei den anstehenden Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen gilt es, die zahlreichen Nutzungsoptionen für die praktische Anwendung in der Land- und Forstwirtschaft fest im Blick im haben. Noch wesentlich größeren Handlungsbedarf sehe ich beim Thema Datenhoheit und Datensicherheit. Auch Unternehmensdaten brauchen Schutz. Im Zeitalter von Big-Data muss der Landwirt seine Hoheit über die anfallenden Daten gesichert wissen.