Die Deutschen liegen bei digitalen Kompetenzen im europäischen Vergleich hinter der Spitzengruppe. Worin sehen Sie die wichtigsten Gründe dafür?
Ein Hauptfaktor ist sicherlich unser Bildungssystem, das deutlich zu langsam auf technologische Veränderungen reagiert. Digitale Bildung ist nicht ausreichend im Lehrplan verankert, und viele Lehrer:innen sind nach wie vor nicht entsprechend geschult, um notwendige digitale Kompetenzen zu vermitteln. Es fehlt auch an vergleichbaren Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene. Außerdem mangelt es in einigen Regionen immer noch an einer adäquaten digitalen Infrastruktur. Auch viele mittelständische Unternehmen haben noch Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung.
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Es gibt eine erhebliche digitale Kompetenz-Kluft nach der formalen Bildung. Was kann dagegen getan werden?
Um diese Kluft zu verringern, müssen wir das lebenslange Lernen stärker fördern. Digitale Bildung muss frühzeitig in den Lehrplan integriert und kontinuierlich an die aktuellen Lebensrealitäten angepasst werden. Die Politik muss zudem eine umfassende Strategie zur digitalen (Weiter-)Bildung entwickeln und umsetzen.
Fast drei Viertel der Deutschen glauben, dass sich die eigene berufliche Tätigkeit durch die Digitalisierung nicht verändert. Wie bewerten Sie diesen Befund?
Dieses Ergebnis zeigt klar, dass viele Menschen die Veränderungen, die durch die Digitalisierung bereits entstehen, noch nicht vollumfänglich wahrnehmen.
Fakt ist, der vermehrte Einsatz von KI zeigt bereits Wirkung: Schon heute transformiert KI in seinen unterschiedlichen Ausprägungen (Generative KI, Maschinelles Lernen etc.) die Arbeitswelt. Nur leider konzentriert sich der mediale Diskurs noch zu häufig auf die Befürchtung, dass durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz Arbeitsplätze wegfallen werden, da die KI den Menschen ersetzen könnte.
Tatsächlich entstehen durch die Anwendung digitaler Lösungen wie etwa KI aber auch neue Tätigkeitsbereiche. Außerdem kann mit ihrer Hilfe dem Fachkräftemangel begegnet werden und durch verschiedenste Anwendungsszenarien von KI eine signifikant gesteigerte gesamtwirtschaftliche Produktivität herbeigeführt werden. All diese positiven Aspekte für den Arbeitsmarkt werden häufig noch nachrangig betrachtet.
Dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in vielen deutschen Unternehmen noch in den Kinderschuhen steckt, zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag von eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.: 50 Prozent der Kleinunternehmen gaben hier an, mit dem Einsatz von KI noch nicht begonnen zu haben und auch keine konkreten Pläne dafür zu haben. Das trifft auch auf ein Drittel der mittleren Unternehmen und fast jedes fünfte Großunternehmen (19 Prozent) zu.
Unterm Strich werden KI und andere Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt zukünftig viele unserer Fähigkeiten ergänzen, uns bei eintönigen oder körperlich fordernden Tätigkeiten entlasten und unsere Wahrnehmung erweitern. Die Transformation der Arbeitswelt ist schon jetzt in vollem Gange und Berufsbilder werden sich neugestalten – das muss uns klar sein!
Was sollte die Politik zur Verbesserung der digitalen Kompetenz der Bürger leisten?
Die Politik muss eine umfassende Strategie zur digitalen Bildung entwickeln und umsetzen. Dazu gehört die Integration digitaler Kompetenzen in den schulischen Lehrplan und die kontinuierliche Weiterbildung von Lehrkräften. Es sollten auch gezielte Förderprogramme für lebenslanges Lernen angeboten werden. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist dabei zentral, um allen Bürger:innen den Zugang zu modernen Technologien zu ermöglichen. Insgesamt ist es wichtig, dass alle Bürger:innen die notwendigen digitalen Fähigkeiten erwerben können, um in einer zunehmend digitalisierten Welt erfolgreich zu sein. Auch muss die öffentliche Verwaltung selbst damit beginnen, schneller ihre Prozesse und Schnittstellen zu Bürger:innen und Unternehmen auf die digitalen Lebensrealitäten auszurichten. Das hilft gegen den zunehmenden Fachkräftemangel in der Verwaltung und spart zudem Kosten in Zeiten knapper staatlicher Kassen.