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Größtmögliche Autonomie für Arbeitnehmer

Wie bei der mobilen Arbeit Angestellte und Vorgesetzte zusammenfinden

Dr. iur. Luca Cirigliano, Zentralsekretär – Leiter Bereiche Arbeitsrechte/Arbeitsbedingungen/Internationales, Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB Quelle: SGB Dr. Luca Cirigliano Zentralsekretär Schweizerischer Gewerkschaftsbund 15.03.2018
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Mit Flexibilität meinen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zwei ganz verschiedene Sachen. Der Arbeitgeber versteht unter Flexibilität, einen Arbeitnehmer so einzusetzen, wie es ihm gerade passt. Wenn man den Arbeitnehmer fragt, kommt man zu ganz anderen Ergebnissen, da geht es eher um Work-Life-Balance und Familien-Leben." Das sagt Dr. Luca Cirigliano, Zentralsekretär, Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB. "Wir sind eindeutig der Meinung, dass flexible Arbeitsplatz- und Arbeitszeit-Modelle zu einer größtmöglichen Autonomie beim Arbeitnehmer führen sollten. Und jede Autonomie bezüglich Arbeitsplatz und -zeit muss freiwillig und durch den Arbeitnehmer gestaltbar sein. Das gilt natürlich auch für das Home-Office."







Mobilität spielt für die Arbeitswelt der Zukunft eine zentrale Rolle. Viele Arbeitgeber fördern, viele Arbeitnehmer wünschen mehr Flexibilität. Ist das Büro mit festen Arbeitszeiten ein Auslaufmodell?
Flexibilität bzw. Mobilität und klassische Büroarbeit sollten anhand der gleichen Qualitäts-Kriterien gemessen werden, wenn es um deren Wünschbarkeit geht. Denn im Grunde geht es um immer um Autonomie und Selbstbestimmung für den Arbeitnehmer. Allerdings sehen sich Arbeitnehmer gerade in flexibel-mobilen Arbeitswelten mitunter unrealistischen Erwartungen der Arbeitgeber ausgesetzt. Deswegen werden Maximalarbeitszeit- und Ruhezeit-Bestimmungen immer wichtiger gerade bei mobil-flexiblen Arbeitswelten. Bei allen zukünftigen Modellen müssen gewisse Parameter z.B. für den Gesundheitsschutz unbedingt eingehalten werden. Daher werden klare Regeln für die Arbeitszeiten, zu Pausen und Regeneration künftig wichtiger.

Von flexibleren Arbeitsplatzmodellen erhoffen sich viele Manager und Mitarbeiter eine bessere Work-Life-Balance. Ist das realistisch, oder wird nur einfach mehr gearbeitet?
Man muss sich immer eines bewusst sein: Mit Flexibilität meinen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zwei ganz verschiedene Sachen. Der Arbeitgeber versteht unter Flexibilität, einen Arbeitnehmer so einzusetzen, wie es ihm gerade passt - etwa um auf Peaks in der Produktion oder Schwankungen anderer Art reagieren zu können. Wenn man den Arbeitnehmer fragt, kommt man zu ganz anderen Ergebnissen, da geht es eher um Work-Life-Balance, Familien-Leben und verschiedene Bedürfnisse in Lebensphasen.

Wir sind eindeutig der Meinung, dass flexible Arbeitsplatz- und Arbeitszeit-Modelle zu einer größtmöglichen Autonomie beim Arbeitnehmer führen sollten. Und jede Autonomie bezüglich Arbeitsplatz und -zeit muss freiwillig und durch den Arbeitnehmer gestaltbar sein. Das gilt natürlich auch für das Home-Office. Es gibt viele Arbeitnehmer, die gerade eine Arbeitsplatz-Flexibilität oder Mobilität nicht oder nur begrenzt wünschen, weil sie z.B. Angst haben den Anschluss an das Team zu verlieren, oder weil sie sich zu Hause nicht so gut konzentrieren können usw. Home-Office darf nicht nur deswegen verlangt werden, damit der Arbeitgeber Infrastrukturkosten einspart. Ähnliches gilt bezüglich der Arbeitszeit. Viele sind selbstverständlich bereit, wochentags zwischen 9 und 19 Uhr ihre Arbeitszeit autonom zu gestalten. Allerdings dürfen die Arbeitgeber keine Ziele setzen, die zu Überstunden in der Nacht oder gar am Wochenende führen.

Unterm Strich soll es bei Flexibilisierung um die Interessen, Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter gehen – sie darf nicht nur dem kurzfristigen Profit der Arbeitgeber dienen.

Mit steigendem Datenverkehr wachsen die Herausforderungen in Sachen Datensicherheit. Welche Vorkehrungen sollen Management und Mitarbeiter diesbezüglich treffen?
Das ist ein wichtiger Punkt. Derzeit wird bei Home-Office-Modellen die Verantwortung und das Risiko für die Datensicherheit viel zu oft an den Arbeitnehmer überwälzt. Aber eigentlich trägt der Arbeitgeber als Geschäftsherr die Verantwortung für diesen Bereich und das muss auch so bleiben. Deswegen ist es uns wichtig, dass es auch hier klare Regeln gibt. Der Arbeitgeber muss alle technischen Instrumente für einen sicheren Datenverkehr zur Verfügung stellen und auch im Home-Office installieren. Es kann doch nicht Sache des Arbeitnehmers sein, bei sich zu Hause erhöhte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um seiner Arbeit nachgehen zu können. Hier müssen die normalen Regeln der Sorgfaltspflicht gelten – dabei muss der Arbeitgeber seiner Sorgfaltspflicht gerecht werden und Standards wie im Büro ermöglichen. Und der Arbeitgeber muss, im gleichen Maße wie im Büro, das Risiko von Datenverlusten oder -beschädigungen tragen. Als Arbeitgeber willigt man bei Home-Office schliesslich stillschweigend ein, dass sensible Daten den Betrieb verlassen.

Auch die Reisezeit wird immer mehr zur Arbeitszeit - welche Rolle kann aus Ihrer Sicht das selbstfahrende Auto für die Arbeit der Zukunft spielen?
Ob und wann in welcher Form das selbstfahrende Auto kommt, ist heute alles andere als sicher. Ich möchte jetzt nicht in die Rolle eines Futurologen schlüpfen und Aussagen zu einer fernen Zukunft abgeben. Wichtiger ist für die Arbeitnehmenden im Hier und Jetzt ein gut ausgebauter und zahlbarer öffentlicher Verkehr.

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