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Medienbranche in Mitteldeutschland mit Stärken und Herausforderungen

Wie sich die Branche entwickelt und wie die Politik helfen kann

Nikola Marquardt, Mitherausgeberin des Fachdebattenportals Meinungsbarometer.info Quelle: Redaktion Dipl.- Journ. Nikola Marquardt Founder & Herausgeberin Meinungsbarometer.info 01.09.2022

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In Sachen Hörfunkdigitalisierung ist Mitteldeutschland vor dran. Sachsen-Anhalt galt jahrelang und gilt als Vorreiter beim Digitalradio, im Raum Leipzig sind etwa über die bundesweiten, landesweiten und lokalen Plattformen über 50 Radiosender zu empfangen. Aber auch sonst hat sich der Medienstandort in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt – wenn auch noch nicht bis in die bundesweite Spitze. „München, Berlin, Hamburg und Köln spielen klar in der ersten Liga“, schätzt Oliver Schenk, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien und Chef der Sächsischen Staatskanzlei, ein. „Mitteldeutschland sehe ich derzeit eindeutig auf einem der vorderen Plätze in der zweiten Liga. Hier passiert viel.“ Aus seiner Sicht ist es Aufgabe der Politik, für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen, die es den Akteuren ermöglicht, ihre Potenziale bestmöglich zu entfalten. Geld ist dabei bei weitem nicht der einzige Faktor. Ebenso wichtig sei eine Unterstützung bei der Vernetzung der Branche untereinander, aber auch mit verwandten Wirtschaftszweigen. „Der Freistaat Sachsen organisiert hierzu Mediendialoge und schafft somit eine Plattform, um sich über Fragen, die die Branche in Sachsen bewegt, auszutauschen“, betont der Minister.

Prof. Dr. Markus Heinker, Präsident des Medienrates der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM), weist darauf hin, dass die Medien besonders sensibel bezüglich der Einflussnahme durch den Staat sind. „Entsprechend wurden die Pandemiehilfen, auch die aus den Staatsmitteln, über die staatsfernen Landesmedienanstalten zugewendet.“ Zugleich sieht er, dass eine wesentliche Säule des demokratischen Meinungsbildungsprozesses, nämlich die lokale Informationsvermittlung, immer weniger aus einer kommerziellen Refinanzierung mit der notwendigen redaktionellen Quantität und Qualität gesichert werden kann. „Gerade aufgrund der besonderen Situation mit einer vielfältigen unternehmerischen Lokalrundfunklandschaft könnte hier die Politik eine finanzielle Hilfe leisten, die – und hier verweise ich auf die verfassungsrechtliche Sensibilität des Themas – von den Landesmedienanstalten vergeben werden könnten.“

Neben der direkten Unterstützung braucht es für Martin Heine, Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA), Medienmacher mit guten Ideen, die etwas umsetzen und auch Geld verdienen wollen. „Jedes Jahr verlassen engagierte Absolventen unsere mitteldeutschen Unis und Fachhochschulen und es muss uns gelingen, diese in Mitteldeutschland zu halten. Mit Gründerzentren, der Bereitstellung von Wagniskapital oder mit Förderprogrammen werde für privaten Unternehmertum ein wichtiger Baustein gelegt. Daneben müsse beim Einsatz öffentlicher Mittel künftig noch stärker auf die sog. Regionalisierungseffekte geachtet werden.

Jochen Fasco, Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM), verweist darauf, dass sein Haus seit Mitte der 90er Jahre wichtiger Akteur der Medienbildung ist und vielfältige Medienkompetenzangebote entlang der Bildungskette anbietet. Überdies unterstützt die TLM die Entwicklung des Medienstandorts mit Forschungs- und Modellprojekten, Wettbewerben, Veranstaltungen und Publikationen. Außerdem fördert sie Einrichtungen, Projekte und Veranstaltungen zur Vernetzung und Beratung von Medienschaffenden. „Die Landesmedienanstalt engagiert sich insbesondere für die Entwicklung von qualitativ hochwertigem, kindgerechtem Content und interaktive Anwendungen für Kinder. So ist sie beispielsweise Mitglied der Deutschen Kindermedienstiftung Goldener Spatz und fördert die Akademie für Kindermedien sowie die Fraunhofer-Talent-School.“

Als Unternehmer erlebt Erwin Linnenbach, CEO der Teutocast GmbH, die Engpässe im Fachkräftebereich. Sein Haus produziert etwa die Hörfunk-Programme Sportradio Deutschland und FEMOTION und vermarktet Audioformate. Trotz des Fachkräftemangels „haben wir es geschafft, einige Dutzend Menschen nach Leipzig zu locken – viele davon sind mittlerweile fest umgezogen –, die zunächst vor allem von unseren Programm- und Vermarktungsinnovationen begeistert waren und sich nun aber auch an der Einzigartigkeit der Stadt Leipzig erfreuen.“ Heute komme es dafür nicht mehr nur auf eine gute unternehmerische Idee an. Das Umfeld müsse stimmen, die weichen Standortfaktoren, die Perspektiven für Karriere, Familie und Selbstverwirklichung. „Als Unternehmen, als Stadt und als Region muss man da flexibel sein und kreativ werden.“ Daher begrüßt er jede Initiative, die hilft, den Fachkräftemangel in Deutschland aber auch in unserer Region zu lösen.

Auch Dr. Ute Zacharias, Verbandssprecherin des Verbandes der Wirtschaft Thüringens, sieht, dass Fachkräfte inzwischen in allen Branchen fehlen und die Suche nach geeigneten Arbeitskräften eine der größten Herausforderungen der gesamten Wirtschaft ist. „In den Medien kam das später an. Doch jetzt fehlen auch hier interessierte junge Menschen, die Journalistinnen und Journalisten werden wollen. Leider.“ Dabei seien das vor einigen Jahren noch begehrte Beruf mit mehr Bewerbenden als Angeboten gewesen. Gründe dafür liegen für sie unter anderen in der demografischen Entwicklung und oft auch in der Bezahlung. Darüber hinaus gelte es die Bürgermedien zu stärken. Die Macherinnen und Macher seien sehr engagiert und arbeiten am Limit. Sie berichten oft allein über die Region, weil es keine Lokalzeitungen mehr gebe. Doch den Sendern fehle es am Geld. „In Thüringen gibt es ein Volontärprogramm, das hilft weiter. Doch insgesamt gibt es noch Luft nach oben.“

Das sieht auch Dirk Panter so. Der Vorsitzende und medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag konstatiert: „Auch, wenn in den letzten Jahren die Mittel für die MDM erhöht wurden und weiter erhöht werden, so sehe ich doch, dass Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen wesentlich mehr investieren. Der Etat der MDM lag 2020 bei 14 Mio. Euro, der FFF Bayern verfügte über ca. 33 Mio. Euro, das Medienboard hatte 35 Mio. Euro, die Filmstiftung NRW hatte 40 Mio. Euro.“ Aber Geld allein reiche nicht. Zunächst brauche man eine Analyse, wie sich der Medienstandort in den letzten Jahren entwickelt hat. Dann müsse man sich– möglichst in den drei Ländern – einigen, in welchen Bereichen man profilieren wollen, wo wir Alleinstellungsmerkmale ausbilden wollen. Letztlich müsste in diese Bereiche gezielt investiert werden. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie MDM und MDR sollten dabei miteinander abgestimmt agieren.

Für Robert-Martin Montag, Medienpolitischer Sprecher der Freien Demokraten im Thüringer Landtag ist es eine Grundvoraussetzung,“ dass die Politik bereit ist, den Vertretern der Kreativ- und Kulturwirtschaft zuzuhören. Politik braucht Bescheidenheit, denn die besten Ideen kommen aus der Branche selbst.“ Damit die Ideen aber auch strukturiert formuliert werden könnten, benötige die Medienbranche einen Cluster. Dort würden unterschiedliche unternehmerische Perspektiven aufeinandertreffen und im Zusammenspiel mit den medienwirtschaftlichen Fachbereichen der Hochschulen Potenziale bilden, die dann strukturiert die Politik adressieren. Es müsse Schluss sein, dass die Politik der Wirtschaft erzählt, was gebraucht wird. „Vielmehr muss die Politik wieder ein Ermöglicher sein.“

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