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Hat das Modell Facebook noch eine Zukunft?

Wie ein Markt gefördert werden könnte und welche Regulierung sinnvoll ist

Jimmy Schulz (FDP), Vorsitzender des Bundestagsausschusses „Digitale Agenda“ Quelle: FDP Fraktion Jimmy Schulz Vorsitzender Bundestagsausschuss Digitale Agenda 06.04.2018
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Social Media Plattformen wie Facebook benötigen einen "Rahmen, der hohe Datenschutzstandards, Selbstbestimmung und Transparenz gewährleistet", sagt der Vorsitzende des Bundestagsausschusses „Digitale Agenda“, Jimmy Schulz (FDP). Facebook habe diesbezüglich Fehler gemacht. Und für die Zukunft gibt es eine Reihe von Fragen zu klären.







Vielen Medienunternehmen verbreiten Inhalte auf Facebook oder nutzen das Netzwerk als Diskussionsplattform für ihre Nutzer. Inwieweit ist das in Anbetracht des aktuellen Datenskandals noch ein Modell für die Zukunft?
Social Media Plattformen wie Facebook sind immer noch Instrumente, mit denen eine Vielzahl an Menschen erreicht werden können, egal ob von Politik oder Medienunternehmen, insbesondere auch für eine direkte Interaktion mit den Bürgern und Lesern.

Das geht jedoch nur in einem Rahmen, der hohe Datenschutzstandards, Selbstbestimmung und Transparenz gewährleistet. Nutzer müssen wissen, wer wann Zugriff auf welche Daten hat! Der aktuelle Fall hat gezeigt, dass Facebook diesbezüglich Fehler gemacht hat - insbesondere der Fakt, dass sie Betroffene nicht bereits damals informiert haben, als sie von dem Datenleck erfahren haben, ist für mich nicht nachvollziehbar. Zudem hat der Fall viele Fragen aufgeworfen, die es jetzt schnellstmöglich zu klären gilt, z.B. ob ich als Nutzer überhaupt dazu befugt bin, in die Weiterverarbeitung der Daten meiner Freunde einzuwilligen. Das „Modell Facebook“ ist nur so lange zukunftsfähig, solange viele Menschen es nutzen. Sobald diese sich für alternative Dienste oder Interaktionsmöglichkeiten entscheiden, müssen sich auch Unternehmen, die bisher Facebook als Diskussionsplattform genutzt haben, anpassen.

Facebook, aber auch andere Netzriesen wie Google bestimmen über Algorithmen, welche Inhalte welche Nutzer zu sehen bekommen und sorgen damit für sogenannte Echoräume und Filterblasen. Wie sollten diese Algorithmen kontrolliert werden?
Das Thema Algorithmen ist hochkomplex: Es ist nicht auf Anhieb klar, wie und ob man intelligente Algorithmen regulieren kann. Darüber muss man gründlich nachdenken und eine breite gesellschaftliche Debatte führen. Im Ausschuss Digitale Agenda steht diese Diskussion oben auf der Tagesordnung. Wir werden uns mit diesem Thema in der laufenden Legislaturperiode ausführlich beschäftigen und Lösungsvorschläge diskutieren, unterstützt von Experten im Rahmen von Sachverständigen-Anhörungen.

Auf nationaler Ebene muss gewährleistet sein, dass die Entscheidungsprozesse und –kriterien transparent und für den Nutzer nachvollziehbar gestaltet werden. Dazu gehören die Offenlegung der Entscheidungswege sowie die Dokumentation der Datengrundlage, Ziele und Methoden von algorithmen-basierten Entscheidungen. Eine Veröffentlichungspflicht des Quellcodes sehe ich hingegen als nicht ausreichend an, da hier die kontextuelle Einordnung schwierig ist. Zudem wäre diese problematisch, da Unternehmen so gegebenenfalls gezwungen würden, Geschäftsgeheimnisse zu verraten.

Facebook verfügt, insbesondere da auch Instagram und WhatsApp zum Konzern gehören, über mächtige Datenmengen. Sehen Sie deswegen Regulierungsbedarf?
Datenmonopole oder sogenannte Datensilos sehe ich kritisch. Die Datenportabilität ist ein gutes Mittel, um ihrer Entstehung und Festigung entgegenzutreten und die Selbstbestimmung der Anwenderinnen und Anwendern zu stärken.

In Artikel 20 der Europäischen Datenschutzgrundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft tritt, erhalten die Anwenderinnen und Anwender das Recht, die sie betreffenden und von ihnen bereitgestellten Daten zur Verfügung gestellt zu bekommen oder transferieren zu lassen. So können leichter alternative Dienste genutzt und der Wettbewerb von sozialen Netzwerken gestärkt werden. Allerdings muss immer sichergestellt werden, dass Anwenderinnen und Anwender wissen, welche Dienste welche Daten zu welchem Zweck erheben und verarbeiten. Hier benötigen wir mehr Transparenz.

Zudem bieten offene Formate sowie Protokolle die Möglichkeit für die Verbraucher, unabhängiger von proprietären Plattformen zu agieren. Einen weiteren, interessanten Ansatz bietet der Open Source-Gedanke, der darauf basiert, dass nicht einer allein kontrolliert, was passiert, sondern eine ganze Community. Ich fände es wünschenswert, dieses Prinzip auch bei zukünftigen Plattformen vermehrt zu fördern.

Auch auf dem Werbemarkt nehmen Netzkonzerne wie Facebook und Google eine sehr starke Stellung ein. Sollte hier regulatorisch eingegriffen werden?

Um den Wettbewerb auch bei Social Media zu fördern, brauchen wir neben der oben erwähnten Datenportabilität auch ein Level Playing Field, dass es alternative Anbieter erlaubt, bekannt zu werden und sich ggf. zu etablieren.

Wenn es um Regulierung geht, müssen wir staatsübergreifend denken und einen gemeinsamen Ansatz entwickeln, schließlich macht das Internet nicht an Ländergrenzen halt. Mit dem World Summit of Information Society existiert im Rahmen der Vereinten Nationen beispielsweise eine Institution, die geeignet wäre, um internationales Recht in Internetfragen zu regeln. Allerdings wird es immer auch Geschäftsmodelle geben, die wir nicht mögen, die aber legal sind.

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