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"KI" basiert auf dem Diebstahl geistigen Eigentums

Was die Schweizer Autoren im Umgang mit «künstlicher Intelligenz» fordern

Cornelia Mechler - Geschäftsführerin, A*dS Autorinnen und Autoren der Schweiz Quelle: Raffael Soppelsa Cornelia Mechler Geschäftsführerin A*dS Autorinnen und Autoren der Schweiz 12.09.2023
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Der Einsatz von «KI» führt aus Sicht von Cornelia Mechler vom Verband der Autorinnen und Autoren der Schweiz bei Menschen in der Buchbranche "ins Katastrophale, da deren berufliche Existenz ernsthaft gefährdet wird." Sie formuliert deutliche Forderungen an die Politik für klare Regeln.







"KI" kann Autoren bei Recherche und Schreiben helfen, sie wird auch von Verlagen zur Manuskript-Sichtung genutzt. Wo sehen Sie die besten Einsatzmöglichkeiten von "KI"-Tools im Literaturmarkt?
"KI"-Tools können eine Unterstützung bei der Text- und Manuskripterstellung darstellen, vor allem im Sachbuchbereich. Im literarischen Bereich kann ein "KI"-Tool zur Planung eingesetzt werden, u.a. bei einer Zeitstrahlerstellung eines Romans, um den Überblick zu behalten.

Übersetzer*innen können Tools zur maschinellen Übersetzung zur Inspiration nutzen, ähnlich wie Wörterbücher, aber mit der angebrachten Vorsicht, da die Resultate bloss auf statistischer Wahrscheinlichkeit beruhen. Studien ergaben, dass die maschinelle Vorübersetzung ganzer Texte unter dem Strich keine Zeitersparnis bedeutet und den Arbeitsprozess tendenziell eher beschwerlicher macht.

Literaturagenturen und Verlage können dank "KI"-Tools eventuell Plagiatspassagen in eingereichten Manuskripten besser erkennen. Ausserdem können mit "assistierenden Summarizern" unverlangt eingesandte Manuskripte rascher gesichtet werden.

Diktier-APIs erleichtern auch für Autor*innen oder Übersetzer*innen bisweilen die Arbeit. Diktier-APIs machen "Schreiben" zudem auch für motorisch Eingeschränkte möglich.
Allenfalls können barrierefreie E-Book-Formate leichter produziert werden.

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Experten befürchten, dass "KI"-Einsatz Texte tendenziell gleichförmiger macht. Wie sehen Sie das?
Der Einsatz von "KI" führt bei Texten zweifellos zu einer Stil-Verflachung und zu einer eingeschränkten Sprachwahl. Es entstehen mittelmäßige, redundante, falsche, vorzensierte Texte, die Sprache wird nicht weiterentwickelt und bereichert. Dazu kommt die sehr grosse Gefahr, dass Bias und diskriminierende Vorurteile vertieft werden.

Im Verlags- und Agenturbereich führt der Einsatz von "KI" dazu, dass eine Textbeurteilung beispielsweise auf der Basis von vergangenen Bestsellern getätigt wird, aber ob das direkt zu neuen Bestsellern führt, ist mehr als fraglich. Innovatives generiert sich nicht durch die Wiederholung von längst Dagewesenem …

Eine durch "KI" ermöglichte Inhaltskontrolle wird auch gegen nicht verfassungswidrige Texte verwendet. Das kann zu einer automatischen Aussortierung von Büchern mit Gender-Queer-Themen, weiblicher Sexualität oder Religionsanschauungen führen.

Werden Pressetexte oder gar Buchbesprechungen mit "KI" verfasst, so fehlen sozialgesellschaftlicher und zeitgeistiger Kontext, da "KI" nur das vorliegende Produkt bearbeitet. Eine literarische Einordnung ist nicht möglich.

Und last not least: Die meisten "KI"-Tools, selbst hochentwickelte wie etwa DeepL, scheitern weiterhin an Humor, Ironie, Sprachwitz, Stil.

Im Frühjahr ist ein "KI"-generiertes Kinderbuch erschienen. Inwieweit und in welchen Genres kann "KI" Autorinnen oder Autoren eventuell ganz ersetzen?
Zunächst: Das Kinderbuch wurde laut Verlag wie folgt produziert: "Von Expert*innen aus Technologie und Pädagogik zusammen mit Kindern und einer künstlichen Intelligenz entwickelt".

In keinem Genre und in keinem Bereich kann eine "KI" Autor*innen und Übersetzer*innen ersetzen. Die Intelligenz stammt weiterhin von den tatsächlichen Urheber*innen. Die "KI" verarbeitet, was ihr zugeführt wird. Damit dürfte auch deutlich werden, weshalb die Bezeichnung "Intelligenz" geradezu ein Hohn ist für diese technischen Tools.

"KI" generiert Texte aufgrund einer Datenbasis bereits vorhandener Texte. Wie ist das urheberrechtlich zu bewerten?
Die derzeitigen Zustände sind unhaltbar und neigen sich für Autor*innen und Übersetzer*innen ins Katastrophale, da deren berufliche Existenz ernsthaft gefährdet wird. Der A*dS hat im Sommer 2023 ein Statement auf seiner Webseite veröffentlicht, in dem er einen verantwortungsvollen, transparenten und regulierten Umgang mit sogenannter "künstlicher Intelligenz" fordert. Dazu gehören eine Kennzeichnungspflicht von "KI" -generierten Texten, Übersetzungen, Audio- und Videowerken, eine Offenlegung der von "KI" -Systemen verwendeten Trainingsdaten, sowie eine Beteiligung der Text-Urheber*innen am Ertrag von Schreib- und Übersetzungssoftware, soweit die Werknutzung überhaupt erlaubt ist.

Diese Forderungen richten sich an diejenigen Institutionen und Personen, die in der Schweiz auf die Autorenrechte und ihre Anwendung Einfluss nehmen können. Für den A*dS steht fest, dass "KI" auf dem Diebstahl geistigen Eigentums basiert, und wir werden uns (auch gemeinsam mit anderen Kulturverbänden und Verwertungsgesellschaften im deutschsprachigen Raum sowie in Europa) aktiv gegen die derzeit angewandten Praktiken einsetzen.

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