Über ein sogenanntes „LoRaWAN“-Netz können Sensoren-Daten über große Strecken übertragen werden. Für welche Anwendungen eignet sich die Technologie besonders?
Wir sehen aktuell Bedarf bei Wasser- und anderen Zählern. Das ist bequem. Keiner muss mehr für Ablesetermine zu Hause sein oder in die Häuser. Wir sehen zudem Nachfrage in der Gebäudeautomatisierung, aber auch bei der Überwachung von Anlagen der Öffentlichen Hand und von Versorgern in der Fläche des Landes. Das können Strom-, Gas-, Wasser- oder Telekommunikationsanlagen sein. Oder auch Straßenbeleuchtungen, Parkräume, z.B. zugeparkte Feuerwehrausfahrten, oder bspw. Füllstände von Streugutbehältern oder Pegelstandsmessungen zur Hochwasseralarmierung. Ein weiterer Markt ist die Bestandsführung von beweglichen Gütern wie bspw. Kabeltrommeln. Alles in allem Anwendungen für kleine Datenmengen.
Klar ist, dass der Bedarf sich entwickeln wird. Wenn wir in ein paar Jahren zurückblicken, werden wir vermutlich erstaunt sein, wie wir den kurzfristigen Bedarf überschätzt und die langfristigen Effekte und Anwendungen unterschätzt haben.
Welche Bedeutung hat die Technologie ganz grundsätzlich für das Internet der Dinge?
Wie die Materiallogistik Straßen, Luft- und Wasserwege benötigt, so braucht das Internet der Dinge (IoT) Wege zur Datenübertragung, um den Zustand der „Dinge“ zu erfassen oder sie zu steuern. Es gibt verschiedenste Datenübertragungswege, LoraWAN ist eine funkbasierte Übertragungstechnologie.
Zu LoraWAN gibt es verschiedene Alternativen. Was ist der Vorteil von LoraWAN gegenüber diesen?
Unterschiedliche Technologien haben ihre Berechtigung für unterschiedliche Einsatzfelder, weswegen wir als Netze BW multi-technologiefähig sein wollen. So ist für die schwarzfallfeste Steuerung systemkritischer Infrastruktur – und damit die Energie- und Verkehrswende - unbedingt ein Funknetz auf 450 MHz-Basis erforderlich. Im Bereich Smart Home braucht man für Thermostate keine große Gebäudedurchdringung - da ist man mit WLAN bestens ausgestattet. Für breitbandige Anwendungen wie Sprache oder gar Bewegtbilder ist LoRaWAN einfach nicht gemacht.
Ich sehe für LoRaWAN im Vergleich zu den anderen Technologien fünf Vorteile und einen Nachteil. Der Nachteil ist die erwähnt geringe Bandbreite.
Auf der Habenseite: LoRaWAN ist Ende-zu-Ende verschlüsselbar also datensicher – wir bauen unser Netz so auf, mit Schnittstellen für den Datenexport in verschiedenste marktführende Plattformen wie AWS, MS Azure und Co.
Zweiter Vorteil: LoRaWAN hat eine gute Gebäudedurchdringung und ist günstig. Man kann mit wenigen Standorten viel Fläche abdecken und gut in die Häuser kommen. Die Gateways sind klein und günstig zu montieren. Da wir uns im öffentlichen Funkspektrum bewegen, müssen keine Auktionsgelder refinanziert werden.
Der dritte und ein ganz entscheidender Vorteil: LoRaWAN ist besonders energiesparsam ausgelegt und funktioniert auch gut mit Batterien. Das heisst, man kann Anwendungen in kompakter Bauform ortsfest oder mobil auslegen und kommt für die meisten Anwendungen mit Batterien tatsächlich über viele Jahre zurecht - ohne Stromanschluss oder Verkabelungen, ohne Batteriewechsel jede Woche, ohne sperrige Solarpanelen.
LoRaWAN ist zudem strahlungsarm auf dem Niveau von Garagentoröffnern.
Und zu guter Letzt: Überall wo LoRaWAN draufsteht ist ein Standard der marktführenden Unternehmen drinnen, für den es ein stetig wachsendes Ökosystem an Hardware und Lösungen gibt.
Verschiedene Länder wie die Niederlande, die Schweiz haben flächendeckend ausgebaute LoraWAN-Netze. Wie weit ist Deutschland in dieser Frage?
In den genannten Ländern oder auch Frankreich haben sich große TK-Unternehmen entschieden, flächig LoRa-Netze aufzubauen, bei uns nicht. Immerhin: Das lässt Raum für Andere, weswegen es inzwischen LoRaWAN Angebote verschiedenster engagierter Mitstreiter wie Stadtwerke und in Baden-Württemberg auch von uns gibt. Neben direkt nutzbaren Endanwendungen bieten wir Kommunen, Systemintegratoren und Geschäftskunden auch reine Konnektivität als Basisleistung an, also Datenübertragung, Datensammlung und den Export in die gängigen Plattformen. Damit können unsere Kunden eigene Use Cases entwickeln.
Positiv ist, dass das Interesse an LoRaWAN Lösungen wahrnehmbar steigt. Nach der Phase des Netzaufbaus sollten wir – alle Mitstreiter gemeinsam - in Phase 2 daran gehen, uns miteinander zu vernetzen, um für die Kunden und Systemintegratoren noch sichtbarer und bspw. durch Roaming einfacher nutzbar zu werden. Das könnte bspw. unter dem Dach der LoRa-Alliance geschehen.