Medizinische Eingriffe werden immer häufiger mit Roboter-Systemen unterstützt. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie darin?
Standardisierbare OP-Bestandteile können grundsätzlich durch solche Robotersysteme unterstützt, mitunter übernommen werden. Das gilt bisher aber für wenige Operationen. Auch können solche Systeme Assistenzfunktionen übernehmen. Sie sind aber immer nur so gut, wie das Programm und Technik erlauben. Vergleiche zu erfahrenen Operateuren sind oft interessengeleitet. Es entstehen hohe Kosten für Anschaffung und Wartung von Technik und Software. Die technische Betreuung betrifft bspw. auch die Sterilisation, wofür wiederum Fachpersonal erforderlich ist. Fragen der Haftung sind zu klären, etwa bei technischen Ausfällen oder bei patientenseitigen Komplikationen. Bei Vernetzung entstehen systemische Risiken bspw. durch Fehlfunktionen durch Hacking. Auch Datenschutzfragen sind kritisch zu bewerten.
Inzwischen gab es Versuche mit Fernoperationen, bei denen lediglich der OP-Roboter nicht aber der Arzt im OP-Saal war. Wie bewerten Sie das?
Das halte ich für inakzeptabel. Für Fälle von Fehlfunktionen, bei Stromausfall und bei Sondersituationen ist ein Arzt erforderlich. Ein Patient ist als Mensch viel komplizierter als etwa ein Flugzeug. Zusätzliche Risiken von Fehlern oder auch Datenschutzrisiken entstehen hier durch Telemonitoring und Telesteuerung. Der Patient muss ja nicht nur operiert, sondern vor allem auch überwacht werden. Außerdem geht es um das Vertrauen des Patienten als psychosoziales Element der Heilung. Eine Mensch ist keine Maschine, das darf nie außer acht gelassen werden.
Welche rechtlichen Regeln müssten ggf. geändert werden, damit Fern-OPs z. B. auch über Ländergrenzen hinweg möglich werden?
Das ist weder mit dem Patientenrechtegesetz nach dem BGB noch mit den ärztlichen Berufsordnungen vereinbar, die den in Deutschland nachzuweisenden Facharztstandard als Voraussetzung haben. Und die persönliche Aufklärung mit intensiven Obliegenheiten für den Operateur, was nachzuweisen ist. Haftungsfragen sind völlig ungeklärt. Daneben gibt es das Medizinprodukte- und Betreibergesetz mit strengen Vorgaben. Welches Regierungspräsidium oder Gesundheitsamt will oder kann das im Ausland kontrollieren?
Welche Rechte sollte der Patient bezüglich der Roboter-Chirurgie haben?
Der Patient hat in allen Fragen das Selbstbestimmungsrecht über das, was mit ihm geschieht oder auch nicht. Die gesetzlichen und ärztlichen Normen dienen dabei aber dem Schutz des Patienten. Deshalb gibt es sinnvolle Einschränkungen. Wenn man sich anschaut, was heute beim Gesundheitsmonitoring, z. B. bei Wearables ohne Qualitätsprüfung oder ohne Datenschutz alles läuft, und man ließe dies bedenkenslos für die Roboter-Chirurgie zu, dann entstünden massive Risiken. Die Debatte um selbstfahrende Auto mit höchsten Anforderungen gibt nur einen Anhalt zur Komplexität dieser Fragestellung.
Welche Gefahren gehen von Cyber-Angriffen für computerassistierte Chirurgie aus – und wie sollte der Patient ggf. davor geschützt werden?
Ich bin überzeugt, dass vernetzte Systeme nie ganz zu schützen sind. Wannacry war vermutlich erst der Anfang. Wenn Bundestag, Telekom-Router, Daten von Großbanken mit Milliardenetas für IT-Sicherheit schon nicht hundertprozentig geschützt werden können, frage ich mich, wie das bei der Vernetzung von Prozessen im Gesundheitswesen gehen soll – auch bei der Telechirurgie. Die Fälle von Gesundheitsdatendiebstahl etwa in den USA sind inzwischen Legion.