77% der deutschen Einzelhändler sehen sich selbst als Nachzügler in Sachen Digitalisierung. Verliert eine ganze Branche den Anschluss?
Untersuchungen wie die der bitkom zum Thema Digitalisierung sind mit einer Reihe methodischer Probleme behaftet und daher mit Vorsicht zu genießen. Es kommt im Übrigen nicht darauf an, ob eine ganze Wirtschaftsstufe den Anschluss verliert. Es kommt vielmehr darauf an, dass jede einzelne Unternehmung für sich prüfen muss, ob sie über die erforderlichen Ressourcen verfügt, die entsprechenden Prozesse beherrscht und die notwendigen Ergebnisse erzielt, um im Wettbewerb bestehen zu können. Das Angebot an Einzelhandelsgeschäften in Deutschland ist nach wie vor groß, es wird – wie schon in der jüngeren Vergangenheit – zu weiteren Marktaustritten kommen. Und wahrscheinlich gehören jene Unternehmungen dazu, die die digitale nicht in der Weise mit der analogen Welt verbinden können, dass sie Kunden halten oder gewinnen.
Im Einzelhandel gibt es immer noch viele kleine Unternehmen, online dominieren wenige Konzerne. Wie kommt der Einzelhändler dauerhaft gegen Amazon und Co an?
Auch hier keine Zahlenspiele, auch hier gilt: Jeder Einzelhändler muss für sich prüfen, ob er sich auf die Veränderungen im Markt einstellen will und kann. Gerade kleine Unternehmungen werden etliche Schritte nicht allein bewältigen können, gerade im Konkurrenzkampf mit den großen. Daher sollten sie überlegen, ob sie Kooperationen eingehen und sich Unterstützung von Dritten einholen wollen. Die Technik sollte jedem zugänglich sein, die Finanzen, das Personal und vor allem das Know-how sind der Engpass.
Viele Verbraucher können sich vorstellen, automatisiert Alltagsartikel in zu bestellen. Vor welche Herausforderung stellen das Internet der Dinge und das Smart Home den Einzelhandel?
Die automatisierte Bestellung ist nicht das Problem, das Problem ist die Anlieferung, das Problem ist der Zugang zum Kühlschrank, wenn es um frische und gekühlte Lebensmittel geht. Es gab in den letzten Jahren verschiedene Ansätze, um die Übergabe von online bestellten Produkten zu organisieren: Abholstationen im öffentlichen Raum, der Kofferraum von Pkws, Paketstationen im Vorgarten. Der Zugang zum Privatbereich ist der sensibelste und der widerstandsstärkste. Aber es gibt bereits Kunden, die sich dieser Lösung öffnen. Die noch unbeantwortete Frage ist, wie viele es sein werden. Das wird sich mit der Zeit zeigen, wie so vieles.
Andererseits kaufen 4 Prozent der Internetnutzer täglich online, 14 Prozent einmal oder mehrmals pro Woche - wird der Onlinehandel überschätzt?
Schon vergessen, wie groß der Anteil des klassischen Versandhandels am gesamten Einzelhandelsumsatz in den 1970er und 1980er Jahren war, also vor dem Internetzeitalter? Wieso sollte der Onlinehandel also überschätzt werden? Wir können beobachten, dass viele Online-Händler Beratungsleistungen auf unterschiedliche Art und Weise anbieten, dass sie Leistungen individualisieren und personalisieren und dass sie Einkaufserlebnisse vermitteln. Auf der anderen Seite können wir sehen, dass stationäre Händler das breite Spektrum nutzen, um ihren Kunden digitale Dienstleistungen zu bieten. Interessenten sei diese Seite empfohlen: https://www.marketing.wiwi.uni-due.de/essener-publikationslinien/essener-auftakt/
Die Welt bewegt sich, und so lange sie das tut, ist es gut. Bei Veränderungen wird es immer Gewinner und Verlierer geben.