Neue Zielgruppen, individuellere Lehre, schlankere Verwaltung – wo stehen die Hochschulen in Ihrem Bundesland in Sachen Digitalisierung?
Wir spielen vorne mit. Dafür steht beispielsweise unsere im vergangenen Jahr veröffentlichte Open-Access-Strategie. Wir waren damals erst das sechste Bundesland mit einer Strategie für eine transparentere Wissenschaft. Ich bin der Meinung: Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen im Internet frei nutzbar sein. Aus diesem Grund unterstützen wir auch einen globalen Zugang zu digitalen Forschungsergebnissen und Publikationen. Außerdem fördern wir ein innovatives Datenmanagement-Projekt. Mir ist wichtig, dass Forschungsdaten hochschulübergreifend gesichert, verarbeitet und präsentiert werden können – dafür arbeiten wir intensiv an einer Forschungsdatenstrategie für unser Land. Unlängst haben wir zudem das Zentrum der Brandenburgischen Hochschulen für Digitale Transformation gegründet. Es ermöglicht den Hochschulen unabhängig von Typ und Größe eine stärkere digitale Vernetzung.
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Die Digitalisierung kann den Hochschulbetrieb effizienter machen – zunächst braucht es aber Investitionen. Wie unterstützen Sie die Hochschulen in Ihrem Bundesland dabei?
Der Digitalisierungsprozess ist ein wichtiger Bestandteil der Hochschulverträge, die die Hochschulen mit dem Land geschlossen haben. Und im schon erwähnten Digital-Zentrum fördern wir gemeinsame strategische Projekte der Hochschulen zusätzlich mit bis zu einer Million Euro pro Jahr.
In der jetzigen Lage sind die brandenburgischen Hochschulen sehr gefordert. Da Präsenzlehre derzeit gar nicht oder nur sehr begrenzt stattfinden kann, müssen die Hochschulen die Lehre im Sommersemester 2020 mit digitalen Lehr- und Lernszenarien durchführen. Wir wollen, dass Studierende so viele Studien- und Prüfungsleistungen wie nur möglich erbringen können. Um das möglich zu machen und die Hochschulen bei der Umstellung von Präsenz- auf Online-Lehre zu unterstützen, haben wir gerade erst das Sofortprogramm für digitale Hochschullehre gestartet. Dafür stellen wir vier Millionen Euro bereit. Mit den Mitteln können die Hochschulen ihre Hardware aufstocken, Softwarelizenzen erwerben und E-Learning-Supportstrukturen ausbauen. Das ist dringend benötigtes und gut angelegtes Geld.
Das digitale Lernen braucht technisch gut ausgerüstete Studierende. Wie lässt sich dabei eine Verstärkung der sozialen Spaltung verhindern?
Derzeit sind Computerpools und Bibliotheken nur eingeschränkt nutzbar. Davon betroffen sind vor allem sozial benachteiligte Studierende, die besonders darauf angewiesen sind. Um aber allen Studierenden Lernen und Kommunikation auf Distanz zu ermöglichen, braucht es in einem ersten Schritt die soziale Absicherung. Wer seine Miete nicht zahlen kann, weil typische Jobs für Studierende nicht mehr angeboten werden, der braucht Unterstützung.
Auch wenn es sehr lange gedauert hat – es ist gut, dass das Bundesbildungsministerium endlich ein Nothilfe-Programm für Studierende aufgelegt hat. Darauf habe ich, gemeinsam mit anderen Ländern und Studierendenvertretungen, in den vergangenen Wochen mit wachsender Ungeduld gedrängt. Für mich war von Anfang an klar: Auch wenn die Zuständigkeit für die Studierendenhilfe ausschließlich beim Bund liegt, darf der Bund-Länder-Streit nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden. Deshalb hatten wir ein sehr großzügiges Landesprogramm in Höhe von 25 Millionen Euro aufgelegt – aber damit es kein Verwaltungschaos wegen unterschiedlicher Förderprogramme gibt, haben wir unser Landesprogramm derzeit auf Eis gelegt.
Klar ist: Die derzeitige Situation zeigt deutlich, welche unterschiedlichen Herausforderungen alle Beteiligten bei der Umstellung auf digitale Lehr- und Lernszenarien bewältigen müssen. Lehrende müssen ihre Lehrkonzepte überarbeiten – Studierende finanzielle und technische Probleme meistern. Ich bin deshalb besonders gespannt auf unsere neue Kooperation mit der Fachhochschule Potsdam. Gemeinsam veranstalten wir Anfang Mai einen landesweiten Hochschul-Hackathon zu den Herausforderungen der digitalen Lehre, in dem wir innovative Lösungen für die unterschiedlichen Herausforderungen suchen. Ich erwarte mir davon spannende neue Ansätze zur Bewältigung der digitalen Lehre.
Bei der Digitalisierung setzen die Hochschulen häufig auf Kooperationen, zugleich sollen sie aber ihr Profil im Wettbewerb stärken. Wie lässt sich der Widerspruch von Kooperation und Konkurrenz auflösen?
Ganz einfach: Mit der Digitalisierung. Gerade die digitale Transformation macht es möglich, den Widerspruch von Kooperation und Konkurrenz aufzulösen. Das geschieht auf unterschiedlichen Ebenen: Zum einen zwischen den Hochschulen, zum anderen aber auch zwischen den Lehrenden. Die Herausforderungen der Digitalisierung sind mittlerweile so komplex und vielfältig geworden, dass in Zukunft einzelne Hochschulen Gefahr laufen, diese allein nicht mehr bewältigen zu können. Deshalb haben wir auch das bereits angesprochene Digital-Zentrum gegründet. Es schafft eine gemeinsame Arbeitsstruktur, die den brandenburgischen Hochschulen eine Verbesserung ihrer IT-Dienste ermöglicht. Es bringt das Knowhow der Hochschulen zusammen und bietet so die Möglichkeit, gemeinsam an innovativen Konzepten zu arbeiten. Davon profitieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulen ebenso wie Studierende und Studieninteressierte.
Doch damit nicht genug. Auch auf der Ebene der Lehrenden fördert mein Ministerium kooperatives Handeln: Mit dem Projekt BrandenbOERg wollen wir sogenannte Open Educational Ressources an den brandenburgischen Hochschulen einführen. Denn wir brauchen mehr lizenz- und medienbruchfreie Materialien in der digitalen Lehre. Warum? Es stärkt den Hochschul- und Wissenschaftsraum Brandenburg und macht unsere exzellente brandenburgische Lehre auch über die Landesgrenzen hinaus weiter sichtbar. Und ressourcenschonend ist es auch.