Es gibt verschiedene digitale Lösungen zur Zugangskontrolle und Kontaktnachverfolgung in der Pandemie. Welche halten Sie für die beste?
Neben den gängigen Möglichkeiten der Kontaktnachverfolgung über Luca oder die Corona-App gibt es in der Zwischenzeit auch kombinierte Angebote, mit denen sowohl die Gültigkeit von Tickets als auch der Impfstatus überprüft werden können.
Theoretisch sind Apps zur Kontaktnachverfolgung – egal von welchem Anbieter - bei richtigem Einsatz ein zu empfehlender Ansatz. Allerdings fungieren aktuelle Kontaktnachverfolgungs-Apps als deanonymisierte Werkzeuge, die zwar einen Rückschluss zum zeitlichen Aufenthalt an einem bestimmten Ort zulassen, die Kontakterfassung erleichtern, aber kaum Informationen zur Aufenthaltssituation liefern. Wesentliche Nebenbedingungen wie z.B. die Raumgröße, der Betrieb von leistungsfähigen Lüftungseinrichtungen im Raum sowie die Erfassung, ob Masken getragen wurden oder nicht, bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Kontaktdauer zwischen Einzelpersonen. Diese Informationen sind jedoch entscheidend für die Bewertung von Kontaktketten und daraus resultierend zur Festlegung von Testungen oder Quarantäneverfügungen. Daher ist aus unserer Sicht eine Kontaktnachverfolgung bei größeren Veranstaltungen nicht zielführend und produziert lediglich unnötigen Datenmüll.
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Inzwischen gibt auch Lösungen unabhängig von Smartphones – mit digitalen Chipkarten oder analog mit Stempeln für bestimmte Innenstädte oder Locations. Wie finden Sie solche Lösungen?
Digitale Chipkarten und analoge Stempel sind bisher eher unbekannt und ein wenig genutztes Tool. Entsprechende Möglichkeiten müssen nach ihren individuellen Rahmenbedingungen bewertet und an die jeweiligen regionalen Begebenheiten angepasst werden. Innerhalb des Verbandes haben diese Lösungen bisher keine große Relevanz.
Einzelne Anwendungen sind wegen Datenschutzbedenken in die Kritik geraten. Welchen Stellenwert sollte der Datenschutz bei Zugangs- und Kontaktnachverfolgungs-Lösungen spielen?
Der Datenschutz ist ein elementares Gut, das grundsätzlich geschützt werden muss. In Zeiten der Pandemie stehen für uns zwar Gesundheit und Sicherheit des Menschen über dem Datenschutz, doch warnen wir davor, den in den vergangenen Monaten begonnenen „Datenerfassungsaktionismus“ nach der Pandemie fortzuführen.
Der Einsatz der Corona-Warn-App als anonymisiertes Werkzeug gilt datenschutzrechtlich zwar als der ideale Weg, ist aber ohne Relevanz für die Arbeit in den Gesundheitsämtern, weil sie keine personenbezogenen Daten zur Verfügung stellt, mit denen echte Kontaktketten nachverfolgt werden könnten. Die damit verbundene Produktion unnötiger Datenberge wird zu Recht kritisiert und ist nicht zielführend.
Verschiedene Bundesländer setzen auf verschiedene Lösungen, EU-weit gibt es weitere. Was erwarten Sie diesbezüglich von der Politik?
Aus Sicht des EVVC und mit den Erfahrungen des vergangenen Jahres, sollte die Verpflichtung zur personalisierten Kontakterfassung in den Landesverordnungen entweder auf ein realistisches Minimum reduziert oder besser, vollständig gestrichen werden. Denn im Ergebnis hat sich gezeigt, dass der durchaus nachvollziehbare Versuch einer Unterstützung der Gesundheitsämter mit Hilfe dieser digitalen und analogen Lösungen kaum praktische Relevanz erreichen konnte und lediglich Mehraufwände für Veranstalter und Gastronomen erzeugt hat.
Eine grundsätzlich bessere und intensivere Abstimmung sowie Vereinheitlichung über Verordnungen der verschiedenen politischen Instanzen und Bundesländer ist für die Planung und Organisation von Veranstaltungen unerlässlich. Hier erwarten wir uns von der Politik nach wie vor die Einigung auf einheitliche Kriterien, um die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Branche wieder fair gestalten zu können.