Vor allem in den Zentren Leipzig, Dresden, Magdeburg, Halle und Erfurt hat sich eine lebendige Medienwirtschaft herausgebildet. Wie steht die Branche in Mitteldeutschland aus Ihrer Sicht im Vergleich zu anderen Regionen da?
Mitteldeutschland ist Standort einer Vielzahl leistungsstarker Unternehmen der Medienbranche als Teil der Kreativ- und Kulturwirtschaft. Die Region beheimatet zahlreiche Vertreter der Rundfunk- und Filmwirtschaft sowie der Print- und Online-Medien. In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hat sich ein prosperierendes Umfeld entwickelt. Dabei ist das Entwicklungspotenzial der Medienwirtschaft in den drei Bundesländern noch nicht ausgeschöpft. Hier muss sich die Politik stärker engagieren. Durch eine stärkere Verzahnung der Akteure aus Politik, Medienwirtschaft und Wissenschaft können wir gemeinsam die Entwicklungsmöglichkeiten der Medienwirtschaft in Mitteldeutschland befördern. Unser aller Ziel muss es sein, die noch bestehende Lücke zu den Top-Standorten in den Regionen München, Köln und Berlin zu schließen.
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Welche Herausforderungen hat die Pandemie für die Medienbranche vor Ort mit sich gebracht?
Die Corona-Beschränkungen haben die Jahre 2020 und 2021 massiv geprägt. Hygienevorschriften und Kontaktbeschränkungen haben es einerseits den Medienschaffenden schwer gemacht, ihre Inhalte zu produzieren und anzubieten, während sich andererseits die Mediennutzer der Situation angepasst haben. Die Film- und Kinobranche hat in den beiden Pandemiejahren stark gelitten. Produktionen standen still, Kinoschließungen drohten und Filmfestivals fanden nicht statt. Besonders betroffen war aber auch der Markt für Musik und Radio. Im Vergleich zu 2019 sind die Erlöse deutschlandweit um knapp 32% zurückgegangen. Das ist vor allem auf das Wegfallen der Live-Events infolge der Corona-Schutzmaßnahmen zurückzuführen. Mit einem Minus von 17,4 % gegenüber dem Vorjahr musste auch Radiowerbung 2020 deutliche Einbußen verzeichnen. Insbesondere kleinere, lokale Unternehmen und Einzelhändler nutzen Radiowerbung. Viele konnten ihrer Geschäftstätigkeit wegen des Lockdowns jedoch zu weiten Teilen nicht nachgehen und haben somit ihre Werbeaufträge reduziert. Seit Mitte des Jahres 2021 kehrt die Branche nun glücklicherweise langsam zur „Normalität“ zurück. Gerade im Bereich Livemusik und Radio wurden infolge der Lockerungen starke Aufholeffekte sichtbar.
Mitteldeutschland gilt insbesondere beim Digitalradio als Vorreiter. Im Raum Leipzig sind etwa über die bundesweiten, landesweiten und lokalen Plattformen über 50 Radiosender zu empfangen. Ist das noch Vielfalt oder schon Überfluss?
Das Radio-Segment wird zunehmend digitalisiert. Auch wenn das analoge UKW-Radio laut Angaben der Medienanstalten noch immer die höchste Haushaltsdurchdringung aufweist, ist das Digitalradio unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Dieser Trend wird besonders in Mitteldeutschland sichtbar. Dabei kann von Überfluss gar keine Rede sein. Das Radio hat eine enorme Reichweite und kann eine Vielzahl an Menschen aller Altersgruppen erreichen. Daher begrüße ich die Angebotsvielfalt, die für jedes Alter und jeden Geschmack etwas bereithält. In Mitteldeutschland empfangen wir über 30 private Sender und 13 freie Kanäle - das ist auch die Konsequenz einer vorhandenen starken Nachfrage nach lokaler und regionaler Radiovielfalt.
Die Mitteldeutsche Medienförderung hat im vergangenen Jahr eine Fachkräfte-Initiative gestartet. Wie bewerten Sie die hiesige Fachkräfte-Situation?
Die Entwicklungsmöglichkeiten einer Region als Medienstandort werden durch das Vorhandensein spezifischer Standortfaktoren beeinflusst. Insbesondere das Potenzial an medienspezifischen Fachkräften ist für die Branche relevant. Durch die Chancen der Digitalisierung und die Konvergenz der Medien sind natürlich auch neue Berufsbilder in den Bereichen Mediengestaltung, Tontechnik und Kameraassistenz entstanden. Hier haben wir in den mitteldeutschen Ländern einen erheblichen Fachkräftemangel. Um dem wirksam zu begegnen, müssen wir die Fachkräfte-Initiative der MDM durch weitere Maßnahmen flankieren. Insbesondere benötigen wir eine stärkere Vernetzung zwischen den Unternehmen und den Hochschulen mit medienwirtschaftlichen Fachbereichen. Ziel muss es sein, die hochqualifizierten Absolventen auch in Mitteldeutschland zu halten.
Wie kann und sollte die Politik den Medienstandort Mitteldeutschland unterstützen?
Die Stärke des Medienstandorts Mitteldeutschland liegt in der Summe seiner Teile, nämlich den Standorten in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Als Medienpolitiker aus Thüringen kann ich sagen: Wir können noch besser werden! Dazu haben wir als FDP in Thüringen einen Antrag in den Landtag eingebracht, dessen Substanz nicht nur für Thüringen gilt, sondern auch auf Mitteldeutschland übertragen werden kann.
Grundvoraussetzung ist allerdings, dass die Politik bereit ist, den Vertretern der Kreativ- und Kulturwirtschaft zuzuhören. Politik braucht Bescheidenheit, denn die besten Ideen kommen aus der Branche selbst. Damit die Ideen aber auch strukturiert formuliert werden können, benötigt die Medienbranche einen Cluster. Dort treffen unterschiedliche unternehmerische Perspektiven aufeinander und bilden im Zusammenspiel mit den medienwirtschaftlichen Fachbereichen der Hochschulen Potenziale, die dann strukturiert die Politik adressieren. Es muss Schluss sein, dass die Politik der Wirtschaft erzählt, was gebraucht wird. Vielmehr muss die Politik wieder ein Ermöglicher sein.
Gute Politik hört zu und bindet die Akteure ein. Genauso haben wir mit Vertretern der Thüringer Medienwirtschaft über Monate hinweg einen Dialogprozess geführt, um die Probleme der Branche zu identifizieren und in einem parlamentarischen Antrag die besten Lösungen zu erarbeiten. Auf diesem Wege können Arbeitsplätze, Zukunftschancen für Nachwuchskräfte ebenso entstehen wie eine Vielfalt des kreativen Potenzials. Das stärkt Thüringen und den Medienstandort Mitteldeutschland.