Bundesweit und in vielen Regionen ist Digitalradio mittlerweile ein großer Erfolg. Anders sieht es vielerorten auf Lokalebene aus. Warum verweigern beispielsweise bisher die Lokalsender in NRW jede Mitwirkung bei DAB+?
Eines vorweg: DAB+ hat viele Vorteile und kann und wird die heutige UKW-Landschaft nicht 1:1 abbilden. Die Lokalfunkstruktur in NRW wird sich verändern, wenn man auch hier auf DAB+ setzt. Das UKW-Lokalradiokonzept wurde vor 30 Jahren konzipiert. Die DAB+ Sendegebiete werden größer ausfallen, was aber kein Nachteil sein muss, sondern den Gewohnheiten des Hörers entgegenkommt, der heute oft bis zu 100 km fährt, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Ein größeres Sendegebiet erlaubt es dann, „seinen“ Sender über längere Strecken unterbrechungsfrei zu hören.Da DAB+ mehrere Programme in einem Multiplex überträgt, werden die Verbreitungskosten für den Hörfunksender in der Regel günstiger, da sich die Refinanzierungsbasis durch das größere Sendegebiet verbessert. Die Gefahr, dass ein Hörer zu einem anderen Lokalfunksender wechselt, schätze ich gering, denn er will ja „seinen“ lokalen Sender hören und bei DAB+ kann er das in einem größeren Umkreis. Außerdem verbreiten die Lokalsender ihr Angebote auch im Internet und auch das Internet kennt schon heute keine bisherigen UKW-Grenzen, ganz im Gegenteil, die Sender sind sogar weltweit zu empfangen. Hier ist also die Konkurrenz von den Sendern selbst aufgebaut und akzeptiert worden.
Wenn sich die lokalen Radios bei DAB+ in größeren regionalen Gebieten wieder finden, könnte dann die angemeldete regionale Netzstruktur des Westdeutschen Rundfunk die gemeinsame Basis bilden?
Die Überlegung in NRW, die Regionalisierung einiger WDR-Programme als Basis für eine neue regionale Struktur des Lokalfunks aufzugreifen, hat Charme. Der WDR hat 9 Regionen vorgesehen für eine zeitweise Regionalisierung einiger Programme. In ähnlichen Strukturen könnte man problemlos die jeweiligen privaten Lokalprogramme abbilden. Die 45 Lokalprogramme würden sich rein rechnerisch auf 9 Multiplexe verteilen, was im Schnitt 5 Lokalprogrammen pro Multiplex entspricht. Kein Problem bei 15 Sendeplätzen auf einem Multiplex.
Kennt die Medienpolitik in Nordrhein-Westfalen diese Überlegungen, die regionale Multiplexe auch für private zur Verfügung zu stellen?
Die MEDIA BROADCAST hat der Landesanstalt für Medien in NRW diese Pläne in einem Brief vorgestellt. Beispiele für „gemischte“ Multiplexe gibt es z.B. auch in Bayern, wo in Oberfranken die lokalen Sender auf dem regionalen Multiplex des Bayerischen Rundfunks ihren digitalen terrestrischen Sendeplatz finden. Wir sind interessiert, als neutraler Netzbetreiber, der gerade keine Inhalte produziert, das regionale DAB+ Netz in NRW aufzubauen und zu betreiben und dabei auch die Flexibilität der DAB+ Technologie zu nutzen wie z.B. unterschiedlichen Fehlerschutz oder auch eine dynamische Zuweisung von Kapazitäten. By-the-way: Auf Basis der regionalen Struktur lassen sich auch landesweite Programme realisieren, in dem sie ein solches Programm in jedem Multiplex aufschalten.
Glauben Sie wirklich, dass auch Lokalsender vom einem DAB+ Engagement profitieren können?
Auf jeden Fall. Die jüngste Media Analyse weist für Sender, die zusätzlich auf DAB+ ihr Programm verbreiten, neue Hörer aus. Wir wissen aus einem Feldversuch in Sachsen-Anhalt mit Radios, die das Nutzerverhalten erfassen auch, dass bei Geräten mit UKW, DAB+ und Internet, der DAB+ Tuner bevorzugt genutzt wird. Der Hörer schätzt hier die gute Qualität und vor allem die einfache Bedienung, wobei nach einer gewissen Probier- und Gewöhnungsphase interessanterweise wieder die Programme gehört werden, die der Hörer bei UKW schätzen gelernt hat. DAB+ ist auch für den Lokalfunk eine Chance!