Bei der EU ist die Aufhebung des Territorialprinzips im Gespräch – danach müssten TV-Sender die Online-Rechte eines Films nur noch für ein EU-Mitgliedsland erwerben und könnten diesen dann in der ganzen EU zugänglich machen. Was halten Sie davon?
Der diskutierte Verordnungsvorschlag zu der Verwendung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online Übertragungen hebelt das Territorialprinzip per se nicht aus. Jedoch könnte die Klärung der Rechte über das Herkunftslandprinzip im Hinblick auf das europäische Wettbewerbsrecht zur Folge haben, dass die Rechteinhaber in ihrer Vertragsfreiheit eingeschränkt werden, da exklusive Lizensierung dann einen Wettbewerbsnachteil bedeuten würde. Ich trete daher nicht für die Aufhebung des Territorialprinzips sein, weil damit insbesondere die Vorfinanzierung von Filmen gefährdet werden könnte und das würde zu einer Einschränkung von kultureller Vielfalt in der EU führen.
Die Produzenten wehren sich. Wie sehr bedroht eine Aufhebung des Territorialprinzips die Filmwirtschaft in Europa?
Ich sehe vor allem eine Gefahr, wenn es in Konsequenz der Marktmächte zu einem Zwang zu europaweiten Lizenzen kommen würde, dass dann insbesondere finanzstarke Anbieter, vorneweg aus den Vereinigten Staaten, diese bezahlen könnten, viele kleine europäische Anbieter aber nicht. Die kulturelle Vielfalt Europas basiert auf lokal und regional bezogenen Angeboten auch in der Filmwirtschaft. Deswegen sollte das Territorialprinzip nicht generell ausgehebelt werden. Europaweite Lizenzen auf freiwilliger Basis gibt es ja jetzt schon.
Inwieweit ist der Filmmarkt in der EU überhaupt ein gemeinsamer?
Der Filmmarkt in der EU basiert auf exklusiven Lizenzen, meistens in verschiedenen Territorien, um die Filme vorzufinanzieren zu können. Dieses Modell sollte nicht zerstört werden. Darum gibt es zwar Koproduktionen und Austausch in der EU, aber eben noch getrennte Territorien, was die Lizensierung angeht. Wenn man den digitalen Binnenmarkt weiterentwickelt, ist das gut – insbesondere für die Verbraucher*innen, darf aber nicht zu Lasten der Filmvorfinanzierung und zu Lasten der kulturellen Vielfalt gehen, denn das würde im Umkehrschluss auch ein geringeres und weniger spezifisches audiovisuelles Angebot für die Europäer*innen bedeuten.
Von einer Aufhebung des Territorialprinzips würden insbesondere auch Zuschauer profitieren, die ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Land gewählt haben. Welche wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung spielt diese Nutzergruppe?
Diese Nutzergruppe der Minderheitensprachen und Expatriierten hat ein großes Interesse an grenzüberschreitendem Zugriff auf Filme und ist deswegen gegen Geoblocking. Diese Gruppe ist eine Minderheit, mit nachvollziehbaren Interessen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass ihr Interesse gegen das der Aufrechterhaltung der Filmfinanzierung abgewogen werden muss.



