Der VdA regt in einem Positionspapier ein Parkraum-Management u.a. mit flexibleren Preise für Parkplätze an. Welche Chancen und Herausforderungen erwachsen aus der digitalen Steuerung des ruhenden Verkehrs?
Die Digitalisierung bietet hier sehr große Chancen. Ein großer Teil des innerstädtischen Verkehrs ist der sog. Parkraumsuchverkehr. Kann der Fahrer schon vorher erkennen, dass in bestimmten Straßen gar keine Plätze mehr zur Verfügung stehen, befährt er diese nicht. Ein Buchungssystem ist ebenso technisch machbar und vorstellbar wie eine flexible Gestaltung der Tarife, etwa zu Stoßzeiten, bei Stadtfesten oder zur Steuerung des Verkehrsflusses. Die Regulierung des hochkomplexen Parkraumes sollte im Jahr 2020 nicht mehr mittels eines Verkehrsschildes erfolgen. So wie auf Fernstraßen die elektronische Verkehrsregelung immer mehr die Regel wird, ist auch die Parkraumsteuerung der Zukunft flexibel und digital.
Parkraum-Sharing, Ridepooling - welchen Beitrag können individuelle, digitale Lösungen zur Entspannung beim ruhenden Verkehr leisten?
Handwerker können stundengenau Parkberechtigungen erhalten und auch die Anwohner können ihre Parkausweise bedarfsgerecht beantragen und zugewiesen bekommen. Warum soll der Pendler, der am Wochenende gar nicht in die Stadt zur Arbeit will, Plätze zugewiesen bekommen? Stattdessen wollen vielleicht Kunden aus dem Umland in die City, die entsprechend mehr Parkraum benötigen. Die Digitalisierung bietet die Chance, den „kostbaren“ Parkraum bedürfnisgerechter zu verteilen. Wichtig ist dabei die soziale Ausgewogenheit, auch dies kann über eine Individualisierung dank Digitalisierung erfolgen.
Schon heute gibt es vielerorts vermehrt Sonder-Stellflächen etwa für Car-Sharing oder Elektro-Autos - wie bewerten Sie diesen Trend?
Die Politik hat sich gemeinsam mit weiten Teilen der Automobilindustrie für einen massiven Ausbau der Elektromobilität entschieden, was an dieser Stelle nicht bewertet werden soll. Wenn dieses Ziel erreicht werden soll, bedarf es der Anreize, Sonderstellflächen sind da sicher ein richtiger Ansatz. Des Weiteren haben gerade Großstädte ein massives Verkehrsproblem durch den Individualverkehr. Car Sharing Angebote tragen hier zu einer Entspannung bei, daher bieten Sonderflächen angesichts der Knappheit auch hier einen wichtigen Anreiz.
Auch Überwachung ist ein Teil des Parkraum-Managements - wie sollten sich die Sanktionen bei Regelverstößen entwickeln?
Hier ist der Gesetzgeber klar am Zug. Derzeit sind die Bußgelder im Verhältnis zu den Parkgebühren so gering, dass es sich in manchen Städten, wie etwa München, rechnet, nicht zu bezahlen, sondern das Bußgeld in Höhe von 10 Euro in Kauf zu nehmen. Der europäische Vergleich zeigt, dass Städte, in denen wie in Amsterdam oder Kopenhagen die Bußgelder erheblich teurer sind, das Falschparken erheblich zurückgeht. Es ist auch eine Gerechtigkeitsfrage, dass nicht diejenigen, die ihre Parkgebühren bezahlen, am Ende die Dummen sind. Auch erleichtert die Digitalisierung die Arbeit der Parkraumüberwachung. In San Francisco beispielsweise fährt der Überwacher mit einem E-Roller an den Fahrzeugen vorbei, scannt die Kennzeichen und bei entsprechenden Verstößen werden die Bußgelder digital direkt an den Halter versandt. Setzt sich in Deutschland das sog. Handyparken weiter durch, sprich das Bezahlen mittels des Smartphones, kann die Parkraumüberwachung auch hier online feststellen, ob ausreichend gezahlt wurde und Bußgelder automatisiert erheben.
Parken müsste deutlich teurer sein
Wie der Verkehrsraum in Städte richtig genutzt ■ ■ ■
EIN DEBATTENBEITRAG VON
Dr. Jutta Deffner
Forschungsschwerpunktleiterin, Mobilität und Urbane Räume
ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt