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Für eine responsive Digitalisierungspolitik

Wie man Transformation so gestaltet, dass alle profitieren

Ulrike Kloiber, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Hamburg Quelle: BWFGB Hamburg Ulrike Kloiber Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen Freie und Hansestadt Hamburg 15.12.2021
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Uwe Rempe
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Das Gebot der Stunde: Digitale Angebote entwickeln, die von den Bedürfnissen und Möglichkeiten derer ausgehend gedacht werden, für die diese Angebote dienen. Das hat Ulrike Kloiber im Sinn, wenn die Hamburger Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen an den Themenkomplex Inklusion und Innovation denkt.







Was bedeutet für Menschen mit einer körperlichen, sozialen oder geistigen Einschränkung gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben?
Unabhängig davon, welche persönliche Behinderung einen einschränkt, bedeutet gleichberechtigte Teilhabe das Einbezogensein in das gesamte Leben dieser Gesellschaft, egal ob Wohnen, Arbeiten, Bildung, Kultur oder Gesundheit. Teilhabe gewährt letztendlich den Zugang zu Lebensbereichen, der Daseinsentfaltung, dem selbstbestimmten Leben und der Chancengerechtigkeit.

Während das Teilhaben auch für alle Menschen mit Behinderungen eine hohe Zustimmung in der Gesellschaft erfährt, ist noch nicht allen bewusst, was Menschen mit Behinderungen in diese Gesellschaft einbringen und wie sie tatsächlich Teil der Gesellschaft sein können, sprich: akzeptiert werden. Genau das aber entscheidet über die Lebenszufriedenheit und -qualität und der erlebten Anerkennung und Wertschätzung, welche auch für Menschen mit Behinderungen entscheidend sind.

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Sind technische Neuerungen der Königsweg in Sachen Teilhabe? Oder können sich technische Lösungen auch als Inklusionshindernis erweisen?
Technische Neuerungen sind nicht ausschließlich der Königsweg, aber ein Gewinn, WENN Barrierefreiheit gleich von Anbeginn einer technischen Idee im Sinne von Teilhabe mitgedacht wird. Und nicht nachträglich hinzugefügt werden muss, denn dann scheitert es plötzlich oft an den Kosten.

Ein Beispiel: eine Bank möchte einen Geldautomaten aufstellen. Sie stellt sich die Frage, was kostet mich das Aufstellen eines Geldautomaten, der für Rollifahrer und Blinde nutzbar ist und was kostet ein Geldautomat ohne diese inklusive Teilhabemöglichkeit? Das ist jedoch schon die falsche Frage. Sie müsste lauten: Was kostet ein Geldautomat, der für alle Menschen nutzbar ist? Kann ich es mir leisten, den hier aufzustellen? Wenn nicht, dann gibt es keinen Geldautomaten an dieser Stelle.

Eine Tür, die sich beim Kaufhaus oder beim Arzt von selbst öffnet, ist kein Inklusionshindernis, ganz im Gegenteil, auch Eltern mit Kinderwagen freuen sich darüber. Ein Antragsformular auf der Homepage, leicht zu finden und in Leichter Sprache, da freut sich jeder drüber, der schon mal versucht hat, seine Lohnsteuerformulare selbst online auszufüllen. Dieselben Formulare sich vom PC vorlesen zu lassen, weil man schwer sehbehindert ist oder gerade die Hände voll mit anderen Sachen hat und Assistenzsysteme für alle, die sie brauchen und haben möchten. Menschen mit Mobilitätseinschränkung können von zuhause aus arbeiten. Echt cool. Technische Lösungen, inklusiv gedacht, machen unsere gesamte Gesellschaft einfach besser und angenehmer, nur soziale Kontakte mit menschlicher Nähe werden technische Neuerungen niemals ersetzen und manche Menschen brauchen gerade davon recht viel. Mit oder ohne Behinderung. Gerade das erleben wir in Pandemiezeiten.

Was kann getan werden, dass es in diesem Bereich mehr Innovationen gibt?
In Deutschland müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die vorschreiben, dass technische Produkte inklusiv nutzbar sein müssen, wenn man sie hier verkaufen möchte. Und nein, liebe Industrie, dies wird nicht der Untergang des Abendlandes sein!

Gleichzeitig ist es aufwendig und zugleich notwendig, eigene Angebote von Staats wegen zu entwickeln, da die Gefahr droht, dass von Wirtschaftsunternehmen lediglich massentaugliche Anwendungen vorangetrieben werden und diese dann unter finanziellen Bedingungen auf den Markt gelangen, die zudem eine gesellschaftliche Spaltung vorantreiben, von der besonders Menschen mit Behinderungen betroffen sind.

Ebenso halte ich es für wichtig, Menschen mit Behinderungen die Chance zu geben, an dieser Entwicklung aktiv selbst mitzuwirken. Und nicht zuletzt könnten Förderprogramme entsprechende Anreize setzen, um entsprechende Innovationen voranzutreiben.

Wie lässt sich das Zusammenspiel von neuer Technik und gesellschaftlicher Akzeptanz in Sachen Inklusion/Teilhabe optimal organisieren?
Ich denke, dass es einen großen Bewusstseinswandel geben muss, der gespeist durch positive Beispiele zeigt, dass es cool ist, in einer technisch hoch investierten Umgebung zu leben – und zwar für alle Menschen. Wir könnten mit Modellregionen anfangen. Wir können mit den Dingen anfangen, die ohnehin allen nützen (siehe die oben angeführten Beispiele). Dann bräuchten wir nicht immer auf andere Länder schauen, die das schon können. Wesentliche Voraussetzung ist eine responsive Digitalisierungspolitik, die darauf abzielt, die Transformation so auszugestalten, dass auch die profitieren, für die der Zugang zu digitalen Angeboten schwieriger ist. Und dazu zählen nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern beispielsweise auch ältere Menschen und Menschen mit weniger guten Bildungsvoraussetzungen. Es gilt digitale Angebote zu entwickeln, die von den Bedürfnissen und Möglichkeiten derer gedacht werden, für die diese Angebote gedacht sind.

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