Herr Prof. Dr. Schwarz-Schilling, Sie gelten seit mehr als 30 Jahren als Deutschlands führender Kopf im Bereich der Liberalisierung von technischen Infrastrukturen. Warum hat es mit der Liberalisierung der Rundfunknetze solange gedauert?
Zunächst galt der Fokus ganz eindeutig den Monopolen im Telekommunikationsbereich. Im Bereich der Telefonie eine Liberalisierung des Marktes anzustoßen, war eine echte Jahrhundertaufgabe, die es in diesen Ausmaßen noch nie in der deutschen Politikgeschichte gegeben hat. Als ich im Kabinett Kohl ab 1982 an die Spitze des Postministeriums trat, hatten wir im Bereich der Telekommunikation ein festgefahrenes und bisher unangetastetes Staatsmonopol. Die neue Gesetzgebung zur Liberalisierung des Marktes nahm schließlich am 30. Juni 1989 die letzte Hürde des Bundesrates und trat dann zum 1. Januar 1990 in Kraft. Schon aus Zeitgründen musste daher in der Tat eine mögliche Liberalisierung der Rundfunknetze hintenangestellt werden. Dazu kam aber ganz entscheidend, dass die Veränderungsbewegung im Bereich der Telekommunikation in die Zeit der politischen Wende fiel. Mit einem Schlag war die gesamte Priorität auch des Postministeriums auf den Wideraufbau der DDR gerichtet, um dort einen funktionierenden Telefoniemarkt aufzubauen. Dazu kam, dass natürlich die bestehenden Monopolisten im Bereich des Rundfunks daran interessiert waren, ihr Monopol solange wie möglich aufrecht zu erhalten. So ist die Bundesnetzagentur in der Tat erst sehr spät auf dieses Restmonopol der Rundfunknetze gestoßen. Erst in jüngster Zeit hat man dort in entsprechender Weise mit dazu den Anstoß dazu gegeben, diesen Bereich des Hörfunks, was die Zuleitungen angeht, in einen künftigen Wettbewerb zu überführen.
Warum sind nach Ihrer Einschätzung liberalisierte Märkte sozioökonomisch und ordnungspolitisch so wichtig?
Zunächst weil es mit einem Staatsmonopol nicht möglich ist, echte Innovationen einzuleiten. Schon weil ein Staat nicht befugt ist, im Ausland tätig zu werden. Ohne eine Liberalisierung der Märkte wäre man vom weltweiten globalen Geschäft praktisch ausgeschlossen. Zudem ist es nur möglich, kostengünstig und nach modernen Managementmethoden zu arbeiten – um entsprechend neue technologische Fortschritte zu machen – wenn kein staatliches Monopol mehr im Weg steht. Eine Überführung in eine Wettbewerbslandschaft war aber auch aufgrund der Einführung neuer digitaler Technologien erforderlich. Hätten wir hier keine Liberalisierung des Marktes stünden wir übel da, wären viel zu kostenlastig und hätten keinerlei Wettbewerb.
Aktuell stehen wir kurz vor der vollständigen Liberalisierung des UKW-Sendernetzbetriebs. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Ich finde es hochinteressant, dass jetzt hier ein neuer Markt im Entstehen begriffen ist. Vor allem aber glaube ich, dass die neuen Auswahlmöglichkeiten, die jetzt für den Markt entstehen, eine Verschiebung der Kunden mit sich bringen wird. Vielleicht wird das am Anfang noch gar nicht besonders gut sichtbar sein. Denn viele Unternehmen, also auch die zahlreichen Radioveranstalter, warten sicher erst einmal ab: Wer behauptet sich am Markt, wer gibt auf und vor allem was machen die ehemaligen Monopole? Verbunden ist das natürlich immer mit der Frage, wie entwickeln sich die Preisstrukturen. Ich glaube aber, dass diejenigen Unternehmen, die diese Chance des Wettbewerbs jetzt ergreifen und die schnell am Markt entsprechende Dienstleistungen anbieten, in der Vorhand sein werden. Schlussendlich wird die Vielfalt am Markt auch die Qualität der Dienstleistungen verbessern. Denn nur der wird sich am Markt behaupten, der langfristig gute und beste Qualität liefert. Das trifft im Übrigen genauso auf den Wettbewerb beim neuen Hörfunkstandard DAB+ zu. Auch hier muss es das Ziel sein, den Sendernetzbetrieb auf gesunde Beine zu stellen.
Sie sind Gesellschafter bei UPLINK, einem technischen Dienstleister im Bereich der Sendernetze. Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Gesellschaftertätigkeit?
Ich freue mich natürlich in einer Unternehmung tätig zu sein, wo das Interesse daran besteht, einen Wettbewerb zu befördern, einen richtigen Markt einzuführen und das durchaus auch im Interesse aller am Markt beteiligten Branchen. Es fügt sich aber auch besonders gut zusammen, da ich meine Beratungsdienste immer mit der gleichen politischen Zielsetzung verfolgt habe. Nicht Beratung der Monopole, um die Monopole möglichst lange zu behalten, sondern diejenigen zu unterstützen, die die schwierige Arbeit des Wettbewerbs beginnen.