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Erste Veranstalter haben Verträge mit Sendernetzbetreibern gekündigt

Wie Hessens Private in der Pandemie unterstützt werden können

Joachim Becker, Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen) Quelle: LPR Hessen Joachim Becker Direktor LPR Hessen 23.04.2020
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Joachim Becker, Direktor der LPR Hessen weiß um die großen wirtschaftliche Herausforderungen für die Privatrundfunk-Anbieter in der Corona-Krise. Daher "werden durch die Verbände und die Landesmedienanstalten auf Länderebene die wirtschaftlichen Folgen möglichst genau ermittelt". Im Fokus steht die Sicherung bestehender terrestrischer Übertragungssysteme.







Die Privatradios beklagen dramatische Umsatzeinbußen durch die Corona-Krise. Welche Instrumente gibt es, um die privaten Rundfunkunternehmen in Ihrer Region zu unterstützen?
Erfeulich ist, dass die Nutzung von Radio- und TV insgesamt in den letzten Wochen erheblich gestiegen ist. Das zeigt, dass Rundfunkanbieter zu Recht als systemrelevant eingestuft werden. Trotz dieser faktischen Reichweitengewinne brechen derzeit die Werbeerlöse ein. Das stellt in Hessen insbesondere private Hörfunk- und regionale Fernsehanbieter vor große wirtschaftliche Herausforderungen. Derzeit werden durch die Verbände und die Landesmedienanstalten auf Länderebene die wirtschaftlichen Folgen möglichst genau ermittelt. In Hessen konzentrieren wir uns insoweit auf die Sicherung bestehender terrestrischer Übertragungssysteme, die nach § 40 RStV und § 57 des Hessischen Privatrundfunkgesetzes (HPRG) gezielt gefördert werden können (s. dazu unten Frage 3).

Neben den arbeitsmarktpolitischen Soforthilfe- und Liquiditätsfonds, die Bund und Länder aufgelegt haben, werfen darüber hinaus gehende gezielte staatliche Programmförderungen erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf. Spezielle Medienstützungsprogramme gibt es in Hessen daher nicht.

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Zur Bewältigung der Krise wird u.a. eine Beteiligung am Rundfunkbeitrag angeregt. Was halten Sie davon?
Die Bewältigung der Krise erfordert jetzt schnelles Handeln zur schnellen Hilfe. Eine Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags scheint vor diesem Hintergrund kurzfristig nicht zielführend.

Als eine Möglichkeit wird ebenfalls die vorübergehende Entlastung von den Programmzuführungs- und Verbreitungskosten ins Feld geführt - sehen Sie darin eine Möglichkeit, den privaten Rundfunk zu unterstützen, oder wird damit das Problem lediglich auf die Netzbetreiber abgewälzt?
Die Landesmedienanstalten – so auch die LPR Hessen - führen intensive Gespräche mit den Veranstaltern, Verbänden, Sendernetzbetreibern und Verantwortlichen der Regierungen auf Länder- und Bundesebene. Gemeinsam suchen alle Beteiligten derzeit nach Möglichkeiten, auf der Kostenseite für Entspannung zu sorgen.

In Hessen konzentrieren wir uns dabei auf die Verbreitungskosten (Sender und Leitungen) und hier insbesondere auf die vorfindliche regionale DAB+-Struktur. Obwohl DAB+ in den letzten Monaten einen erheblichen Reichweitenzuwachs zu verzeichnen hatte – auch weil die Automobilindustrie ihre Neuwagen zunehmend mit dieser Technologie ausstattet – ist die Refinanzierung durch die Programmveranstalter noch längst nicht gesichert. Im Gegenteil: Erste Veranstalter haben bereits Verträge mit Sendernetzbetreibern, die noch gut fünf Jahre Laufzeit aufweisen, außerordentlich gekündigt. Andere wenden sich inständig an die LPR Hessen und insbesondere an die Sendernetzbetreiber mit der Bitte um Reduzierung bzw. Stundung der fälligen Nutzungsentgelte. Die beiden hessischen DAB+-Multiplexe Südhessen/Rhein-Main und Nordhessen sind zwischenzeitlich vollständig mit Programmen belegt. Allein im Rhein-Main-Gebiet sind aktuell (unter Berücksichtigung einstrahlender Programme anderer Bundesländer) rund 70 Programmangebote zu empfangen, darunter die Programme des Hessischen Rundfunks sowie nahezu alle von der LPR Hessen lizensierten bundesweiten, landesweiten und lokalen privaten Radioprogramme. Um diesen Verbreitungsweg ohne größeren Schaden über die aktuelle Pandemie-Krise zu bringen, bedarf es daher einer kurzfristigen Unterstützung über die übliche Infrastrukturförderung hinausgehend. Dazu werden aktuell die notwendigen administrativen Entscheidungen getroffen.

Inzwischen gibt es auch Stimmen, die europäische Hilfen für die Privatrundfunkanbieter wegen ihrer Systemrelevanz fordern. Wie beurteilen Sie diese Forderungen?
Grundsätzlich gilt: Rundfunk ist eine Sache der Mitgliedstaaten. Insofern ist es eine große Hilfe und ein klares Signal, dass die EU-Kommission der Bundesregierung die Bereitstellung von Kleinbeihilfen während der Krise genehmigt hat. Die Fördermaßnahmen in einem Umfang von bis zu 800.000 Euro pro Unternehmen werden danach auch nicht auf bestehende Beihilfen (de-minimis-Regelung) angerechnet, sondern dürfen kumuliert werden.

Darüber hinaus sind die Medienanstalten über den Vorsitz der European Regulators Group for Audiovisual Media Services (ERGA) in die Diskussionen auf europäischer Ebene einbezogen. Die ERGA hat kürzlich die EU-Kommission über die Situation in den Mitgliedstaaten informiert und gebeten, ihrerseits Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen von COVID-19 auf den Mediensektor und den europäischen Binnenmarkt in Betracht zu ziehen.

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