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Lehrende brauchen für innovative Nutzung digitaler Formate ein Zeitbudget

Wo die deutschen Hochschulen in Sachen Digitalisierung stehen - und was passieren muss

Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley - Präsident des Hochschullehrerbunds hlb Quelle: hlb/ Barbara Frommann Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley Präsident Hochschullehrerbund hlb 20.04.2020
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Die Professorinnen und Professoren  an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) stellen "den Studierenden unter Nutzung technischer und didaktischer Mittel auch ohne Präsenzlehre ein Studienangebot zur geordneten Fortsetzung ihres Studiums im Sommersemester 2020 bereit", betont Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley - Präsident des Hochschullehrerbunds hlb. Er ordnet den Stand an deutschen Hochschulen international ein und betont, dass mit der Digitalisierung in den Hochschulverwaltungen ein steigender Bedarf an personeller Verstärkung im IT-Support und im Bereich der Erstellung und Verwaltung digitaler Lehre entsteht.







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Neue Zielgruppen, individuellere Lehre, schlankere Verwaltung – wo stehen die deutschen Hochschulen in Sachen Digitalisierung im internationalen Vergleich?
Neue Zielgruppen für digitale Lehr- und Lernangebote an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) sind u. a. Personengruppen, die sich weiterbilden möchten, gleichzeitig aber durch ihre Arbeit in feste zeitliche Strukturen eingebunden sind (Konzept des „Lifelong Learning“). Für unsere durch rasche und stete Innovation geprägte Gesellschaft können gerade hier digitale, auf die Bedürfnisse der Studierenden zugeschnittene Lösungen die erforderlichen Weiterbildungen erleichtern. Die HAW waren dafür immer schon flexible Partnerinnen, die sich schnell auf neue Anforderungen am Arbeitsmarkt einstellen. Aufgrund des profilbildenden Anwendungsbezugs der Lehre an HAW, der sich etwa durch studienbegleitende Praktika darstellt, kann allerdings nicht in allen Disziplinen das vollständige Lehrangebot digital vermittelt werden.

Natürlich brauchen die Lehrenden für eine innovative Nutzung digitaler Formate ein Zeitbudget. Zudem benötigen sie kompetente Unterstützung beim digitalen Know-How. Daher entsteht in den Hochschulverwaltungen mit der Digitalisierung ein steigender Bedarf an personeller Verstärkung im IT-Support und im Bereich der Erstellung und Verwaltung digitaler Lehre.

Internationale Vergleiche über den Stand der Digitalisierung an Hochschulen sind aufgrund fehlender Daten nur punktuell möglich. Internationale Statistiken der OECD oder von Eurostat bilden Aspekte der Digitalisierung bislang nicht ab. Das Institut für Hochschulentwicklung HIS hat in seiner Studie „Digitalisierung der Hochschulen“ vom Februar 2019 u. a. eine schweizerisch-deutsche Untersuchung von 2017 analysiert. Darin schätzen schweizerische Hochschulen ihren Entwicklungsstand in den Bereichen Lehren/Lernen und digitale Verwaltung deutlich günstiger ein als die deutschen Hochschulen, die für die HIS-Studie befragt wurden. Hingegen beschreiben die deutschen Hochschulen im Bereich digitale Forschung eine stärkere Position im Vergleich zur Schweiz.

Die Entwicklung der Digitalisierung an Hochschulen in den USA und in Deutschland scheint nach der HIS-Analyse in den Bereichen der IT-Governance und der digitalen Forschung vergleichbar zu sein.

Auf europäischer Ebene haben europäische Hochschulen häufiger eine Strategie für digitales Lehren und Lernen (44 Prozent), als es die Studie des HIS für die deutschen Hochschulen ermittelte (18 Prozent). Allerdings holen die deutschen Hochschulen derzeit bei der Strategieerarbeitung deutlich auf (49 Prozent).

Online-Studiengänge gibt es an 36 Prozent der Hochschulen auf europäischer Ebene; in Deutschland werden sie von 17 Prozent der Hochschulen genutzt. Für die Digitalisierung der Hochschulverwaltung kann man derzeit keine seriösen Aussagen treffen, da es keine aussagekräftigen Vergleichsdaten gibt.

Aufgrund der Coronakrise haben die HAW sehr kurzfristig ihren Lehrbetrieb im Wege der Onlinelehre weitergeführt oder – soweit die Veranstaltungen noch nicht begonnen haben – bereiten sich mit Hochdruck darauf vor. Die Professorinnen und Professoren an HAW stellen den Studierenden unter Nutzung technischer und didaktischer Mittel auch ohne Präsenzlehre ein Studienangebot zur geordneten Fortsetzung ihres Studiums im Sommersemester 2020 bereit. Wir bewundern und unterstützen die enormen Leistungen der Professorinnen und Professoren, in dieser außergewöhnlichen und für alle ungewohnten Krisensituation den Studierenden das geplante Studienangebot digital zu ermöglichen.

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Die Digitalisierung kann den Hochschulbetrieb effizienter machen – zunächst braucht es aber Investitionen. Welche Unterstützung brauchen Hochschulen dabei von der Politik?
Die wesentlichen Herausforderungen sind die finanzielle Ausstattung der HAW für den Aufbau von digitalen Angeboten und IT-Infrastruktur sowie ausreichend kompetente Fachkräfte. Ebenso brauchen wir zuverlässige rechtliche Rahmenbedingungen, hier vor allem beim Datenschutz, bei der Anrechenbarkeit von digitalen Formaten auf das Lehrdeputat und beim Urheberrecht.

Für digitale Lehr- und Lernaktivitäten bedarf es einer aus den Haushalten der Hochschulen finanzierten technischen Ausstattung von Vorlesungs- und Seminarräumen, einer technischen Infrastruktur und Fachpersonal zur Erstellung digitaler Lehr- und Lernangebote, aber auch baulicher Veränderungen der Räumlichkeiten. Im Rahmen von Projekten eingeworbene Drittmittel sind zeitlich begrenzt und können beim Aufbau nur unterstützen. Digitale Formate bedürfen aber einer kontinuierlichen Finanzierung. Digitalisierung zum Nulltarif ist nicht möglich.

Das digitale Lernen braucht technisch gut ausgerüstete Studierende. Wie lässt sich dabei eine Verstärkung der sozialen Spaltung verhindern?
In der Regel sind unsere Studierenden mit mobilen Endgeräten ausgestattet. Für Studierende, die nicht über einen PC verfügen, sollten Leihgeräte bereitgestellt, Förderangebote oder individuelle Lösungen gemeinsam mit Partnerinnen oder Partnern aus der Wirtschaft entwickelt werden. Ohne eine moderne technische Ausstattung können sich Studierende nicht auf ihre spätere Arbeit in Wirtschaft und Gesellschaft vorbereiten, denn Digitalisierung findet in allen akademischen Berufsfeldern statt.

Bei der Digitalisierung setzen die Hochschulen häufig auf Kooperationen, zugleich sollen sie aber ihr Profil im Wettbewerb stärken. Wie lässt sich der Widerspruch von Kooperation und Konkurrenz auflösen?
Derzeit befinden wir uns – trotz der bestehenden guten digitalen Lehr- und Lernangebote – in einem Prozess, in dem es uns nützlich und sinnvoll erscheint, sich untereinander über Erfahrungen auszutauschen, zu kooperieren und gemeinsam optimale Lösungen zu finden. Für die Wissenschaft ist das Nebeneinander von Kooperation und Konkurrenz auf der gemeinsamen Suche nach neuen Erkenntnissen gewohnt.

Unser Ziel ist es, allen Studierenden eine bestmögliche, von anwendungsorientierter Forschung getragene Lehre bereitzustellen. Gute Lehre ist nicht selbstverständlich, sondern muss gepflegt und entwickelt werden. Dafür setzen wir uns seit der Gründung der Fachhochschulen vor 50 Jahren ein. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften stehen für ein Commitment für die Lehre. Das gilt auch für digitale Lehrformate.

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