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Markenradios sind Branchenkiller

Warum Trendbeobachter Tesla mehr zutrauen als dem SWR und Co.

Mathias Haas, Geschäftsführer HAAS. DER TRENDBEOBACHTER Quelle: Mathias Haas - DER TRENDBEOBACHTER Mathias Haas Geschäftsführer HAAS. DER TRENDBEOBACHTER 24.10.2017
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Individualisierte Markenradios, wie sich das in Entwicklung befindliche Tesla-Radio sind ein absoluter Killer für die Branche." Das sagt Mathias Haas, Geschäftsführer von HAAS. DER TRENDBEOBACHTER. "Und ich traue Tesla mehr zu als dem SWR. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind in der Regel nicht so agil, wie Unternehmen wie Tesla. Gerade Sachen wie Match Moods sind über ein solches Markenradio besser darzustellen, denn das Auto merkt wie ich drauf bin, allein schon weil es Echtzeitdaten über das Navigationssystem hat." 







Der US-Autobauer Tesla hat angekündigt, ein eigenes Markenradio als Musikstreamingdienst starten zu wollen. Für wie attraktiv halten Sie solche individualisierten Angebote? 
Generell ist die Entwicklung solcher personalisierten Audiodienste sehr interessant, egal in welcher Entwicklungsstufe sich solche individualisierten Markenradios tatsächlich schon in der Praxis befinden. Mittel- und langfristig, wenn das selbstfahrende Auto tatsächlich auf unseren Straßen unterwegs ist, verschieben wir heute stationäre Geschäftsmodelle, beispielsweise des klassischen Radios, in mobile Geschäftsmodelle. Vorläufer dieser Entwicklung individualisierter und zielgruppengenauer Ansprache gibt es heute schon bei Spotify for Brands oder Pandora for Brands. Teslas Idee macht kurzgefasst schon Sinn, weil man die Zielgruppe so direkt anspricht. Für solche guten (Werbe)Kontakte zahlt zum Beispiel ein hochwertiges Kaufhaus wie der Breuninger in Stuttgart richtig viel Geld.

Die ersten Fahrzeuge des neuen Tesla-Massenmodells 3 verfügen über keinen terrestrischen Radioempfänger mehr (UKW/DAB+), sondern nur noch über webbasierte Empfangstechnologien. Trend oder Ausnahme? Welche Rolle spielt die Terrestrik künftig - auch im Hinblick auf den massiven Ausbau von DAB+? Ist das bedarfsgerecht?
Bei solchen Dingen geht es sehr oft um Macht und da kommt der gesunde Menschenverstand auch an seine Grenzen. Und nicht immer gewinnt der Standard, der Sinn macht. Hochspannend wird sein, wie die Märkte in China und Co. entscheiden oder wie schnell wir in Deutschland tatsächlich beim neuen Netzstandard 5G sein werden, denn nur dann sind solche aufwendigen Infotainmentsysteme kundenseitig umsetzbar. Noch ist die USA mit 3,8 Milliarden Umsatz der größte Markt (für Tesla), dann kommt mit riesigem Abstand UK mit rund 300 Millionen, 200 Millionen sind es in den Niederlanden und in Deutschland „nur“ 169 Millionen EUR. Sie sehen, Tesla macht seine Dienste nicht für die Deutschen. Also der technische Standard in Deutschland ist für Tesla nicht maßgebend, zumal es bei der Durchsetzung neuer Standards selten eine vorher festgelegte Technik X oder Y entscheidend ist. Meist geht es darum, wer am Schluss mächtiger ist. Klar hat im Katastrophenfall die Terrestrik einen wichtigen Nutzen. Aber wenn es nicht einmal Norwegen schafft, von UKW auf DAB+ unfallfrei umzuschalten – und ich traue der norwegischen Regierung mehr zu als der Deutschen – dann habe ich schon meine Bedenken in Bezug auf DAB+ als alleinigen neuen Standard für die Radioterrestrik. Aber auch das ist letztlich eine Machtfrage und natürlich bleibt entscheidend: ist DAB+ so wichtig, dass sich die Bundesregierung das Thema auf die Fahnen schreibt. Gleichzeitig merkt der Verbraucher, dass sowas wie Teslas unfassbar sexy ist. In den ersten drei Tagen wurde das Model 3 mehr vorbestellt, als Porsche im Jahr ausliefert. Am Ende entscheidet vielleicht sogar Protektionismus, welchen Standard man wo durchlässt. Wenn Tesla das geilste Radio der Republik macht und Mercedes nicht hinterherkommt, dann würde es mich auch nicht wundern, wenn die Politik eine passende Regel findet, damit die deutschen Autobauer wieder mehr Luft bekommen.

Welche Auswirkungen haben individualisierte Markenradios andererseits auf die klassischen Radiomacher und Inhalteanbieter? Sind beispielsweise reine Musikradios angesichts der neuen Konkurrenz überhaupt überlebensfähig – was kann klassisches Radio ggf. besser?
Solche individualisierten Markenradios sind ein absoluter Killer für die Branche. Und ich traue Tesla mehr zu als dem SWR. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind in der Regel nicht so agil, wie Unternehmen wie Tesla. Gerade Sachen wie Match Moods sind über ein solches Markenradio besser darzustellen, denn das Auto merkt wie ich drauf bin, allein schon weil es Echtzeitdaten über das Navigationssystem hat. Das heißt ein solcher Musikdienst kann nicht nur Handlungsanweisungen geben, wie `mach ein Pause!´ oder `da ist die Stauwahrscheinlichkeit hoch´, sondern es kann und wird auch die jeweils an die Situation angepasste Musikschiene abspielen.

Wie steht es um die Werberelevanz individualisierter Radios?
Erstmal sehen wir in allen Branchen, dass die Klassiker meistens nicht hinterherkommen. Es ist relativ tough, sich selbst zu zerstören und sich neu zu erfinden – so lange man die Kraft dazu hat. Und zwar dann, wenn es einem relativ gut geht. Und damit müssen sich SWR und Co. auch auseinander setzen. Zudem ist heute alles Lifestyle. Es ist eben auch Lifestyle, wenn jemand das Tesla-Radio haben will und nicht mehr den SWR hören. So gesehen haben neue Dienste und damit auch neue Werbeformen eine große Chance auf dem Markt, weil sie Dinge anders machen. Und das ist gut so. Beispiel: ich verstehe nicht, warum heute noch zweimal in der Stunde für 5 Minuten Verkehrsmeldungen kommen. Das ist völlig absurd und überholt. Ich bin mir sicher, das Tesla neue Komponenten und ein neues Erleben in das Thema Infotainment einbringen wird. Ein schönes Beispiel könnte künftig sein, dass Tesla einen individualisierten Song spielt, der den Fahrer auffordert mal anzuhalten und einen Kaffee zu trinken und nicht wie beim klassischen Anbieter heute einfach nur ein LED Lämpchen aufleuchtet mit einer Kaffeetasse im Display. Das wird Tesla sicher viel eleganter lösen.

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