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Machen sich die Innenstädte selbst kaputt?

Schlechte ÖPNV-Angebote, uneinheitliche Öffnungszeiten und monotones Ambiente sprechen für den Onlinehandel

Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer Bundesverband E-Commerce  und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) Quelle: bevh Christoph Wenk-Fischer Hauptgeschäftsführer Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland 18.08.2017
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Uneinheitliche Öffnungszeiten und am Sonntag ist zu, tote Hose außerhalb der Ladenöffnung und überall nur das gleiche Angebot in ewig gleicher Anmutung, der Wunschartikel ist aber ausverkauft." Warum soll man dahin, fragt Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland. Löst der Onlinekauf tatsächlich schon bald den Stadtbummel ab?







Wie attraktiv sind eigentlich die deutschen Innenstädte in Bezug auf modernes Einkaufen, was ist gut, was könnte noch besser sein?
Uneinheitliche Öffnungszeiten und am Sonntag ist zu, „tote Hose“ außerhalb der Ladenöffnung und überall nur das gleiche Angebot in ewig gleicher Anmutung, der Wunschartikel ist aber ausverkauft, asphaltierte Plätze in praller Sonne oder zugigem Wind, kein Ort zur Ruhe dazwischen oder um die vollen Taschen mal loszuwerden, teure und oft schlechte ÖPNV-Anbindung oder Parken im 60er Jahre-Ambiente zum Luxuspreis, gestresstes Personal, das über das Internet schimpft und dann muss man an der Kasse Schlange stehen und bekommt zur Strafe vom roten Ende der Bon-Rolle noch die Quittung dafür. Gegenfrage: Warum soll man da hin?

Beim Thema Einkaufen geraten die Innenstädte durch das wachsende Onlinegeschäft unter Druck. Verschwinden schon bald Buchläden, Banken, Schuhgeschäfte aus den Innenstädten und drohen uns wahre Geistercities?
Die Innenstädte – und natürlich sind nicht alle gleich - geraten nicht durch das Online-Geschäft unter Druck. Der Druck ist hausgemacht (siehe oben) und wird verstärkt durch maßlose Mietsteigerungen als Folge der Flucht ins „Betongold“ bei anhaltender Niedrigzinspolitik. Der Online-Handel stößt nur in die Lücke, die zudem durch unnötiges Flächenwachstum und verfehlte Strukturpolitik sowie Veränderungen im Freizeitverhalten der Menschen vergrößert wird. 

Was macht E-Commerce für die Kunden so attraktiv? Welche Trends sehen Sie gerade?
Sicheres, einfaches Bestellen und bequeme Lieferung an den Wunschort bei großer Transparenz und allgemeiner Verfügbarkeit der Sortimente. Auch Lebensmittel und Konsumgüter sowie großvolumige und wertvolle Güter werden zunehmend online verkauft. Bei den Alltagsgeschäften wird die (auch automatische) Versorgung zunehmend den Einkauf ersetzen und bei der Produkt-Suche wird Schrift durch Sprache ersetzt.

Wie können sich der stationäre Handel und der Internethandel arrangieren? Wer kann ggf. was besser?
Die Zukunft des Handels insgesamt ist ein nahtloses Zusammenwachsen von stationärem und Distanzhandel: Click & Collect, Showrooming & Same Day Delivery, Sicherheit & Sinnlichkeit, Mensch & Maschine sowie Stadt & Land - in Hinblick auf die demografische Entwicklung und Strukturwandel ist E-Commerce die Möglichkeit, eine gute und gleichmäßige Versorgung aller auch mit speziellen Gütern, wie z.B. Arzneimitteln, sicherzustellen.

Welche Konzepte brauchen die Citys aus Sicht des BEVH, um auch im Digitalzeitalter attraktiv zu bleiben? Ein wichtiger Aspekt beim Einkaufen in den Städten ist das Thema Mobilität und Verkehr. Müssen hier neue Konzepte her, damit auch künftig die Menschen in den Citys einkaufen gehen?
Gegenfrage: Warum muss es denn unbedingt Ziel sein, den Status Quo zu erhalten, wenn er von Kunden und Händlern nicht mehr angenommen wird und gleichzeitig die Versorgung mittels E-Commerce gesichert werden kann? Aber wenn, dann kommt Belebung am ehesten mit einem gesunden Mix, nicht nur von Läden, sondern in der Raumnutzung insgesamt: strikte rechtliche oder faktische Trennung von Wohnen, Einkaufen, Gewerbe und Freizeitangeboten sowie auch von Fußgänger- und Verkehrsbereichen ist zu überdenken, auch das Nachbarrecht dementsprechend anzupassen. Innerorts kann es Durchmischung oder oft mehr als ein Zentrum geben. Aber Schluss damit, Infrastruktur und Shopping außer Orts zu verlagern. Regelungen zu Ladenöffnung und Sonntagsarbeit müssen hin zur Selbstbestimmung liberalisiert werden. ÖPNV, E-Mobilität, Fahr- und Lastenrad sowie Car Sharing müssen ihren Platz in der City-Infrastruktur bekommen. ÖPNV-Anbindungen, die Services des ÖPNV und die Preisgestaltung im ÖPNV sind zu überdenken. Lieferverkehre, allgemeinverträgliches Be- und Entladen und Citylogistik müssen ermöglicht werden.

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